Die drahtlose Übertragungstechnologie Bluetooth ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Zwar bietet Bluetooth vielfältige Anwendungsmöglichkeiten zum Datenaustausch, aber die am häufigsten genutzte ist wohl die zur kabellosen Audioübertragung. Milliarden von iDevices streamen per Bluetooth Musik an drahtlose Ohr- und Kopfhörer wie die AirPods oder an andere Bluetooth-fähige Geräte wie Aktivlautsprecher, Verstärker/Receiver oder Autoradios.
Aber Bluetooth hat, bedingt durch technische Vorgaben insbesondere in Bezug auf die Energieeffizienz (Bluetooth muss extrem stromsparend sein), gewisse Einschränkungen. Neben der relativ begrenzten Reichweite von wenigen Metern ist das vor allem eine im Vergleich zu beispielsweise WLAN deutlich begrenztere Übertragungsbandbreite. So können Audio-Streams bis heute per Bluetooth nicht verlustfrei in voller CD-Qualität gestreamt werden. Bei der Übertragung mit bisherigen Bluetooth-Geräten – egal welches Protokoll diese verwenden – werden IMMER Daten verworfen, also die Musik verlustbehaftet komprimiert.
Für Bluetooth-Übertragung gibt es heute verschiedene Übertragungsprotokolle oder Codecs. Stets vorhanden und von jedem Bluetooth-fähigen Gerät unterstützt ist das Basisprotokoll SBC, das für Audio allerdings auch die qualitativ schlechteste Methode ist, weil es quasi zur Sicherheit nur im Schneckentempo arbeitet. Darüber hinaus gibt es diverse Protokolle, die auch höhere Übertragungsraten erlauben. Die bekanntesten sind das überwiegend von Apple genutzte AAC und aptX in verschiedenen Varianten vom Chip-Hersteller Qualcomm.
Qualcomm Technologies International, Ltd. hat nun
aptX Lossless angekündigt. Das ist laut Pressemeldung (Deepl-Übersetzung)
"eine neue Fähigkeit der bewährten aptX Adaptive-Technologie und eine neue Funktion der Snapdragon Sound™-Technologie, die entwickelt wurde, um verlustfreie 16-Bit-44,1kHz-Audioqualität in CD-Qualität über die drahtlose Bluetooth®-Technologie zu liefern. Qualcomm Technologies hat einen Ansatz auf Systemebene gewählt und eine Reihe von Kerntechnologien für drahtlose Verbindungen und Audio optimiert, einschließlich aptX Adaptive, die zusammenarbeiten, um automatisch zu erkennen und hochzuskalieren und um verlustfreies Audio in CD-Qualität zu liefern, wenn ein Benutzer eine verlustfreie Musikdatei hört und die RF-Bedingungen geeignet sind."Qualcomm führt weiter aus:
"...aptX Adaptive arbeitet mit der Qualcomm Bluetooth High Speed Link-Technologie zusammen, um den erforderlichen nachhaltigen Datendurchsatz zu gewährleisten. Diese Technologien sind so konzipiert, dass sie nahtlos zusammenarbeiten und Raten von mehr als 1 Mbit/s liefern, aber in überlasteten RF-Umgebungen reibungslos auf 140 Kbit/s herunter skaliert werden können, um Audioaussetzer oder Störungen zu minimieren und ein konsistentes und zuverlässiges Hörerlebnis zu gewährleisten."Features und Spezifikationen für aptX Lossless:- Unterstützt 44,1kHz, 16-bit CD Lossless Audio Qualität
- Upscaling auf CD Lossless Audio in Abhängigkeit der Bluetooth Verbindungsqualität
- Nutzer kann zwischen CD Lossless Audio 44,1kHz und 24-bit 96kHz verlustbehaftet wählen
- Auto-Erkennung zur Aktivierung von CD Lossless Audio, sofern die Quelle Lossless ist
- Mathematisch bit-für-bit genau
- Bitrate – ~1Mbps
Was bedeutet das für die Praxis?Viele Musik-Streamingdienste wie Qobuz, Tidal, Amazon, Deezer und mit reichlich Verspätung inzwischen auch Spotify und Apple bieten Lossless-Streams in CD-Qualität (16bit/44,1kHz) oder höher an. Mit aptX Lossless können diese künftig tatsächlich auch verlustfrei genutzt werden. Zwar werden die Daten von Bluetooth weiterhin komprimiert, aber eben verlustfrei mit Datenraten um 1Mbit/s.
Doch die Sache hat auch hier einige "Wenn" und "Aber". Ohne Marketing-Sprech bedeutet das:
Wenn die Voraussetzungen ideal sind, ist eine verlustfreie Übertragung in CD-Qualität per Bluetooth mit aptX Lossless möglich. Ist die Umgebung, in der die Übertragung stattfinden soll allerdings stark mit Funkwellen (RF = Radio Frequency) belastet, muss auch aptX Lossless vom Gas gehen und Daten verwerfen. Die Datenrate sinkt bis auf 140kbits/s. Das geschieht adaptiv und vom Nutzer unbemerkt.
Auch HiRes-Audio (also Auflösungen höher als 16bit/44,1kHz) kann aptX verarbeiten, aber nur mit verlustbehafteter Kompression.
Leider gibt es keine Bluetooth-Devices (zum Beispiel Kopfhörer), die dem Nutzer in irgend einer Form verraten, mit welcher Datenrate gerade gearbeitet wird. Qualcomm macht auch keine Angaben darüber, ob beispielsweise ein aktives WLAN in der Nähe schon genügend RF-Störungen verursacht, sodass die Bluetooth-Datenrate reduziert werden muss. Heißt: Der Nutzer weiß nie, ob er gerade wirklich Lossless hört. Zwar wird das für die meisten Nutzer qualitativ keine große Rolle spielen, aber es scheint ziemlich sicher zu sein, dass hochwertige kabelgebundene Kopfhörer wegen aptX Lossless nicht aussterben werden.
Unbekannt ist momentan auch noch, ob bereits vorhandene und mit derzeit aktuellem Bluetooth ausgerüstete Quellengeräte für aptX Lossless genutzt werden können, oder ob neue Hardware erforderlich sein wird. Mit Sicherheit werden aber neue Bluetooth-Kopfhörer oder -Lautsprecher erforderlich sein, denn Qualcomm spricht davon, dass erste Geräte mit aptX-Lossless-Support Anfang 2022 in den Handel kommen sollen.
Apple-User haben davon erst mal nichts, denn iDevices und AirPods unterstützen ohnehin kein aptX, sondern nur Apples AAC-Protokoll. (Nur Macs unterstützen auch aptX.) Dass Apple aptX Lossless in künftigen Devices implementieren wird, ist äußerst unwahrscheinlich. Es bleibt also abzuwarten, bis Apple eine ähnliche Lossless-Technik mit AAC-Protokoll einführen wird. – Und das kann Jahre dauern.
Guter Klang, aber niemals verlustfrei. Die AirPods Max.FazitWie bei der Umstellung von Apple Music auf Lossless plus HiRes-Angebot ändert sich unter dem Strich für Nutzer erst mal nicht viel. Die Mehrheit der Verbraucher ist schon mit normalem aptX, AAC oder sogar SBC zufrieden. Für Nutzer mit höherem Klanganspruch ist es dennoch eine gute Nachricht, dass Qualcomm die Limitierungen von Bluetooth minimiert und um eine Steigerung der Qualität bemüht ist. Zumal dank immer größer werdender Lossless-Angebote der Streaming-Dienste der Ruf danach auch bei Normalanwendern immer lauter wird.
Wie bei der Einführung des Lossless-Angebots Spotify HiFi im vergangenen März (siehe Ergänzende Artikel unten), welches dazu führte, dass auch Apple einige Monate später eine höhere Streaming-Qualität einführte, sollte auch aptX Lossless für Apple ein Weckruf sein, das AAC-Protokoll entsprechend aufzubohren.