Der letzte Teil im Spieletest
Mit zitternden Händen zerreiße ich das Cellophan, das mich von der Hülle und der darin enthaltenen DVD trennt. Lange ist es nicht her, dass ich hier über Myst IV: Revelation schrieb. Vergleicht man die Zeit, die benötigt wurde um den Nachfolger des "Ur-Mysts" (Erschienen 1993) - Riven - auf den Markt zu bringen (Riven erschien 1999), so ist der Sprung von Myst IV (2004) auf Myst V in weniger als einem Augenblick geschehen. Die, durch diese Tatsache auftretenden Zweifel, verdränge schnell ins Unterbewusstsein und lege die DVD - mit immer noch zittrigen Händen - ins Laufwerk meines Macs.
Myst IV übertraf im letzten Jahr alle meine Erwartungen um ein vielfaches. Die Grafik ein einziger Augenschmaus, der Sound und die Musik einsame Spitze, von den spielerischen Details will ich besser erst nicht zu schwärmen, es bestünde die Gefahr, dass dieser Text erst recht seinen Rahmen sprengen würde.
Nun. Was würde der fünfte und wohl letzte Teil der Reihe bringen? Meine Erwartungen als großer Myst-Fan waren groß.
Eine Demoversion hatte man ja schon begutachten können: waren alle Bilder der früheren Versionen gerenderte Bilder, handelt es sich bei Myst V um eine echtzeit-3D-Welt, so wie wir es aus anderen Computerspielen kennen, die PC-User unter uns wohl auch von URU.
Wie sehen nun die Welten aus, da es ja scheinbar im Spiel nicht mehr so zugeht, wie es Myst-Fans gewohnt sind?
- Ich muss sagen, dass ich nicht begeistert bin, jedoch auch nicht enttäuscht: Die Welten wurden mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet, die Atmosphäre, die einem die Graphik vermittelt ist sehr gut, jedoch kommt meiner Meinung nach nicht das Feeling auf, das man bei den vier vorigen Teilen beim Spielen bekam.
Eine große Änderung in Sachen Grafik ist auch die Darstellung von Menschen im Spiel: wurden Charaktere in allen vorigen Teilen von Schauspielern dargestellt, die nachträglich in die Computerwelt eingefügt wurden, handelt es sich bei Myst V ausschließlich um Animationen. Wie man schon in der vor ein paar Wochen veröffentlichten Demo-Version bewundern konnte, wurde in diese animierten Charaktere sehr viel Arbeit und Energie ins Detail gelegt. So kann man beim Zuhören phantastische Gesichtszüge beobachten, ja sogar die Augen bewegen sich genau im richtigen Augenblick, um dem Gesagten einen besseren Ausdruck zu verleihen (sogar in der deutschen Version).
Aber ist das Myst? Für mich war das tolle an Myst, dass man sich so viel Mühe gegeben hat und sogar mit richtigen Schauspielern gearbeitet hat. Es gab dem Spiel in jeder Szene etwas echtes. Etwas sehr reales. Ja, man konnte sich wunderbar in diese Welt ’einleben’, waren es ja auch richtige Menschen, nicht nur animierte Puppen, die dort spielten.
In der Pressemitteilung von UBISOFT ist zu lesen: "Das finale Kapitel der erfolgreichsten Adventure-Serie aller Zeiten erscheint pünktlich zum 12-jährigen Jubiläum der ersten Myst-Veröffentlichung." - Ein Grund?
Was ein Fan des vierten Teils auch vermissen wird, ist zum einen die Art, mit dem vieles animiert wurde: erinnert man sich zurück an Teil eins, zwei oder drei reichte bei einem geöffneten Buch das Klicken an den Rand des Selbigen, um es umzublättern. In Teil vier konnte man die Seite ’richtig’ in die Hand nehmen und sie mit der Maus umblättern. Nicht mehr im letzten Teil. In diesem Falle schließt er sich an seine drei Vorgänger an.
Vergleicht man das Menü von "Revelation" mit dem von "End Of Ages", wird man auch wieder an dieser Stelle die liebe zum Detail vermissen: handelt es sich lediglich um ein nicht-animiertes Menü mit fünf Buttons.
Wer bei Teil vier bei einem Rätsel nicht mehr weiter wusste, konnte sich per Mausklick beim Spielinternen Hilfesystem verschiedene Hilfen holen: von einfachen Tipps bis hin zur Lösung. Auch dies wurde gespart. Zwar hat man im Menü einen Hilfeknopf, hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Online-Hilfe, die als vierte Hilfsstufe das Lösungsheft zu kaufen anpreist. Ähnliches hätte ich mir nur aus dem Hause Microsoft vorstellen können.
Hatte man in Myst V (und Teil drei) einen tollen Soundtrack, der einem beim hören eine Gänsehaut über den Rücken laufen lies, vermisst man selbst dies bei Teil fünf, wenngleich die Atmosphäre, die durch Soundeffekte geschaffen wird, sehr gut ist. Nur eben ein Soundtrack fehlt.
Ich könnte noch mehr Punkte aufzählen, die mich beim Anspielen von Myst V: End Of Ages enttäuscht haben, aber auch wenn der obere Teil des Berichtes nicht gerade ein Plädoyer für das Spiel war, kann ich es Myst-Freunden und solchen, die es noch nie gespielt haben, wärmstens empfehlen: Zum Einsteigen in die Myst-Welt benötigt man keinerlei Hintergrunderfahrungen, was die Story angeht. Die Geschichte der vier vorigen Spiele wird sehr gut in Tagebüchern, die man nach und nach findet, dargestellt, man erfährt im letzten Teil zusammenfassend mehr, als in den vorigen Spielen über die Vergangenheit der Myst-Reihe.
Auch die Steuerung ist perfekt für Einsteiger: kann man sich ja dank echtzeit-3D frei in der Myst-Welt bewegen. Alte Hasen werden sicherlich die Steuerung auf Myst und Riven Niveau umstellen (Ein starres Bild und per Klick an den Rand kann man sich zum nächsten Bild bewegen) oder Steuerung in Art von Myst: Exile oder Myst: Revelation (der Bildschirmausschnitt folgt dem Mauszeiger, man bewegt sich per Mausklick an andere Raumpunkte).
Was bei den beiden letzteren Einstellungen sehr schön dank 3D ist, ist der Übergang der einzelnen Bildausschnitte: Hatte man in den Vorgängern meist einen direkten Übergang von Bild zu Bild, wird dieser nun schwebend bzw. gleitend bewältigt, was einem die Orientierung enorm erleichtert.
Vielleicht nur die Story wird seinen Vorgängern gerecht: Sie ist - wie alle Myst-Folgen - ein paar Jahre nach seinem Vorgänger angesiedelt, Yeesha hat sich auf die Spuren der Zivilisation der D’ni begeben, scheiterte jedoch bei deren Rettung. Nun muss man als Spieler ein fünftes und wohl letztes Mal eingreifen und die Geschicke von Welten in die Hand nehmen, um diese und die Zivilisation der D’ni zu retten.
Mächtige Kreaturen tauchen auf und lassen sich für die Zwecke des Spielers einspannen. Durch ein System der Kommunikation lassen Sich Befehle erteilen, die zum Erreichen des Spielzieles notwendig sind.
Fazit: Myst V: End Of Ages scheint im Prinzip ein gelungnes Spiel zu sein, auch wenn es seinem Vorgänger lange nicht das Wasser reichen kann.
Für ein Spiel mit ausschließlich animierten Charakteren ist die Art, mit der diese Animation umgesetzt wurde, phänomenal.
Wem es vorher nicht gefallen hat, sich durch Bilder zu klicken, wird besonders über die neue Steuerung erfreut sein, die eine freie Bewegung erlaubt.
Die Story verspricht der "großen Reise" der Myst-Spiele mit Myst V: End Of Ages ein würdiges Ende zu setzen, auch wenn es im Vergleich mit genau jenen (besonders Myst: Revelation) in anderen Bereichen schwer enttäuscht...
Anforderungen:
MAC
• Betriebssystem:Mac OS X® 10.2.8–10.3.9
• Prozessor: 1 GHz G4 (1.6 GHz G4 oder höher empfohlen)
• RAM: 256 MB (512 MB empfohlen)
• Grafikkarte: 32 MB VRAM)*
• Soundkarte: Standard
• QuickTime: Benötigt für Bonus-Material
• DVD: 4x DVD oder schneller
• Speicherplatz: 4,1 GB frei
• Maus und Tastatur
PC
• Betriebssystem: Windows® 2000/XP (ausschließlich) Windows® XP x64 wird nicht unterstützt.
• Prozessor: 800 MHz Pentium® III oder AMD Athlon™ oder besser (Pentium IV empfohlen)
• RAM: 256 MB RAM (512 empfohlen)
• Grafikkarte: 32 MB DirectX® 9.0c kompatible Grafikkarte*
• Soundkarte: DirectX 9.0c kompatibel
• DirectX: DirectX 9.0c
• DVD: 4x oder schneller
• Speicherplatz: 4,1 GB
• Peripherie: Maus, Tastatur
* Unterstützte Grafikkarten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung: ATI® Radeon™ 7000/8000/9000/X Familien, NVIDIA® GeForce™ 256/2/3/4/FX/6000 Familien Auflösung: 600x800 min
Anmerkung: Mit einem eMac G4 1 GHz und 768 MB RAM läuft das Spiel sehr gut. Zwar ist die Grafik nicht besonders, aber es läuft sehr flüssig (besser als die Demo, die auf dem gleichen Rechner ruckelte).
Preis: ca. 50 €
Verfügbar ab 22. September 2005
Hersteller: UBISOFT