Praxistest: Olympus 40‑150mm f/2,8 PRO Telezoom
Olympus 40-150/2,8 in der PraxisSeit der Lieferung des Objektivs kurz vor Weihnachten gab es hier in Norddeutschland leider nur wenige Tage, an denen man ohne Taucheranzug das Haus verlassen, geschweige denn ein paar Sonnenstrahlen genießen konnte. "Wenige" heißt aber nicht „keine", und so habe ich inzwischen ein paar hundert Aufnahmen mit dem 40-150/2,8 machen können, was für eine Beurteilung schon ausreicht. Die Ergebnisse sprechen für sich.
Mehr Beispielbilder, siehe nächste Seite.
Bei der
Handhabung und Bedienung wird dem Ex-SLR-Fotografen schnell klar, wie wichtig die Faktoren Größe und Gewicht tatsächlich sind. Jedenfalls in Anbetracht der weiter oben genannten Größenordnungen kann man nur von „dramatisch“ sprechen. Die E-M1 mit 40-150/2,8 kann in nahezu jeder Situation problemlos freihändig geführt und stundenlang ohne Ermüdungserscheinungen in Rücken, Schulter oder Handgelenk getragen werden. Sogar einhändige oder Über-Kopf-Aufnahmen sind durchaus möglich. Bei der Haptik müssen keinerlei Abstriche gemacht werden. Das 40-150/2,8 fühlt sich an, wie sonst nur die feinsten optischen Präzisionsgeräte.
Der hervorragende Bildstabilisator der E-M1 sorgt auch bei maximaler Brennweite mit Telekonverter für gute Verwackelungsfreiheit und ein stabiles Sucherbild. Die Bedienung von Zoom- und Fokusring ist optimal, wobei die Drehwege nicht zu lang sind. Als absolut genial hat sich aber die einziehbare Streulichtblende entpuppt. Ganz nebenbei erleichtert diese auch das Aufsetzen des Objektivdeckels, weil man dazu den Blendentubus nicht extra abnehmen oder den Deckel mit spitzen Fingern durch sie hindurch auf das Frontelement fummeln muss. Blendenmuffel haben hier wirklich keine Ausrede mehr, auf dieses wichtige und die Bildqualität fördernde Zubehör zu verzichten. Bei welchem anderen Teleobjektiv dieser Klasse kann man das schon von der Streulichtblende behaupten? Danke Olympus für die Sorgfalt im Detail!
Last but not least: Die
Abbildungsleistung. Ich beurteile diese rein nach Bildergebnissen und nicht nach Messwerten. Letztere lassen, wenn man sich diverse andere Testberichte mit höherer Priorität auf der Messtechnik ansieht, ohnehin nicht den geringsten Anlass zur Kritik. Besser geht’s kaum. Und das zeigt sich eben auch für das nackte Auge sichtbar in den Bildern – egal ob gedruckt oder auf dem Bildschirm beim Pixel-Peeping.
Natürlich ist kein noch so teures Objektiv wirklich perfekt und so kann der passionierte Erbsenzähler auch bei diesem Prachtstück in gewissen Situationen Fehler ausmachen. Die sind aber dermaßen gering, dass eigentlich jede Erwähnung höchstens besagte Erbsenzähler interessieren dürfte. Besonders beeindruckend ist die hohe Bildschärfe bis an die Ränder und bei praktisch jeder Blende, sowie die Verzerrungsfreiheit und die fast vollständige Abwesenheit chromatischer Aberrationen. Die von anderen Testern festgestellte leicht erhöhte Anfälligkeit für Streulichteffekte (Lens Flare) bei Gegenlicht kann ich nicht nachvollziehen. Jedenfalls scheint sich das 40-150/2,8 diesbezüglich nicht schlechter als die deutlich teureren Festbrennweiten von Canikon & Co. zu verhalten.
Der AF ist wie versprochen blitzschnell und flüsterleise. Der komplette Fokusbereich wird viel schneller durchlaufen als mit jedem anderen mir bekannten Teleobjektiv. Von unendlich bis zur Naheistellgrenze (oder umgekehrt) vergeht nicht viel mehr als ein Wimpernschlag. Verbesserungspotential sehe ich lediglich noch kameraseitig bei der Motivverfolgung.
Wie nicht anders erwartet gibt es beim Bokeh minimale Abstriche zu machen. Beim Vergleich mit älteren Fotos aus meinem Archiv, die ich mit dem EF 300/2,8 geschossen habe, muss ich dem Canon-Boliden einen Hauch mehr „Cremigkeit“ bei den Unschärfeeffekten attestieren. Das Bokeh des Olympus wirkt in manchen Situationen (nicht in allen!) etwas nervöser. In Bezug auf die Quantität des Bokeh – wenn man das so nennen darf – kann ein entsprechendes Objektiv für Vollformat zwar etwas „mehr“ bewirken, aber das hängt auch von der Aufnahmedistanz ab. Bei sehr fernen Motiven hat Vollformat die Nase sichtbar vorn, im Nahbereich kann das MFT-Objektiv dank seiner geringeren Naheinstellgrenze aber wieder komplett aufschließen.
Unter dem Strich ist das Bokeh des 40-150/2,8 für die meisten Situationen für mich durchweg überzeugend. Zumindest verspüre ich keinerlei Wehmut bei dem Verzicht auf die großen Vollformat-Objektive mehr. Das 40-150/2,8 schließt zudem die lästige Reichweitenlücke bis 300 mm (Olympus bringt dieses Jahr noch eine Festbrennweite mit umgerechnet 600 mm f/4). Damit hat sogar mein damals so geliebtes 70-200 mm f/2,8 einen würdigen und noch praktischeren Nachfolger an Micro Four Thirds erhalten.
Der
Telekonverter MC-14 ist eine willkommene Ergänzung. Er fügt dem Gepäck nur wenige Gramm (119 g mit Deckeln) hinzu, nimmt kaum Platz weg und bringt einen spürbaren Reichweitengewinn. Allerdings mit leichten Abstrichen in der Bildqualität. Bei Durchsicht meiner Aufnahmen mit MC-14 fiel mir stets ein leichter Schärfe- und Kontrastverlust auf. Allerdings bewegt sich das für Telekonverter in einem völlig normalen Rahmen und die Bilder sind auch mit MC-14 mehr als nur respektabel.