REWIND erklärt: So wichtig sind Gehäuse bei Lautsprechern für den Klang (am Beispiel der Yamaha NS-5000)
Sekundäre Klangbeeinflussungen durch GehäuseDie mehr oder weniger geschlossenen Boxen, in denen die Schallwandler eingebaut sind, haben noch andere negative Einflüsse auf den Klang als nur Eigenresonanzen. Der von den Membranen nach hinten abgestrahlte Schall wird reflektiert, trifft von hinten auf die Membranen und führt so zu Verzerrungen. Das betrifft alle Frequenzbereiche und damit alle eingesetzten Membranen, besonders aber die Mittel- und Hochtöner. Idealerweise sollte der nach hinten abgestrahlte Schall ins „Unendliche“ verlaufen, was in einer Box aber kaum möglich ist. Daher werden insbesondere Mittel- und Hochtöner in hochwertigeren Boxen oft in eigene kleine Gehäuse gebaut oder mit umschließenden Kammern versehen. Das verleiht ihnen nicht nur das für ihren Frequenzbereich passende Gehäusevolumen, sondern schützt sie zumindest von den Einflüssen der Bassmembrane(n). – Aber nicht vor sich selbst.
Zur Bekämpfung dieser rückwärtigen „Eigenbeschallung“ wird Dämmmaterial, zum Beispiel in Form von Wolle verwendet. Diese wandelt die rückwärtig abgestrahlte Schallenergie in Wärme um. Aber dummerweise wirkt so eine Bedämpfung wie eine akustische Bremse. Es wirkt ein Gegendruck auf die Membran, womit diese nicht wirklich „frei atmen“ kann. Als würde man durch einen teilweise verstopften Schnorchel atmen. Daher gilt gleichzeitig: je weniger Dämmmaterial, desto besser. Man muss also sehr gegensätzliche Eigenschaften unter einen Hut bringen und Kompromisse zwischen optimaler Bedämpfung und geringstmöglichem Gegendruck eingehen.
Diesem Problem will Yamaha in den NS-5000 mit speziellen Resonanzröhren hinter dem Mittel- und dem Hochtöner begegnen. Diese „R.S. Chamber“ genannte Konstruktion besteht aus einer Hauptkammer und zwei unterschiedlich langen Resonanzrohren, die den Schall quasi in eine Endlosschleife schicken und ihn sich selbst auslöschen lassen, ohne dabei Druckspitzen entstehen zu lassen.
FazitAllein an diesen wenigen Einzelkriterien ist ersichtlich, wie schwierig es ist, ein Lautsprechergehäuse so zu bauen, dass es so wenig wie möglich Eigenklang entwickelt und die Schallwandler nicht in ihrer Aufgabe behindert. Natürlich gibt es noch weitere beeinflussende Faktoren, wie zum Beispiel Beugungseffekte an Kanten (was bei der Yamaha offenbar nicht oder nur peripher berücksichtigt wird), die Auswirkungen der Schallwand durch ihre Fläche, oder zeitlicher Versatz durch räumlich getrennt verbaute Treiber in Mehrwege-Systemen. Die vielen Lösungsansätze unterschiedlicher Entwickler und Hersteller machen das Themengebiet Lautsprecher daher höchst abwechslungsreich und spannend. Auch weil immer wieder neue Innovative Ideen zum Vorschein kommen, wie im Falle der Yamaha NS-5000 die „R.S. Chamber“.
Wer jetzt allerdings glaubt, Yamaha habe mit den NS-5000 die kostengünstige Boxenbauweise der 70er/80er-Jahre mit moderner Technik zu einem erschwinglichen Preis wiederbelebt, den muss ich leider enttäuschen. Der Entwicklungs- und Materialaufwand, wozu auch der echte Klavierlack und die bislang nicht erwähnten neu entwickelten Membranen aus einem Material mit dem Sci-Fi-mäßigen Markennamen ZYLON gehören, ist offenbar ziemlich hoch. Somit kostet ein Paar schlappe 15.000 Euro – immerhin inklusive passender Standfüße. Im Handel sind die Lautsprecher voraussichtlich ab November.
Ob der Klang und die Verarbeitung diesen hohen Preis rechtfertigt, kann ich Ihnen derzeit nicht sagen, da ich die NS-5000 noch nicht gehört habe. Ich hoffe jedoch, dieser Artikel hat Ihnen zumindest einen kleinen Einblick in die Welt der Lautsprecherentwicklung und die damit verbundenen Herausforderungen gegeben.