Benchmarks sind das Eine, die ganz normale tägliche Praxis das Andere. So nett es kurzzeitig auch sein mag, zu sehen, wie Macs mit Apple Silicon die Konkurrenz in Sachen Leistung aussticht, ist es am Ende des Tages doch sehr viel wichtiger, seine Arbeit mit der Hardware so gut wie möglich erledigt zu bekommen. Nach dem Umstieg von iMac Pro (2017) auf den Mac Studio M1 Ultra mit Studio Display stellte sich mir die Frage, ob und wie sich die Mehrleistung in meinem Arbeitsalltag bemerkbar macht.
Hinweis: Bitte lesen Sie ergänzend hierzu bei Bedarf auch meine Erstberichte zum
Mac Studio und zum
Studio Display.
Da ein Großteil meiner Arbeit aus Schreiben besteht, müsste ich doch theoretisch schon mit einem schwachen Intel-MacBook auskommen, oder? Nun, zu schreiben ist bei weitem nicht mein einziger Einsatzzweck für Computer. Dazu gehört auch der Umgang mit teils sehr großen Grafiken und Fotografie mit ständig steigender Auflösung, sowie etliche andere kleine und größere Dinge, die nie genug Computer-Performance haben können. Am Ende spielt es sogar noch eine Rolle für mich, wie schnell der Mac bootet.
Fangen wir damit gleich mal an. Vor längerer Zeit schon habe ich mich aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, den Mac nach Feierabend nicht in den Ruhezustand zu versetzen, sondern ihn herunter zu fahren. Beim iMac Pro und seinen Vorgängern ließ sich damit leben, weil sich die tägliche Wartezeit, bis ich tatsächlich mit der Arbeit loslegen konnte, im Bereich von etwa ein bis zwei Minuten abspielte. Träge und lästig war es trotzdem immer. Insbesondere dann, wenn der Mac zwischendurch für eine kurze Sache mal hochgefahren werden musste.
Ich hatte keine besonders große Hoffnung, dass der Mac Studio in dieser Hinsicht ein echter Fortschritt sein würde, wurde aber freudig überrascht. Er startet tatsächlich in etwa einem Viertel der Zeit des iMac Pro. Ich habe nach dem Druck auf den Startknopf gerade genug Zeit, den Stuhl, die Maus und die Tastatur zurecht zu rücken, bis der Login-Screen erscheint. Es gibt dann manchmal noch eine kurze Verzögerung, bis die Bluetooth-Verbindung zum Keyboard hergestellt ist und anschließend dauert es noch ca. zehn Sekunden, bis alle zuvor geöffneten Programme wieder hergestellt sind. Alles in Allem dauert der komplette Boot-Vorgang ca. 20 Sekunden, bis losgearbeitet werden kann. Das ist zwar nicht so schnell wie aus dem Ruhezustand, vermeidet aber, dass extern angeschlossene Festplatten vom System sporadisch hochgefahren werden (Dark Wake) und mindert nochmals den Energieverbrauch.
Apropos Power-Knopf: Der ist an der Rückseite tatsächlich etwas ungünstig angebracht und im Gegensatz zur Taste des iMac Pro auch schlecht spürbar. Ich behelfe mir mit einem Trick, indem ich einen kleinen Gummi-Nippel mittels BluTack auf die Taste geklebt habe. So ist sie wieder gut spürbar. Apple hätte die Taste aber gerne auch wie zuvor leicht konkav formen können, was dem Design kaum abträglich gewesen wäre.
Im laufenden Betrieb überzeugt der Mac Studio nicht nur mit einer spürbar besseren Reaktion bei vielen alltäglichen Aktionen im Datei-Handling, er verbraucht auch – zusammen mit dem Studio Display – nur etwa ein Drittel der Energie des iMac Pro. Das ist nicht nur bei den derzeit rapide steigenden Stromkosten ein willkommener Bonus.
Thema GeräuschentwicklungIn den vergangenen Wochen kamen vermehrt Berichte auf, der Mac Studio (vor allem die Version mit M1 Max) würde unangenehme, störende Geräusche produzieren (siehe
hier). Mein M1 Ultra produziert ebenfalls ein leichtes pfeifendes Geräusch, das sich bei ruhiger Umgebung zum kaum störenden Grundrauschen des Lüfters mischt. Es ist zwar nicht schlimm, aber in einem wirklich leisen Raum eben auch hörbar. Ich komme damit klar, weil das schon von geringen Nebengeräuschen übertönt wird.
Wie nervig das fiepende Geräusch tatsächlich ist, dürfte von verschiedenen Faktoren abhängen, wie zum Beispiel dem Hörvermögen des jeweiligen Anwenders im betroffenen Frequenzbereich (Hörkurven und die Empfindlichkeit für bestimmte Frequenzen sind sehr individuell), ob der Mac vor einer Schall reflektierenden Rückwand steht oder wie ruhig es in dem Raum tatsächlich ist. Mit dem M1 Ultra kann ich gegenüber dem zuvor genutzten iMac Pro zumindest keine Verschlechterung feststellen. Der Mac Studio M1 Ultra ist nicht unhörbar, in Anbetracht seiner Leistung, sowie der Tatsache, dass seine Lüfter so gut wie nie wirklich stark hochdrehen, würde ich es dennoch als eine Verbesserung ansehen und dem Gerät das (rein subjektive) Prädikat „angenehm leise“ verleihen.
Apple muss sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum sie gerade diese Störfrequenz (das „Fiepen“) in ihren gewiss sehr aufwendigen Geräuschmessungen außer Acht gelassen haben. Verständlich, dass sich manche Nutzer dadurch in dem Versprechen von einem „flüsterleisen“ Mac etwas getäuscht sehen.
Das „Headless“-KonzeptManche Nutzer sehen einen Nachteil darin, dass das Konzept des All-In-One-Mac (der iMac) mit Erscheinen des Mac Studio zumindest vorerst aus dem Programm genommen wurde. Aus meiner Sicht ist ein „Headless Mac“ jedoch das bessere weil flexiblere Konzept. In meinem Setup ist der Verkabelungsaufwand mit dem Studio sogar geringer geworden. Der Grund dafür ist der Wegfall des zuvor eingesetzten Thunderbolt-Docks.
Alle von mir eingesetzten Peripheriegeräte finden eine Buchse an der Rückseite des Mac Studio. Allerdings ist damit auch jeder einzelne der vorhandenen Rückseiten-Anschlüsse besetzt, einschließlich des HDMI-Ports, an dem ich meinen 4K-TV über ein
langes optisches Kabel als Zweitmonitor angeschlossen habe. – Auch wenn ich den nur selten benötige. Es verbleiben an der Vorderseite des Mac zwei weitere Thunderbolt-Ports (beim M1 Max nur USB-C), sowie der SD-Kartenleser. Außerdem stehen am Studio Display drei ladefähige USB-C-Ports (zusammen bis 96W) zur Verfügung, die auch dann Strom liefern können, wenn der Mac heruntergefahren und das Display aus (im Standby) ist.
Der SD-Slot hatte mir anfangs einiges Kopfzerbrechen bereitet, weil er nicht die versprochene Performance lieferte. Den etwas kuriosen Grund und die Lösung des Problems habe ich
hier ausführlich geschildert.
Zu den herausragendsten und erfreulichsten Eigenschaften des Mac Studio M1 Ultra gehört zweifellos der in manchen Bereichen wirklich deutlich spürbare Performance-Gewinn. Das äußert sich für meine Arbeit vor allem mit Programmen wie Adobe Lightroom, mit dem sich nun sehr viel flüssiger arbeiten lässt, aber auch mit allen Dateioperationen. Die interne SSD des iMac Pro war schon nicht gerade langsam, doch die des Mac Studio verdoppelt die Performance noch mal und liegt in Bereichen bis über 3.000 MB/s beim Schreiben und deutlich über 5.000 MB/s beim Lesen.
Das macht sich beispielsweise beim Umgang mit sehr großen Foto/Grafik-Dateien bemerkbar. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir hatten vor einigen Wochen die „
Focus-Stacking-Challenge“ zum Thema, bei der hundert RAW-Fotodateien in verschiedenen Programmen zu einem Focus-Stack zusammengesetzt werden sollten. Der Vorgang erfordert neben hoher Rechenleistung und GPU-Performance auch und ganz besonders ein schnelles Datenhandling. Die Bearbeitung dieser Aufgabe mit Lightroom und Photoshop auf dem iMac Pro dauerte etwas über 20 Minuten (in besagtem Bericht als Video festgehalten). Genau die selbe Aufgabe habe ich mit dem Mac Studio natürlich noch mal ausprobiert. Ergebnis: Unter sieben Minuten! Also etwa in einem Drittel der zuvor benötigten Zeit. Und ohne dass die Lüfter dabei hochdrehen.
Hohe Computer-Performance hat aber, genau wie ein leistungsstarker Motor in einem Auto, die Eigenschaft, dass man sich sehr schnell an sie gewöhnt. Nach einigen Tagen oder Wochen wird die Leistung zur Normalität und damit nicht mehr so intensiv wahrgenommen. Bei Computern kommt noch hinzu, dass die Anforderungen der Software an die Hardware mit der Zeit immer größer werden. Aus diesem Grund tendiere ich stets dazu, meine Computer beim Kauf nicht exakt nach der gerade benötigten Leistung auszuwählen, sondern stets ein „übermotorisiertes“ Modell zu wählen. Das verlängert auch bei steigenden Leistungsanforderungen die Nutzungsdauer, ohne den Spaßfaktor zu schnell zu mindern. Außerdem hat das positive Auswirkungen auf den Wiederverkaufswert der Hardware. Daher rate ich jedem, wenn es sich finanzieren lässt, stets eine oder zwei Leistungsklassen höher als unbedingt benötigt zu erwerben.
Mac und Display im DuettKommen wir zu dem Zusammenspiel mit dem Studio Display. Um es gleich auf den Punkt zu bringen; der qualitative Unterschied zum zuvor genutzten 5K-Display ist objektiv betrachtet minimal. Die Auflösung ist identisch, die Darstellungsfläche ebenfalls. Bei der Bildqualität machen sich im im Alltag für mein subjektives Empfinden etwas natürlichere Farben bemerkbar. Aber viel mehr als die Fähigkeiten des verbauten Panels wirken sich sekundäre Eigenschaften positiv aus. Das sind erstens die geringere Gehäusegröße, was das Gerät vor meiner Nase weniger wuchtig erscheinen lässt (und so auch das „Schreibtischambiente“ verbessert), zweitens die deutlich bessere Entspiegelung (auch ohne Nanotextur!) und drittens die Tatsache, dass weniger Kabel durch den Schwenkarm verlegt werden müssen, was die Installation beweglicher macht. Letzteres natürlich auch aufgrund des geringeren Gewichts des Studio Display im Vergleich zum iMac.
Technische Versäumnisse, wie der Umstand, dass es sich nach wie vor nur um ein 8-Bit-Panel handelt, machen sich dank des von Apple eingesetzten Dithering-Verfahrens in meinem Alltag nicht negativ bemerkbar. Ebensowenig vermisse ich eine 120Hz Bildwiederholrate, wobei das natürlich sehr stark von den individuellen Nutzungsprofil abhängt.
Zu klären bleibt noch immer, ob es Apple gelingt, die integrierte Face-Time-Kamera auf das ursprünglich versprochene Niveau zu heben. Das Update lässt noch auf sich warten. Und die bisher erschienene Beta scheint keine zufrieden stellenden Ergebnisse zu bringen (siehe
hier). Das heißt natürlich nicht, dass die Kamera unbenutzbar schlecht ist. Sie ist sogar besser, als viele optionale Cams. Aber das ist natürlich keine Entschuldigung für die Einschränkungen der Kamera im Studio Display. Hier hat Apple sein Qualitätsversprechen nicht eingehalten. Davon abgesehen halte ich die Center-Stage-Funktion in ihrer jeweiligen Wahl des Bildausschnitts bzw. Zoom-Stufe für noch nicht ausgereift.
Zum Glück, so möchte ich sagen, ist der im Monitor verbaute Lüfter bis jetzt absolut kein negativer Faktor. Er wird in sehr ruhiger Umgebung von dem Lüfter des Mac Studio oder anderen leisen Nebengeräuschen vollkommen übertönt. Nichtsdestotrotz wäre mir eine Konstruktion mit rein passiver Kühlung sehr viel lieber gewesen.
Im Zusammenspiel mit dem Mac Studio ist das Studio Display, welches ja bekanntermaßen über keinerlei Bedienelemente, geschweige denn eine Power-Taste verfügt, bislang absolut zuverlässig. Es kam bisher zu keinen Aussetzern bei der On/Off-Erkennung, noch zu falschen Einstellungen der Auflösung. Im Verbund mit anderen Computern soll es diesbezüglich hier und da Schwierigkeiten geben haben. Hier zeigt sich nur mal wieder, wie sehr Apple das Studio Display ganz gezielt für seine Macs konzipiert hat.
Ebenso zuverlässig funktioniert übrigens auch das Zusammenspiel mit meinem Panasonic DXW904 4K-TV über HDMI.
Fazit – Mac Studio und Studio Display sind ein würdiger iMac-(Pro-)ErsatzDass dieser Bericht nicht viel ausführlicher geworden ist, können Sie getrost als gutes Zeichen betrachten. Nichts auf der Welt ist perfekt, und auch Apples neue Mac- und Display-Hardware ist es nicht. Aber die Versprechen des Unternehmens werden nahezu vollständig erfüllt und das Gespann erfreut mit ausgezeichneter Leistung. So muss es sein und dafür hat Apple auch Respekt verdient.
Meine größte Kritik gilt dem Preis für das Studio Display. Es ist wirklich schwer nachzuvollziehen, warum der Bildschirm so teuer sein muss, oder warum beispielsweise die VESA-Mount-Option nicht billiger ist, als die Bestellung mit Standard-Standfuß. – Oder ob es wirklich so ein großer Aufpreis für den „höhenverstellbaren“ Fuß sein muss. Hier reizt Apple seinen Premium-Anspruch einfach über die Maßen aus, weil es eben auch keine wirklich gleichwertige Konkurrenz gibt.
Unter dem Strich bleibt aber festzuhalten, dass die Kombination aus Mac Studio und Studio Display einmal mehr ein großartiger Fortschritt in der Mac-Historie darstellt und die PC-Konkurrenz in den Schatten stellt. Exzellente Tools für die tägliche Desktop-Arbeit, wie auch immer die aussehen mag. Ich bin gespannt, wie Apple sich da selbst noch toppen will. Für den Moment wäre es aber erst mal nett, wenn das Update für die Face-Time-Kamera des Studio Displays kommt.