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Recht auf Vergessen – wann ein Löschantrag bei Google Aussicht auf Erfolg hat

Daten, Daten, überall wo hin man schaut. Im Zeitalter des Internets und der sozialen Netzwerke hinterlässt fast jeder zahlreiche Daten, Kommentare, Bilder, usw. im Internet. Daneben werden noch von Dritten, ob in Internet-Zeitungen, Blogs, Foren oder Homepages, wahre und falsche Tatsachen, Meinungen und Bilder von einem verbreitet. Zusätzliche Brisanz bekommt diese Entwicklung durch die „gute“ Arbeit der zahlreichen Suchmaschinen, allen voran durch den Riesen Google.

Das auf irgendeinem kleinen Blog, den kaum einer liest, eine Information über eine Person steht, ist in der Regel nicht das große Problem, sondern dass jeder, der nach der Person sucht, durch die Suchergebnisse der Suchmaschinen erst auf den Artikel mit den darin enthaltenen Informationen gestoßen wird. Man muss nur noch den Namen einer Person in eine Suchmaschine eingeben und in wenigen Sekunden erhält man Links zu diversen Seiten, auf denen die Person erwähnt wird. Das ist nicht immer im Interesse der gesuchten Person, insbesondere wenn es sich um Inhalte handelt, die die Person nicht im besten Licht dastehen lässt.

Gegen falsche Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen konnte man bisher schon immer vorgehen. Problematisch ist es bei den Äußerungen, die der Wahrheit entsprechen und die trotzdem für den Betroffenen unangenehm oder sogar geschäftsschädigend sind. Genau mit dieser Situation setzt sich das aktuelle viel zitierte und diskutierte Urteil des EuGH „Recht auf Vergessen“ auseinander.

Recht auf Vergessen im Internet

Mit Urteil vom 13.05.2014, Az.: C-131/12, hat der EuGH klargestellt, dass es ein „Recht auf Vergessen“ im Internet gibt. Suchmaschinenbetreiber müssen – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind - die streitgegenständlichen Beiträge in den Suchergebnissen ihrer Trefferlisten löschen. Um dies zu erreichen, muss ein entsprechender Antrag auf Löschung und Entfernung personenbezogener Daten gestellt werden.

Wann hat ein Löschantrag Aussicht auf Erfolg?

Aber nicht jeder Antrag ist erfolgsversprechend. Im Rahmen einer konkreten Interessenabwägung im Einzelfall muss geklärt werden, ob die öffentlich zugängliche Abrufbarkeit der Information über die betreffende Person zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vom Informationsinteresse der Allgemeinheit gedeckt ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann besteht ein Löschungsanspruch. Dafür müssen aber bestimmte Kriterien erfüllt werden. Die wichtigsten Kriterien sind:

Verletzung des Persönlichkeitsrechts
durch personenbezogene Daten

Es muss sich um personenbezogene Daten handeln, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen. Dies kommt oft bei Aussagen über frühere (unliebsame) politische, berufliche oder gesellschaftliche Aktivitäten in Betracht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Aussagen und Ausführungen über die betroffene Person in einem Bericht / Artikel wahr oder unwahr sind. Bei unwahren oder diffamierenden Äußerungen kann immer auch gegen den Äußernden persönlich vorgegangen werden. Aber selbst eine ursprünglich rechtmäßige Verarbeitung sachlich richtiger Daten kann im Laufe der Zeit unrechtmäßig werden, wenn die Daten in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der verstrichenen Zeit, den Zwecken, für die sie verarbeitet worden sind, nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen. Nur besondere Gründe, beispielsweise die Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben, rechtfertigen ein überwiegendes Interesse der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu diesen Informationen.

Zeitliche Komponente

Im Urteil des EuGH war der streitgegenständliche Artikel aus dem Jahre 1998. Anträge, die sich auf ältere Artikel oder Inhalte beziehen, haben daher größere Aussicht auf Erfolg, als Anträge, die sich auf „jüngere“ Inhalte beziehen. Es bleibt aber fraglich, auf welche Jahreszahl im konkreten Fall abzustellen ist. Eigentlich kann es ja nur darauf ankommen, wie lange das Ereignis, über das berichtet wird, zurückliegt. Dann ist die zeitliche Komponente erfüllt. Nach unserer rechtlichen Einschätzung ist jedenfalls diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Artikel einige Jahre alt ist.

Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben

Personen des öffentlichen Lebens müssen sich mehr gefallen lassen als Personen, die keinen Bekanntheitsgrad aufweisen. Wie genau der EuGH das Kriterium „Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben“ definiert, ist derzeit noch komplett unklar. Unserer Ansicht nach ist dies ausschließlich der Fall bei „Prominenten“, die eine hohe Bekanntheit in der gesamten Bevölkerung genießen.

Erheblichkeit der Inhalte und Aussagen für das öffentliche Informationsinteresse

Für dieses Kriterium kommt es jetzt auf die konkrete Abwägung im Einzelfall an. Wenn Informationen überhaupt nichts mehr mit ihrer heutigen Tätigkeit zu tun haben, sind diese unerheblich und es besteht grundsätzlich ein Löschungsanspruch. Anders wohl nur, wenn sich die betreffende Person – und sei es nur sporadisch – weiterhin in der über sie berichteten Tätigkeit engagiert.

Konkretes Vorgehen gegen Suchmaschinenbetreiber

Wenn die vorgenannten Kriterien erfüllt sind, dann ist ein Antrag auf Löschung hinreichend erfolgsversprechend. Die streitgegenständlichen Beiträge dürfen dann nicht mehr in den Suchergebnissen der Trefferlisten erscheinen. Es kann daher ein Antrag auf Löschung direkt bei den Suchmaschinenbetreibern gestellt werden. Alternativ kann der Suchmaschinenbetreiber durch anwaltliches Schreiben unter Fristsetzung zur Löschung der Beiträge aufgefordert werden. Wenn sich der Suchmaschinenbetreiber weigert, die Links zu löschen, muss die Ablehnung schriftlich begründet werden. Gegen die ablehnende Entscheidung besteht sodann die Möglichkeit, den bestehenden Anspruch im Wege einer Klage durchzusetzen. Meldet sich der Suchmaschinenbetreiber überhaupt nicht zurück, kann ebenfalls Klage eingereicht werden.

Recht auf Vergessen – Fazit

Ein Vorgehen gegen die Suchmaschinenbetreiber erscheint immer dann aussichtsreich, wenn es um personenbezogene Inhalte geht, die schon einige Jahre alt sind und man keine Person des öffentlichen Lebens ist. Allerdings muss immer auch eine Abwägung im konkreten Einzelfall erfolgen. In allen Fällen der juristischen Abwägung kann nicht mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden, wie die Fälle letztlich entschieden werden. Die Kriterien, die der EuGH in seiner Entscheidung aufgestellt hat, müssen jetzt durch die nationalen Gerichte konkretisiert werden.

RA Tobias Röttger, LL.M.
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