Meinung: Stage Manager in macOS Ventura – überflüssig und fehlerhaft
Eines der am häufig geäußerten Kritikpunkte am iPad ist die fehlende (oder zumindest unflexible) Möglichkeit, effizient mit mehreren Apps zur gleichen Zeit zu arbeiten. Zwar lassen sich zwei Apps gleichzeitig im Split-Modus betreiben – doch die Konfiguration ist mühevoll und schwer verständlich. Mit iPadOS 16 will Apple dies ändern und führt Stage Manager ein: Hier lassen sich (zumindest vier) Apps in Fenstern starten und diese, ähnlich wie auf einem konventionellen Desktop, frei platzieren.
Apple wertet hierdurch das iPad deutlich auf – allerdings kommen nur einige Modelle in den Genuss von Stage Manager: Besitzt man ein iPad ohne M-Chip (einmal vom iPad Pro 2018 und 2022 mit A12X bzw. A12Z abgesehen), kann man Stage Manager nicht nutzen.
Bedarf es wirklich noch einer weiteren Fensterverwaltungsfunktion auf dem Mac?Da Apple die drei großen Software-Platformen macOS, iOS und iPadOS immer dichter zusammenrückt, führt der Konzern auch auf dem Mac "Stage Manager" ein. Anders als auf dem iPad reiht sich die Funktion aber in einer Fülle von bestehenden Möglichkeiten ein, wie Fenster auf dem Mac verwaltet werden.
Schon immer lassen sich auf dem Mac Fenster und Apps völlig frei positionieren – und mit der mit Mac OS X 10.3 eingeführten Funktion "Exposé" lassen sich alle Fenster gleichzeitig betrachten, wenn man einmal den Überblick verloren hat. Außerdem ist auf dem Mac über das Dock mit einem kleinen Punkt unter einer App gekennzeichnet, wenn die App offen ist. Benötigt man ein Fenster aktuell nicht, hatte man schon seit der ersten Version von Mac OS X die Möglichkeit, das Fenster im Dock abzulegen und bei Bedarf wieder zu öffnen. Zusätzlich steht auf dem Mac "Spaces" bzw. Mission Control seit Mac OS X Leopard bereit: Hier kann der Nutzer virtuelle Desktops anlegen und zwischen diesen hin- und herschalten, um nicht den Überblick zu verlieren. Auch ist es auf dem Mac möglich, eine App und alle vorhandenen Fenster einfach auszublenden, ohne die App zu beenden.
Alle diese Funktionalitäten stehen auch im heute Abend erscheinenden macOS Ventura bereit – doch zusätzlich gibt es nun auch noch Stage Manager, welches mit vielen dieser Funktionalitäten überlappt. Mittels Stage Manager lassen sich einzelne Apps oder eine Gruppe von Apps definieren – und nur diese wird auf dem Schreibtisch angezeigt. Alle sonstigen Fenster oder App-Gruppen zeigt Stage Manager am linken Rand des Bildschirms an. Wählt man dort ein anderes Fenster, verschwinden die Aktuellen und das angeklickte Fenster zeigt sich auf dem Desktop.
Maximale VerwirrungStage Manager konzipierte Apple vorrangig für das iPad – und da es hier zuvor nicht möglich war, parallel laufende Apps zu verwalten, wertet Apple die Plattform auf. Doch Apples Entscheidung, Stage Manager parallel zu den bereits vorhandenen Fenster-Management-Funktionen auf dem Mac ohne größere Anpassungen einzuführen, könnte für einige Verwirrung bei der Nutzerschaft führen. Die verschiedenen Funktionen, Fenster auf dem Mac zu verwalten, sind mittlerweile so mannigfaltig, dass neue Nutzer nicht mehr erkennen können, wie die Features eigentlich gedacht sind. Mittels Spaces lassen sich auf virtuellen Desktops Apps gruppieren – aber auch in Stage Manager. Einzelne Fenster lassen sich im Dock mittels des gelben Knopfes ablegen – aber auch in Stage Manager. Exposé ignoriert Stage Manager und zeigt alle verfügbaren Fenster an – nicht nur die in der aktuellen Stage-Manager-Gruppe.
Merkwürdig schlechte Umsetzung und einige BugsApple gibt sich normalerweise bei der Umsetzung neuer Features viel Mühe, dass diese optisch gut aussehen. Doch bei Stage Manager war bereits bei der ersten Vorabversion die Qualität der Darstellung minimierter Fenster mehr als schlecht. Selbst auf Retina-Bildschirmen sehen aufgrund von mangelhaftem Anti-Aliasing minimierte Fenster an den Kanten stark verpixelt aus – der Inhalt des kleinen Fensters ist hingegen verschwommen:
Fehler bezüglich Stage Manager gibt es auch in der letzten Release-Candidate-Version noch viele: Nutzt man die Systemeinstellungs-App mit Stage Manager, erscheint diese beim Aktivieren oftmals am linken unteren oder oberen Bildschirmrand – obwohl sich die App zuvor in der Mitte des Bildschirms befand. Mail.app harmoniert auch nicht sonderlich gut mit Stage Manager: Blendet man Mail aus, so bleibt oftmals ein leerer Platz in Stage Manager mit dem Mail.app-Icon bestehen, ohne dass dort ein Fenster sichtbar ist. Ab und an bleibt Stage Manager auch in dem Modus stecken, in welchem man vorhandene Fenster in eine App-Gruppe zusammenlegt.
ÜberflüssigAufgrund der Plattform-Strategie ist es für Apple sinnvoll, dass sich alle Betriebssysteme des Konzerns ähnlich bedienen lassen. Grundsätzlich ist es also sinnvoll, dass sich die Fensterverwaltung von iPadOS und macOS ähneln. Doch Apple hätte Stage Manager viel besser mit den bereits bestehenden Möglichkeiten auf macOS kombinieren – oder die Fensterverwaltung auf macOS komplett überarbeiten können. In macOS Ventura fühlt sich Stage Manager wie eine unbedacht "draufgeklebte" Funktion an – welche zudem noch diverse Fehler und Darstellungsprobleme mitbringt.