Thema PraxistauglichkeitZwar hatte ich bisher nicht viele Gelegenheiten, mich intensiv mit anderen Smartwatches auseinanderzusetzen, außer auf einigen Messen, aber von Kollegen, die sich intensiver damit befasst haben, höre ich oft, nach ein paar Tagen würden die Dinger keinen Spaß mehr machen. Die Kritik bezieht sich meistens auf Probleme bei der Kopplung mit dem Smartphone oder einfach schlecht durchdachte Benutzerführung. Schon nach kurzer Zeit haben deswegen viele die Lust an dem neuen Technikspielzeug verloren und – weil’s einfach nicht gut funktioniert – lieber wieder ihre ganz normale Armbanduhr umgebunden.
Derartige Klagen habe ich von Watch-Nutzern bisher nur sehr wenige vernommen und aus meiner eigenen Erfahrung kann ich einfach nur sagen: Sie funktioniert hervorragend! Einmal mit dem iPhone gekoppelt, was kinderleicht geht und in wenigen Augenblicken erledigt ist, wird die Watch innerhalb kürzester Zeit zu einem Tool, das man nicht mehr missen möchte.
Um die Verbindung mit dem iPhone braucht man sich nach der ersten Kopplung nie wieder Gedanken zu machen.* Ist das iPhone in Reichweite, wird die Verbindung stets zuverlässig und schnell über Bluetooth oder WLAN hergestellt. Außerhalb der Reichweite sinkt zwar, wie weiter oben beschrieben, der Funktionsumfang, aber die Uhr arbeitet ansonsten ganz normal weiter und nervt einen nicht mit unnötigen Warnungen o.ä. Später soll vielleicht noch eine Funktion hinzukommen, die einen bewusst darauf aufmerksam macht, wenn man sich zu weit von seinem iPhone wegbewegt, damit man es nicht aus Versehen irgendwo liegen lässt. Aber das bleibt dann natürlich dem User überlassen, ob er diese Warnung will oder nicht.
[*Kleine Einschränkung: Kurz vor der Veröffentlichung des Artikels habe ich das erste Mal ein kleines Problem mit der Kopplung festgestellt. Die Uhr fand eines morgens das iPhone nicht mehr, obwohl in unmittelbarer Nähe. Nachdem ich am iPhone Bluetooth einmal aus- und wieder eingeschaltet hatte, war die Verbindung sofort wieder da. Das war das erste mal und der bislang einzige Vorfall mit Verbindungsproblemen.]
Das Display bietet hervorragenden Kontrast, Schwarzwert und Helligkeit, womit es sich auch in direktem Sonnenlicht noch ausreichend gut ablesen lässt. Dass E-Ink-Displays, wie in der Pebble, bei Sonnenlicht noch besser ablesbar sind, wäre für mich auf keinen Fall ein Argument, auf die Vorteile des tollen OLED-Displays der Watch zu verzichten. Zumal es mit 324 ppi (42 mm Watch) auch eine sehr hohe Pixeldichte sowie eine sehr gute Farbdarstellung bietet. Sämtliche Animationen und Aktionen laufen ruckfrei und auch bei der Bedienung gibt es nur selten kurze Verzögerungen, beispielsweise wenn Siri etwas über das Internet checken muss.
Vergessen können Sie auch etwaige Bedenken, weil das Display nicht „always on“ ist. Wann immer man bewusst auf das Display blickt, ist es auch an. Apple hat die Bewegungserkennung sehr sorgfältig justiert, sodass sich die Anzeige zuverlässig aktiviert, sobald ein gewisser Armwinkel eingenommen wird, der nötig ist, um das Display sehen zu können. Wer will kann das Display durch Druck auf die Digitale Krone natürlich auch in anderen Winkeln aktivieren, aber die automatische Aktivierung funktioniert so zuverlässig, dass man nur selten in diese Verlegenheit kommt.
Natürlich gibt es auch Bewegungen, bei denen sich das Display ungewollt aktiviert. Das ist anfangs manchmal etwas irritierend und man fragt sich, ob dadurch der Akku nicht unnötig belastet wird, aber diese Bedenken zerstreuen sich bald. Manche User beklagen, dass eine ungewollte Aktivierung bei Nachtfahrten im Auto störend sei – zum Beispiel beim Lenken schaltet sich das Display häufiger ein. Wie störend das tatsächlich ist, muss jeder für sich selbst herausfinden.
Alles in allem gibt es aus meiner Sicht dank der guten automatischen Aktivierung keinen Grund, zwingend ein always-on-Display haben zu müssen. Die dafür nötige Energie kann man sich sparen. Übrigens passt sich das Display auch sehr gut der Umgebungshelligkeit an. In dunklen Räumen oder bei Nacht blendet die Uhr nicht, bei Tageslicht ist das Display hingegen hell und knackig.
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Eine der großen Herausforderungen bei Smartwatches ist es, die vielen Funktionen möglichst einfach zugänglich und nutzbar zu machen. Es liegt in der Natur der Sache, dass man über ein sehr kleines Display am Handgelenk nicht exakt die gleichen Methoden verwenden kann, wie an Computern, Smartphones oder Tablets. Apple hat sich hierzu sehr tief gehend Gedanken gemacht und für die Watch einige neue Lösungen gefunden. Dazu gehört unter anderem die Digitale Krone zum Scrollen, justieren etc., Force Touch und auch die Taptic Engine für haptische Benachrichtigungen. Auch die App-Übersicht im Homescreen wurde komplett neu erdacht und bietet in Form der kleinen runden und in alle Richtungen verschiebbaren App-Symbole einen frischen Ansatz.
Diese und weitere Details sind auf der Apple Webseite und in zahllosen anderen Testberichten schon eingehend erläutert worden. Die entscheidende Information für den Verbraucher lautet: Es funktioniert! Und zwar ausgesprochen gut. Das Benutzerinterface der Watch arbeitet sehr flüssig und man kann mit lediglich zwei Knöpfen plus ein paar Wischgesten sehr schnell an jede beliebige Funktion kommen.
Sehr praktisch ist beispielsweise die Möglichkeit, mit einem Doppelklick auf die digitale Krone schnell zwischen der zuletzt benutzten App/Funktion und der Uhr hin und her zu wechseln. Die Menüwege und die Hierarchie sind insgesamt sehr kurz und flach gehalten und nahezu alle Funktionen lassen sich auch über Siri aufrufen, wofür ein langer Druck auf die Digitale Krone oder ein gesprochenes Kommando (Hey Siri) genügt. Die Spracherkennung funktioniert gut, hat aber nach wie vor ihre Grenzen. Mit ein wenig Übung und Gewöhnung hat man die Watch aber sehr schnell im Griff. Schon nach wenigen Tagen der Benutzung bewegt man sich wie selbstverständlich durch die Möglichkeiten der Uhr.
Die gute Bedienung ist ein entscheidender Pluspunkt für die Watch. Apple hat hier, wie zuvor schon mit iOS auf iPod touch, iPhone und iPad, ganze Arbeit geleistet und setzt damit den Maßstab für künftige Smartwatch-Designs.