REWIND erklärt: So wichtig sind Gehäuse bei Lautsprechern für den Klang (am Beispiel der Yamaha NS-5000)
Gehäuseresonanzen – Gift für den KlangNur noch mal zur Erinnerung: Hier geht es nur um „herkömmliche“ Lautsprecher mit dynamischen Treibern und Gehäusen. Nicht um andere Bauarten, wie Elektrostaten, Magnetostaten, Rundumstrahler u.s.w. Auch nicht um Konstruktionsmerkmale wie Bassreflex, Transmission Line oder geschlossene Gehäuse. Es geht einzig und allein um die Bemühungen, Lautsprechergehäuse so resonanzarm und akustisch transparent wie möglich zu bauen, und warum das so schwer ist.
Ein Urahn der Yamaha NS-5000 ist das in den Siebzigern vorgestellte Modell NS-1000M. Ein typischer Drei-Wege-Lautsprecher seiner Zeit, dessen Bauform auch von vielen anderen Herstellern geteilt wurde und die bis in die späten Achtziger stilbestimmend für viele HiFi-Lautsprecher der gehobenen Klasse waren: Rechteckige, aufrecht stehende Kiste mit meist drei übereinander angeordneten Chassis. Prominente Beispiele wären die Magnat Mig Ribbon 10 oder auch die Technics SB-10, die zwar mit ihren weißen Flachmembranen aus der Rolle fiel, aber ebenfalls über die typische Kistenform verfügte.
Stehende WellenDer Vorteil der eckigen Bauform: Sie ist einfach und kostengünstig herzustellen, hat aber einige entscheidende Nachteile, die gutem Klang entgegenwirken. Da wären zunächst die parallel zueinander stehenden Flächen der Gehäusewände. Im Inneren der Box entstehen dadurch sogenannte stehende Wellen:
Tante Wiki sagt dazu:
„Eine stehende Welle, auch Stehwelle, ist eine Welle, deren Auslenkung an bestimmten Stellen immer bei Null verbleibt. Sie kann als Überlagerung zweier gegenläufig fortschreitender Wellen gleicher Frequenz und gleicher Amplitude aufgefasst werden.“ – Anders ausgedrückt: Zwischen den parallelen Gehäusewänden entsteht eine Eigenresonanz. Diese lässt die Gehäusewände mitschwingen, wodurch sie zu einer eigenen Schallquelle werden, die sich dem von den Treibern abgestrahlten Schall überlagert. Dadurch wird der Ton verfälscht. Ziel ist, dass ausschließlich die Schallwandler (die Membranen) Schall abstrahlen und sonst nichts.
Stehende Wellen zu vermeiden ist zumindest theoretisch ganz einfach. Man muss lediglich parallele Gehäusewände vermeiden. Und das ist auch der Hauptgrund, warum die meisten Lautsprecher gehobener Klassen heute keine einfache Kistenform mehr haben, sondern zum Beispiel lautenförmige Gehäuse (ursprünglich von
Sonus faber patentiert) oder nicht-parallel angeordnete flache Gehäusewände. Man kann auch im Inneren der Gehäuse asymmetrische Strukturen verbauen, die stehende Wellen unterbinden. Das alles hat jedoch zur Konsequenz, dass der Fertigungsaufwand und damit der Preis deutlich steigt. So ist es beispielsweise sehr aufwändig Holz (manchmal in Kombination mit anderen Materialien) in eine exakt definierte und formstabile Rundung zu biegen, wie es beispielsweise B&W es bei der 800-Serie macht.
Yamahas Ziel bei der Entwicklung der NS-5000 entsprang aller Wahrscheinlichkeit nach dem Wunsch der Marketingabteilung nach Lautsprechern mit einem gewissen Retro-Design der 70er/80er Jahre, das gerade schwer angesagt ist. Aber eine simple Kiste wie früher kann klanglich kaum mit modernen, aufwendigeren Gehäusekonstruktionen mithalten und die NS-5000 sollte ein Lautsprecher auf allerhöchstem Klangniveau nach heutigen Maßstäben werden. Daher bekämpft Yamaha das Problem der stehenden Wellen in den NS-5000 auf andere Weise und zwar mit speziell konstruierten Resonanzröhren im Inneren, „Acoustic Absorber“ genannt. Diese löschen stehende Wellen mit bestimmter Frequenz nahezu komplett aus, sodass sie die Gehäuse nicht in unerwünschte Schwingungen versetzen können. Und das funktioniert so:
Verstrebungen und VersteifungenEin anderes gängiges Mittel, um resonierende Gehäusewände zu vermeiden, ist, diese möglichst steif zu bauen und Material mit hoher innerer Dämpfung zu verwenden. Dem Forschungs- und Experimentiertrieb sind da nahezu keine Grenzen gesetzt. Manche Hersteller, wie beispielsweise
Magico, schöpfen dabei derart aus dem Vollen, dass ihre Lautsprecherkonstruktionen gerne mal ein sechsstelliges Preisschild haben. (Nicht
nur wegen der Gehäuse, aber zu einem sehr großen Teil.)
Relativ preisgünstig kann man innere Verstrebungen zur Versteifung anbringen. Ihr Nachteil: Sie kosten Platz und damit wertvolles Gehäusevolumen. Der Lautsprecher muss dadurch größer als eigentlich nötig gebaut werden. Yamaha hat deswegen bei der Konstruktion der NS-5000 auf Computerunterstützung zur Berechnung der bestmöglichen Versteifung mit minimalem Platzbedarf gesetzt. Herausgekommen sind innere Verstrebungen mit recht ungewöhnlicher Verteilung. Die NS-5000 sind zwar mit ihren Volumen von 65 Litern alles andere als kompakt, stellen aber annähernd die kleinstmögliche Größe für den Einsatz eines 30 cm Tieftöners in einer Drei-Wege-Konfiguration dar. Zumindest ohne andere akustische oder elektrische Tricks einzusetzen.