Die komplette Medienlandschaft berichtet über eine Razzia gegen die Hintermänner von Kinox.to. Davon
betroffen sollen auch die Portale MyGully.com, boerse.sx, freakshare und bitshare sein. Kinox.to und die anderen Portale sind noch erreichbar – Stand 27.10.2014. Eine Stellungnahme der GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen), die die Razzia angeleiert haben sollen und der Staatsanwaltschaft Dresden gibt es noch nicht.
Bisher ist es unklar, ob die jeweiligen Server beschlagnahmt worden sind. Dies ist für die Nutzer der Portale aber die zentrale Frage, denn die Nutzer könnten nur dann rechtlich verfolgt werden, wenn den Ermittlungsbehörden die Server mit den sich darauf befindlichen IP-Adressen der Nutzer vorliegen würden.
Sollte eine Beschlagnahme stattgefunden haben, müssten theoretisch nur diejenigen Kinox.to Nutzer etwas befürchten, die innerhalb der letzten sieben Tage das Portal genutzt haben. Nach diesem Zeitfenster von sieben Tagen werden bei den Providern die IP-Adressen und die dazugehörigen Nutzer-Daten gelöscht.
Besteht die Gefahr, dass Kinox.to Nutzern nach der Razzia Abmahnungen ins Haus flattern?Wir schätzen die Gefahr aktuell als sehr gering ein, was verschiedene Gründe hat:
1. Es ist äußerst umstritten, ob das reine Betrachten eines Streaming-Angebotes überhaupt eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Die ganze Diskussion ist insbesondere nach der
redtube / U+C Massenabmahnwelle aufgekommen. Erstmalig mussten sich Gerichte mit der Frage auseinandersetzen, ob Streaming eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Davor handelte es sich lediglich um einen theoretischen Streit. Die herrschende Meinung der Rechtsprechung tendiert dazu, dass es sich um keine Urheberrechtsverletzung handelt.
Wenn man bspw. bei einem Freund, eine von ihm zur Verfügung gestellte Raubkopie eines Films betrachtet, begeht man keine Urheberrechtsverletzung. Das bloße Betrachten eines Films stellt schlicht und ergreifend keine Handlung dar, die eine Urheberrechtsverletzung begründet. Warum sollte dann das Betrachten eines Streaming-Angebotes eine Urheberrechtsverletzung darstellen? Weil kleine Teile des Films in den Zwischenspeicher des PCs geladen werden, damit der Film ruckelfrei abgespielt werden kann. Es handelt sich um eine flüchtige Vervielfältigung. Ob diese flüchtige Vervielfältigung eine Urheberrechtsverletzung darstellt, ist höchst umstritten. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH existiert noch nicht, so dass man die Frage noch nicht abschließend klären kann. Die Tendenz geht aktuell dahin, dass es sich nicht um eine Urheberrechtsverletzung handelt. In diesem Fall müssen die Nutzer weder eine zivilrechtliche noch eine strafrechtliche Verfolgung befürchten.
2. Die GVU soll hinter den Razzien stehen. Bisher ist die GVU nicht bekannt dafür, dass sie gegen die Nutzer solcher illegaler Dienste vorgeht, sondern gegen die großen Fische, die Betreiber.
3. Mit einer Streaming-Abmahnung lässt sich wesentlich weniger Schadensersatz „verdienen“ als bei Filesharing-Abmahnungen, bei einem gleich hohen Aufwand und der großen Ungewissheit, ob es sich überhaupt um eine Urheberrechtsverletzung handelt.
Wie teuer wäre eine Kinox.to Abmahnung?Im Gegensatz zum Filesharing, fallen bei einer Streaming-Abmahnung wesentlich geringere Schadensersatzforderungen an, da die urheberrechtlich geschützte Datei nicht von dem Streaming-Konsumenten verteilt wird. Der Schadensersatz bemisst sich hier nach den Kosten einer Kinokarte oder einer aktuellen DVD und dürfte somit bei 10,00 € bis 20,00 € liegen.
Die Anwaltskosten beliefen sich maximal auf 124,00 € bis 169,50 €. Hinzu könnten noch Ermittlungskosten kommen. Dementsprechend dürfte sich der Gesamtschadensersatz auf 150,00 € bis 250,00 € belaufen.
Freakshare – One-Click-HosterEine wesentlich größere Gefahr besteht für die Nutzer des One-Click-Hoster Freakshare. Das Herunterladen eines Films über Freakshare stellt eindeutig eine Urheberrechtsverletzung dar. Grundsätzlich ist die Abmahngefahr für
One-Click-Hoster Nutzer sehr gering, da man die IP-Adressen der Nutzer in der Regel nicht legal ermitteln kann. Einzige Ausnahme, der Server von Freakshare oder anderen One-Click-Hostern wird im Rahmen einer Razzia beschlagnahmt und zeitnah ausgewertet. Genau dieses Szenario scheint aktuell eingetreten zu sein.
Jedoch sind auch in diesen Fällen die Schadensersatzforderungen wesentlich geringer als bei den Fielsharing-Fällen, da auch hier nur ein reiner Download und kein Upload stattfindet. Die Gesamtschadensersatzforderungen dürften sich hier pro Film ebenfalls auf 150,00 € bis 250,00 € belaufen. Eine strafrechtliche Verfolgung der Nutzer wird wegen Geringfügigkeit sehr wahrscheinlich nicht durchgeführt. Es erhalten inzwischen ja noch nicht einmal die Filesharing-Nutzer eine Strafanzeige und hier wurden Daten an Dritte bewusst / unbewusst verteilt.
FazitDie Kinox.to Nutzer haben aller Voraussicht nach wenig bis gar nichts zu befürchten. Bei Usern von One-Click-Hostern ist die Gefahr wesentlich höher, sofern sich bewahrheiten sollte, dass bspw. die Server von Freakshare beschlagnahmt worden sind. Wir können allen Nutzern nur abraten, die Dienste und Portale zu verwenden, da diese aktuell unter besonderer Beobachtung stehen. Wer überhaupt kein Risiko und der Abmahngefahr entgehen will, sollte die Finger von dubiosen Streaming-Portalen lassen und ausschließlich legale Dienste verwenden. Als Faustregel gilt, kein kommerziell orientierter Rechteinhaber würde insbesondere seine aktuellen teuren produzierten Filme und TV-Serien kostenlos per Streaming zur Verfügung stellen, insbesondere wenn der Film gerade erst im Kino angelaufen ist. Daher Finger weg von solchen Portalen.
RA Tobias Röttger, LL.M.
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