Offiziell: Canon EOS R5 und R6 Vollformatkameras und neue RF-Mount-Objektive vorgestellt – Die letzten Einhörner?
Nein, eine Überraschung oder ein gut gehütetes Geheimnis war diese von Enthusiasten und Profis heiß ersehnte Kamera definitiv nicht. Seit Monaten sind die wichtigsten Eigenschaften des neuen Mirrorless-Topmodells von
Canon mit Vollformat-Sensor bestens bekannt. Ebenso wie das Gehäusedesign. Schon im Februar hatte ich in
diesem Artikel über zahlreiche Details berichten können.
Es war wohl weniger schlechte Geheimhaltung, als vielmehr wohl kalkuliertes "Leaking" gefolgt von einer recht frühzeitigen Ankündigung, um das Interesse am Köcheln zu halten und anderslautenden Gerüchten entgegen zu wirken. Wäre nämlich gar nichts durchgesickert, wären vermutlich Spekulationen ins Kraut geschossen, die den baldigen Untergang Canons kolportiert hätten. Denn vielen ist klar, dass der Zenith für hochwertige Systemkameras inzwischen überschritten ist und wenn ein wichtiger Hersteller lange gar nichts Wesentliches von sich hören lässt, nährt das üble Spekulationen.
Überall ist von dramatisch sinkenden Verkaufszahlen in der dieser Sparte zu lesen und tatsächlich hat das abnehmende Interesse an zudem immer teurer werdenden Wechselobjektivsystemen schon erste "Opfer" gefordert. Olympus zog die Notbremse und verkaufte seine Kamerasparte an einen Investor. (Siehe
Meldung im TechTicker.) Sicher hat der angekündigte Oly-Verkauf vielfältigere Gründe, doch der finanzielle Druck entstand nun mal durch sinkende Absatzzahlen.
Mit der
EOS R5 will Canon ein Zeichen setzen und zu den alten Tugenden des Unternehmens zurück kehren: Nämlich stets an vorderster Front der technischen Entwicklung im Markt für Fotokameras zu stehen. Die Marktführerschaft hat Canon zwar nie abgegeben, aber "Emporkömmlinge" wie Sony haben Canon mehr als einmal mit besserer Technik im Detail die Butter vom Brot genommen und sind damit ins Triumvirat aufgestiegen. Teilweise mangelnde Innovationskraft und ein sehr spätes Bekenntnis für die Mirrorless-Technik im High-End-Segment, gepaart mit allgemein abnehmendem Interesse an Systemkameras hätten Canon das Genick brechen können.
Ob die EOS R5 den alten Ruhm wieder herstellen kann, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass die neue Kamera einige wirklich beeindruckende Fähigkeiten hat und eine sehr konsequente Weiterentwicklung der bisherigen R-Modelle zu sein scheint. Zusammen mit dem bislang durchweg sehr überzeugenden RF-Objektivangebot (das auch weiter ausgebaut wurde) ergibt das ein für Enthusiasten und Profis gleichermaßen attraktives Angebot.
Kurz die wichtigsten Fakten noch mal zusammengefasst.
Die EOS R5 bietet:- 45 MP Sensor mit Dual Pixel AF (100% Sensorabdeckung)
- Automatische Fokussierung bis -6 EV
- IBIS mit bis zu 8 Blendenstufen Ausgleich (in Kombi mit Lens-IS)
- 12 fps mechanischer Verschluss, 20 fps elektronisch
- 5,76 M-dot OLED EVF mit 60 oder 120fps
- 3,2" Touch-LC-Display mit 2,1 M-dot, Klapp- und Schwenkbar
- Rückkehr des Scrollrades an der Rückseite
- Wegfall der wenig geliebten Touch Bar der EOS R
- Akku mit größerer Kapazität, aber kompatibel zu EOS 5D Mark IV
- 10-bit HDR-Fotos im HEIF format
- 8K@30 fps RAW (ohne Crop, RAW, 10-bit 4:2:2 C-log or HDR PQ, interne Aufzeichnung)
- 4K bis 120 fps
- Eingebautes 2,4 und 5 GHz WiFi
- zwei Speicherkartenslots (1x CFexpress, 1x SD-Card UHS-II)
- automatische Übertragung von Daten auf image.canon Cloud
Vor allem die Speicher-fressenden 8K-Video-Features sind – zumindest für diejenigen, die primär fotografieren, aber auch für viele Videografen – nahezu Overkill. Wirklich wichtig sind eher solche Features, wie der (auf dem Papier) beeindruckende Sensor-Stabilisator, der auch in Kombination mit IS-Objektiven arbeitet und so bis zu acht Blendenstufen Wackelausgleich bieten soll. Das wäre mehr, als beim bislang besten System dieser Art bei Olympus, das auf den deutlich kleineren FT-Sensoren basiert. Kombiniert mit den besseren Low-Light-Eigenschaften eines Vollformatsensors könnte dieses Feature faszinierende Möglichkeiten eröffnen. Zumindest ist es der Konkurrenz einen Schritt voraus.
Für Videofilmer ist die R5 so etwas, wie der wahre Erbe der EOS 5D, die seinerzeit Furore mit ihren Video-Fähigkeiten für eine "Fotokamera" machte.
45 Megapixel Auflösung sind heute kein Totschlagargument mehr. Sollten sich die technischen Eigenschaften des neuen Sensors in der R5 jedoch bestätigen, hat Canon auch in diesem Punkt
mindestens wieder zum bisherigen Sensorkönig Sony aufgeschlossen.
Die R5 ist ab Ende Juli zum Preis von rund 4.385 Euro erhältlich.
Alle Preisangaben basieren auf dem vorübergehend verminderten MwSt.-Satz von 16%.Canon EOS R6 – Die abgespeckte R5 zum deutlich erträglicheren PreisWer den Overkill-Gedanken bei der R5 nicht aus dem Kopf bekommt, für den hat Canon mit der
EOS R6 gleich noch ein neues "Vernunftmodell" im Angebot. Die R6 ist eine in manchen Aspekten abgespeckte R5. Sie bietet "nur" 20 Megapixel (aber basierend auf dem selben neuen Sensordesign wie bei der R5), muss auf diverse Hardware-Details verzichten (z. B. das Statusdisplay, geringere Display- und Sucher-Auflösung…) und 8K-Video. 4K/60p müssen ihr reichen. Ansonsten ist die R6 keineswegs ein Kind von Traurigkeit. Sie verfügt ebenfalls über den IBIS mit bis zu 8 Stops, ist bei Serienaufnahmen nicht langsamer als die R5, nutzt den selben Akku (LP-E6NH), hat zwei UHS-II SD-Card-Slots u.s.w. Wegen der geringeren Sensorauflösuung sind die High-ISO-Reserven der R6 um eine Stufe höher und sie Fokussiert bei schlechtem Licht sogar mit noch etwas weniger Licht automatisch (-6,5 EV).
Die R6 soll Ende August in den Handel kommen und rund 2.631 Euro kosten. (2.981 Euro im Bundle mit dem RF 24-105 mm F4-7.1 IS STM.)