Neue Kinofilme direkt streamen: Universal zieht erste Bilanz – Kinokette reagiert mit Boykott
Da altbewährte Absatzwege aufgrund der Corona-Krise wegfallen, sind neue Absatzkanäle erforderlich. Was die Gastronomie verstärkt über Lieferdienste regelt, musste auch die Filmindustrie umsetzen – wobei der Lieferdienst in diesem Fall zum Online-Vertrieb neuer Kinofilme wird. Normalerweise galt, dass neue Produktionen zunächst in den Kinos laufen, um anschließend in die nächsten Verwertungsstufen zu gehen. Dazu zählen Verkauf über Online-Plattformen, DVDs und mit einiger Verzögerung auch TV-Rechte. Universal Pictures hatte Mitte März verkündet, man wolle in den kommenden Monaten auch Kinofilme direkt online anbieten. Dies sei im Rahmen eines Pilotversuchs zunächst nur für ausgesuchte Streifen geplant, da man Erfahrungen sammeln wolle.
Wenn ein Kinofilm direkt online erscheintDiese Erfahrungen liegen nun vor – und könnten darauf hinweisen, dass es Kinos auch nach der Corona-Krise deutlich schwerer haben könnten. So zeigte sich nämlich, wie offen Kunden auf das Angebot reagierten. Im Falle von Trolls World Tour konnte Universal einen Umsatz von rund 100 Millionen Dollar erzielen, wobei 77 Millionen Dollar davon direkt an das Studio gehen. Zum Vergleich: Bei konventionellem Vertrieb hätte der Film fast 150 Millionen Dollar einspielen müssen. Insgesamt war Trolls World Tour nach wenigen Wochen schon einträglicher, als der Originalfilm nach mehreren Monaten.
Universal begeistert, größte Kinokette kündigt Boykott anDem CEO von NBCUniversal zufolge lag der Umsatz weit über den Erwartungen. Das Modell könne sich langfristig bewähren, weswegen man in Zukunft mehr Filme von Anfang an online zur Verfügung stelle. Die Antwort aus der Kinobranche kam postwendend. AMC Theaters gab
bekannt, fortan keine Universal-Filme in den mehr als 1000 Kinos zu zeigen. Damit geht der größte Kinoanbieter auf klaren Konfrontationskurs, wenngleich es sich um einen recht mutigen Schritt handelt. Ein gewisser Anteil an Kunden wird damit dauerhaft an Online-Plattformen verloren, zumal die Kinos des Betreibers dann weniger attraktive Inhalte ausstrahlen können. Außerdem gewöhnen sich Nutzer verstärkt daran, für neue Kinofilme eben nicht ins Kino gehen zu müssen.