Meinung: Was wird aus dem iPad?
Im Jahr 2010 war die Welt noch eine andere: Die Smartphone-Revolution hatte gerade begonnen und die damaligen Geräte verfügten über nach heutigen Standards winziges 3,5"-Displays. Laptops waren unhandlicher als heute und besonders im Vergleich mit dem gerade vorgestellten MacBook Air und MacBook Pro mit Apple M1-Chip hielt der Akku nicht sonderlich lange durch. Apple sah Raum im Portfolio für eine weitere Gerätegattung: Das iPad. Im Grunde handelte es sich beim iPad um ein iPhone mit größerem Bildschirm – die Software war (zumindest 2010) nahezu identisch. Zur damaligen Zeit sprach Steve Jobs oft von der Post-PC-Ära – Tablets sollten klassische Laptops und Desktops verdrängen.
Der Markt der Tablet-PCs wuchs in den Folgejahren rasant – aber eine gewisse Sättigung setzte schnell ein. Zwar gehört das iPad für Apple nach wie vor zu einem sehr wichtigen Umsatzbringer – doch das normale Laptop löste das Tablet in den meisten Fällen nicht ab. Der klassische Desktop- und Notebook-Markt existiert weiterhin neben dem Markt für Tablets, auf dem Apple mit einem Marktanteil zwischen 30 und 50 Prozent (je nach Statistik, Apple veröffentlicht keine direkten Verkaufszahlen mehr) der erfolgreichste Anbieter ist. Einige andere Hersteller, welche während der Boom-Phase der Tablets auf den Zug aufsprangen, behandeln das eigene Angebot entweder stiefmütterlich oder haben den Markt wieder verlassen – somit kontrolliert Apple den größten Teil dieses Marktes.
Die Pro-SchieneApple positioniert das iPad und besonders das iPad Pro als Gerät für "Content Creators" – in vielen Werbespots zeigt Apple Künstler, Fotografen, Autoren und andere Kreative bei der Arbeit am iPad. Apple erkannte auch Ende 2019, dass das iPad hauptsächlich durch die Software beschränkt ist und koppelte mit iPadOS die Systemsoftware vom Handy-Betriebssystem iOS ab.
Dabei ist nicht zu vernachlässigen, dass das iPad einige Vorteile im Vergleich zum normalen Laptop mitbringt: Die Akku-Laufzeit ist dank der A-Chips in der Regel um ein Vielfaches länger als bei Notebooks und die Geräte sind trotzdem dünn, leicht und handlich. Ferner ist iPadOS für unerfahrene Nutzer meist einfacher zu bedienen als ein "vollständiges" Betriebssystem samt Fenstern und einer Dateiverwaltung. Zusätzlich bietet das iPad Bedienmöglichkeiten über einen Touch-Screen und mittels Apple Pencil. Auch (noch) nicht beim Mac verfügbar: Eine direkte Mobilfunkanbindung via Sim-Karte.
Von zwei Seiten DruckDoch wie schon zuvor geschrieben war die Welt vor zehn Jahren eine andere – heute bekommt das iPad gleich von zwei Gerätegattungen Konkurrenz. Die Smartphone-Displays wurden stetig größer und eigenen sich nun auch für einige produktive Tätigkeiten, welche bei einem 3,5"-Display noch nicht möglich waren. Ferner sind Smartphones heute auch deutlich leistungsfähiger. Auf der anderen Seite lauern leichte, dünne Laptops, welche ein vollständiges Betriebssystem mitbringen und oftmals ähnlich portabel sind wie ein iPad.
Konkurrenz aus den eigenen ReihenBis vor ein paar Tagen reichte die Akkulaufzeit von so genannten Ultrabooks noch nicht an die der iPads heran: Die A-Chips der iPads waren einfach zu effizient. Auf dem "One More Thing"-Event stellte Apple das neue MacBook Air mit M1-Prozessor vor – und ermöglicht nun ähnlich lange Akkulaufzeiten und eine höhere Performance als die A-Chips der iPads.
Das liebe GeldEin normales iPad ohne Namenszusatz gibt es ab 369 Euro – allerdings mit knapp bemessenen 32 GB Speicher. Soll es ein iPad Pro sein, beginnen die Preise beim iPad Pro 11" bei 856 Euro mit 128 GB Speicher bzw. bei 1.071 Euro für das iPad Pro 12,9" mit 128 GB. Ein MacBook Air in der Grundkonfiguration mit 256 GB SSD bekommt man bei Apple für 1.100 Euro.
Mit dem günstigsten iPad kann das MacBook Air natürlich preislich nicht mithalten – doch beim iPad Air der 4. Generation oder bei einem iPad Pro rückt das MacBook Air preislich gesehen in Reichweite. Durch die Umstellung auf eigene Prozessoren nimmt Apple dem iPad einige Alleinstellungsmerkmale: Auch das MacBook Air hält einen ganzen Arbeitstag ohne Netzteil durch und kann nun iPhone- oder iPad-Apps neben vollwertigen macOS-Programmen ausführen.
Die Zukunft?In einigen Jahren wird sich zeigen, ob und wie weit die deutliche Aufwertung der mobilen Einsteiger-Macs die iPad-Linie weiter kannibalisiert. Auf jeden Fall ist es interessant, dass sich Apple offenbar vor Konkurrenz aus dem eigenen Hause nicht scheut und die neuen M1-Macs trotz deutlich aufgewerteter Leistungswerte nicht über den Preis von den iPads abgrenzt. Kunden, welche zwischen einem mobilen Mac und einem iPad Pro schwanken, dürfte die Entscheidung nun noch schwerer fallen.
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