Preispoker: Warum Apple es sich (noch) erlauben kann, mehr Geld als andere zu verlangen
So viel vorweg: Dieser Bericht soll keineswegs den Eindruck erwecken, dass Apples Preise prinzipiell OK wären, oder zwingend so sein müssten, wie sie es sind. Ebensowenig wird das hier ein Apple-Bashing, um eine laute Beschwerde über „zu teure“ Produkte aus Cupertino abzusetzen. Es geht – wie der Titel schon sagt – lediglich um eine nicht-wissenschaftliche Analyse, warum Apple es sich im Gegensatz zu anderen Herstellern schlicht leisten kann, mehr Geld für die (scheinbar) selbe Technik zu verlangen.
Die Online-Kommentare zu neuen Apple-Produkten sind immer äußerst kontrovers. Von Himmelhoch jauchzend bis zu purem Hass findet sich so ziemlich alles in den Foren und sozialen Medien, wenn zum Beispiel ein neues iPhone oder ein neuer Mac vorgestellt wird. In letzter Zeit überwiegt oft der Ärger über die geforderten Preise. Über tausend Euro für ein iPhone oder mehr als 5.500 Euro für einen iMac Pro? Da ist für viele die Grenze des bezahlbaren weit überschritten. Aber warum werden die Apple-Produkte – gefühlt und real – in letzter Zeit immer kostspieliger?
Unternehmerischer Erfolg definiert sich durch GewinnFür manche Kommentarschreiber ist die Sache eindeutig: Geldgier. Demnach ginge es Apple nur darum, immer mehr Milliarden anzuhäufen, um sich die Welt untertan zu machen – wenn’s ganz paranoid kommt. Tim Cook als CEO wird dabei häufig als Buhmann dargestellt. Während Steve Jobs noch als Visionär und unantastbare Leitfigur galt, ist Cook als „Buchhalter“ verschrieen, der Apple sein „Mojo“ raubt.
Die Realität spricht aber eine andere Sprache. Auch wenn Utopisten es nicht gerne hören, bemisst sich der Erfolg eines marktwirtschaftlich tätigen Unternehmens im Kapitalismus nach wie vor an seinen Gewinnen. Und darin ist Apple Rekordweltmeister. Aber von nichts kommt nichts. Ein Unternehmen kann nur dann wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn seine Produkte und Dienstleistungen gekauft werden. Außer im Falle eines Monopols, wenn Kunden keine andere Wahl haben. Doch das ist bei Computern und iDevices von Apple absolut nicht der Fall. Es ist lediglich so, dass manche Nutzer sich nur ungern von Apples Öko-System trennen und in eine komplett andere Welt eintreten möchten, sei es Windows, Android, Linux oder was auch immer. Aufgrund dieser „Wechselangst“ schaffen sich einige User sozusagen ihr eigenes monopolistisch geprägtes Gefängnis. Die Türen stehen zwar weit offen, aber keiner traut sich rauszugehen.
Masse ist gut, Marge auch, aber Masse und Marge gleichzeitig ist besser.Apple befindet sich in einer nicht nur für ihre Branche seltenen und glücklichen Situation, indem sie große Stückzahlen absetzen und zugleich mit hohen Gewinnmargen arbeiten können. Normalerweise laufen Massenartikel (Smartphones genauso wie Büroklammern) nur über den Absatz hoher Stückzahlen bei relativ kleiner Gewinnspanne. Das Geld kommt also nicht von der sogenannten Marge, sondern rein von der Masse. Bei manchen Produkten kann man aber auch mit kleinen Stückzahlen profitabel arbeiten. Dazu muss die Gewinnmarge aber entsprechend hoch sein. So hat beispielsweise Porsche im ersten Halbjahr 2016 pro Auto fast vierzig mal so viel verdient, wie Konzernmutter VW mit einem PKW (
Quelle).
Bei Apple sieht es ähnlich aus. Wie bei Porsche sind auch bei der Apfelmarke die Stückzahlen im Gesamtvergleich zu beispielsweise Windows-PCs oder Android-Smartphones deutlich geringer, aber immer noch sehr beträchtlich bei zugleich aber massiv höherem Gewinn pro Stück. Doch wie kommt Apple in diese glückliche Position? Nun, dafür gibt es sicherlich viele Einzelgründe, aber der Kern der Sache ist wohl, dass es ihnen gelungen ist, eine Art Edelmarke (nicht Luxusmarke!) mit Haben-Wollen-Faktor in einem ansonsten absolut auf Masse und nüchterner Funktionalität ausgerichteten Markt zu etablieren. Anders ausgedrückt, Apple hat sich einen Namen gemacht, für den die Leute bereit sind, mehr auszugeben. So wie Porsche: Es gibt genügend Autos, die erheblich weniger kosten und deren reine Prospektdaten Porsche kaum nachstehen. Trotzdem verkaufen sich Porsche wie geschnitten Brot – und sehr profitabel.