Einleitung: Eine kurze Geschichte der ZeitanzeigeSeit jeher versucht der Homo Sapiens, seinen Tag in kleine Zeit-Häppchen einzuteilen, was ihm mehr Kontrolle und Regelmäßigkeit über sein Dasein verschafft. Natürlich habe ich nicht vor, hier die komplette Entwicklung sämtlicher Methoden zur Zeitmessung darzulegen. Das wäre mal eine Aufgabe für eine schöne TV-Doku. Ich möchte lediglich daran erinnern, dass es ein Grundbedürfnis des Menschen zu sein scheint, das Verstreichen der Zeit zu skalieren, um sich im steten Wechsel von Tag und Nacht genauer orientieren zu können.
Seit Beginn der technischen Revolution und mit dem Auftauchen der ersten wirklich „mobilen“ Uhren (Taschen- und Armbanduhren), die es gestatten, den persönlichen Tagesablauf nicht nur in grobe Abschnitte, sondern in Minuten oder gar Sekunden einzuteilen, ist nichts mehr, wie es mal war.
Seit die ersten in Serie gefertigten Armbanduhren Ende des 19. Jahrhunderts auftauchten, hat sich bei den – nennen wir sie mal personengebundenen Uhren aber nur wenig verändert. Die Zeitmessung am Handgelenk erfolgte bis Mitte der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts stets mit mechanischen Uhrwerken, die meist Gangabweichungen von mehreren Minuten pro Tag aufwiesen. Einen großen Fortschritt in der Ganggenauigkeit erfolgte 1969 mit der Markteinführung der ersten Serien-Quarz-Armbanduhr, der „Astron“ von Seiko. Diese verbesserte nicht nur die Genauigkeit der Zeitmessung, sondern war zudem die erste echte elektronische Uhr für das Handgelenk, womit es fortan einfacher war, der Uhr weitere Funktionen hinzuzufügen, die nicht nur der Zeitmessung dienten. Als Beispiel dafür seien die Taschenrechner-Uhren aus den Siebziger- und Achtzigerjahren genannt. Man könnte sagen, dass dies auch die ersten Smartwatches waren.
Weitere große Entwicklungen blieben dann eine Weile aus. Armbanduhren blieben in der Mehrzahl reine Zeitmessinstrumente. Auch die ersten funkgesteuerten Armbanduhren von Junghans in den Neunzigern (Bild rechts, Quelle: Wikipedia) konnten nicht mehr als das – nur viel genauer, und ohne andauernd nachgestellt werden zu müssen. Dabei gab es schon seit Längerem Visionen von Armbanduhren, die zum Beispiel auch zum Telefonieren oder Fernsehen taugen sollten. Prototypen solcher Uhren gab es zwar, aber die Technik war damals noch nicht weit genug, um die dafür erforderlichen Bauteile klein und effizient genug zu machen. Computer waren noch zu groß, flache Displays zu grobpixelig, die Funktechnik war noch analog und ineffizient und Batterien oder Akkus konnten den enormen Strombedarf der Komponenten nicht decken.
Erst seit ca. 10 Jahren ist die Technologie weit genug fortgeschritten, um den Computer am Handgelenk und damit die Smartwatch Wirklichkeit werden zu lassen. Dass es erst jetzt, anno 2015, so richtig loszugehen scheint, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass man sich erst mal eingehend Gedanken darüber machen musste, wie man die ganze Technik an so einem kleinen Gerät vernünftig bedienbar macht und was genau man damit überhaupt anstellen will.
Ohne die Erfahrungen mit Smartphones, welche erst mit der Vorstellung des Apple iPhone im Jahre 2007 ihren Durchbruch feierten, gäbe es wahrscheinlich bis heute keine praktischen Möglichkeiten zur Steuerung komplexer Abläufe auf so kleinen Anzeigen, wie einem Uhren-Zifferblatt. Befehle durch leichtes Antippen des Displays, Wischgesten, Sprachsteuerung… diese und andere Entwicklungen ebneten den Weg.
Seit ungefähr 2008, als die ersten Gerüchte auftauchten, Apple könnte an einer Smartwatch arbeiten, explodierte dieser Technologiezweig förmlich. Jeder wollte der Erste sein, der eine alltagstaugliche Smartwatch auf den Markt bringt. Vor allem asiatische Technologiekonzerne wie Samsung oder LG, oder Startups wie Pebble beeilten sich mit der Umsetzung. Während diese und andere Hersteller für ihre Produkte bereits Lob und Kritik einheimsten, arbeitete Apple unbeirrt weiter im Hintergrund an seiner eigenen Vision einer Smartwatch.
Durch den Erfolg des iPhone und des iPad waren die Erwartungen an die „iWatch“, deren Erscheinen trotz Apples üblicher Geheimhaltung immer konkreter wurde, enorm hoch gesteckt. Als die Apple Watch – so der offizielle Name – dann im letzten September der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde, waren die Reaktionen dementsprechend sehr gemischt und die üblichen Rufe von „Flop“ bis „Revolution“ beherrschten fortan die Medien und Internetforen.
Inzwischen ist die Apple Watch erhältlich und schon millionenfach (genaue Zahlen gibt es wohl demnächst auf der WWDC) ausgeliefert worden. Es besteht aber weiterhin Klärungsbedarf, was genau die Uhr kann oder nicht kann, was ihr Nutzen ist, ob sie auch Schmuck oder doch nur ein überflüssiges Technikspielzeug ist. Nachdem ich nunmehr knapp drei Wochen mit der Apple Watch Erfahrungen sammeln konnte, möchte ich Ihnen hier meine erste Einschätzung mitteilen und dabei auch versuchen, ein paar Missverständnisse aufzuklären. Zwar kursieren inzwischen schon zahlreiche Tests und Besprechungen der Watch (wie ich sie im Folgenden kurz nennen möchte) im Internet und ich bin vielleicht nur der Einmillionste, der seinen Senf dazu gibt, aber vielleicht kann ich noch ein paar Dinge beitragen, die bisher nicht oder nur am Rande erwähnt wurden.