Eine Komplettüberarbeitung des Mac Pro (»Rethink«) haben uns Phil Schiller und Craig Federighi gestern versprochen. Dabei fiel erstaunlich oft das Wort »modular«, worunter man Austausch- und Erweiterbarkeit der Komponenten nach dem Bausteinprinzip versteht. Doch handelt es sich genau um die Form von »Bastelei«, die viele Nutzer tatsächlich erhoffen? Um zu erörtern, was Apple unter diesem Begriff verstehen könnte, muss man zunächst verstehen, warum der aktuelle Mac Pro als Sackgasse gilt.
Probleme des »Schirmständers«Als Apple 2013 den neuen - und bis heute aktuellen - Mac Pro vorstellte, war es das Ergebnis eines kompletten Neudesigns. Das runde, schwarz glänzende Produkt im Gewand eines Regenschirmständers war ohne Vorbild und es erfüllte Apples Vorgabe nach einem »coolen« Äußeren. Doch von Anfang gab es auch Kritik, just aus den Reihen der Zielgruppe, den Pro-Nutzern.
Im Wesentlichen gefiel ihnen nicht, dass es kaum Möglichkeiten gab, die Einzelelemente des Computers aufzurüsten. Zwar kann man Festplatte und Grafikkarten ersetzen, aber nicht mit den handelsüblichen SSDs und Grafikeinheiten. Alle internen Anschlüsse mit Ausnahme der RAM-Steckplätze sind proprietär, was das Angebot an Aufrüstkomponenten nicht nur sehr, sehr viel dünner machte, sondern auch ungleich viel teurer. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, auf bestimmte »Pro«-Eigenschaften zu verzichten: So muss etwa auch ein Nutzer, der nur den besten Prozessor braucht, aber keine besonderen Grafikanforderungen hat, notwendigerweise zwei teure Grafikkarten mitkaufen. Bei den sogenannten Professionellen wuchs der Wunsch nach freier Erweiterbarkeit ohne die vielen Hürden.
Rückkehr zum Tower? Eher nichtWas läge da näher, als das Schirmständer-Konzept als gescheitert zu betrachten und zum etablierten Tower-Konzept zurückzukehren, wie es bei den verbreiteten Bastel-PCs bis heute üblich ist? Wer das erhofft, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach enttäuscht sehen. Eine Rückkehr zum Mac Pro, wie er bis 2012 üblich war, wäre allein schon Marketing-technisch eine Katastrophe, ein Schritt zurück auf einem Fortschrittsmarkt.
Außerdem kann man bereits an einem Detail der gestrigen Ankündigung erkennen, dass dies wohl nicht der Weg ist. Denn Schiller legte Wert auf die Feststellung, dass ein großartiges, modulares Konzept einiges an Entwicklungszeit nötig mache und deswegen nicht mit einem baldigen Marktstart zu rechnen sei. Wäre das Ziel tatsächlich wieder ein Tower, gäbe es keinen Grund für eine derart lange Entwicklung, denn die Erfahrung und Expertise ist schon da.
Grundgedanke hinter »modular«Das führt zu der Frage, nach welchen Kriterien das neue Pro-Gerät gestaltet werden soll. Was heißt es, modular zu sein. Theoretisch ist alles modular, was in irgendeiner Weise intern austauschbar oder auch über Schnittstellen nur mit externen Geräten erweiterbar ist. Doch so einfach wird Apple es sich bestimmt nicht machen. Die gesamte Veranstaltung gestern diente dem Zweck, aufgebrachte Fans des »alten Apple« zu beruhigen; deswegen kann man sich schon Hoffnung darauf machen, dass Apple an genau der Stellschraube dreht, welche diese Fans besonders aufbrachte.
Und die wäre? -
Standardschnittstellen. Es passt eigentlich gar nicht in Apples Konzept, offene Systeme anzubieten. Selbst entwickelt, proprietär und geschlossen hieß stets die Devise. Im Consumer-Bereich wird daran auch nicht zu rütteln sein, aber der ungewöhnliche Schritt von gestern eröffnet die Perspektive, dass Apple beim Mac Pro über seinen Schatten springt. Keine Festplatten-Slots, der nur besondere SSD-Riegel akzeptiert; genug Platz für übliche Festplattengrößen; PCIe-Steckplätze; ein Lüftungssystem, welches bei der Wahl der Grafikkarte größtmögliche Freiheit einräumt. Der Mac Pro soll nicht Apples Umsatzmotor werden und auch keine flächendeckende Verbreitung finden, sein Zweck ist ein anderer: das High-End-Image des Konzerns polieren.
Mac Pro 2013: fast alles proprietär (Bildquelle: ExtremeTech) 2 mögliche RealisierungenEs gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie der neue Mac Pro ganz konkret aussehen könnte. Der von früher bekannte Tower ist dabei ebenso wenig wahrscheinlich wie einfach ein größerer Schirmständer mit Standardschnittstellen (denn immerhin hat Apple dem aktuellen Mac-Pro-Konzept öffentlich eine Absage erteilt). Wir stellen zwei Möglichkeiten vor, wie Apple das Ziel erreichen könnte, die aber beide auch noch gewisse Probleme aufweisen.
iMac Pro: Dem aktuellen Trend zur Zweiteilung der Produkte entsprechend (iPad - iPad Pro, MacBook - MacBook Pro) wäre eine Kopplung der Desktop-Macs in iMac und iMac Pro denkbar. Dabei stellt der beim iMac zur Grundausstattung gehörende Bildschirm das von Schiller angedeutete »Pro Display« dar. Statt auf ein dünnes Gehäuse, könnte Apple im »Hinterbau« die erweiterbaren Komponenten verstauen, ähnlich wie es etwa beim
Z1 von HP der Fall ist. Wer statt des Pro Displays lieber seine eigenen externen Bildschirme verwenden möchte, könnte den Hinterbau auch ohne Pro Display erwerben, was dem klassischen Tower schon recht nahe käme. Das Problem hierbei wäre allerdings die geringe Vorzeigbarkeit (»Wow-Faktor«) des teuersten Mac, der auch ein gewisses Prestige zum Ausdruck bringen muss.
Würfelkonzept: Modular bedeutet streng genommen »Bausteinprinzip«. Warum also nicht echte, tatsächliche Bausteine, etwa in Würfelform? Der Hauptwürfel, als eigentlicher Mac Pro, beinhaltet dabei nur die Grundausstattung wie CPU, einen einfachen Grafikchip, Festplatte und RAM. Alle Zusatzkomponenten könnte der Nutzer in weiteren Zusatz-Würfeln hinzukaufen (ähnlich wie beim
Acer Revo Build), wobei diese jeweils über Standardschnittstellen für Festplatten, PCIe, Grafikkarten, usw. verfügen. Das physische Andocken der Zusatz-Würfel an den Mac Pro wäre das modulare System. Hierbei müsste Apple allerdings den Kompromiss eingehen, dass zwar innerhalb der Würfel Standardschnittstellen zum Einsatz kommen, die Andockvorrichtung selbst aber wieder proprietär wäre; es wäre also eine Art von Adapter-Konzept, für Apple jetzt auch nicht ganz untypisch.