Revolution! Nikon teasert spiegellose Vollformatkamera – Steht das endgültige Ende der DSLR-Ära bevor?
Fast genau 9 Jahre ist es her, dass Olympus mit der Pen E-P1 die erste
echte digitale Systemkamera ohne Klappspiegel (auch CSC genannt; Compact System Camera) auf den Markt brachte und damit dem Markt für Foto-Kameras nach dem ersten Digital-Hype neuen Schwung verlieh. Der Wegfall des Spiegelgehäuses mit optischem Prismensucher und dedizierten Sensoren für Autofokus und Belichtung ermöglichte einen leicht geänderten Objektivanschluss mit geringerem Auflagemaß, was nicht nur zu kleineren Kameragehäusen führte, sondern auch kompaktere und leichtere Objektivkonstruktionen ermöglichte. Erst dieses „Micro Four Thirds“ genannte Format brachte die Vorteile des „Four Thirds“ Sensors, den Olympus schon längere Zeit favorisierte, richtig zur Geltung.
Andere Hersteller, die unterschiedliche Sensorformate bis hin zum klassischen Kleinbildformat (24x36 mm, auch Vollformat genannt) favorisierten, folgten dem Beispiel im Laufe der folgenden Jahre mit eigenen spiegellosen Kamera-Konzepten. Vor allem Sony gelang später mit seinen Mirrorless-Vollformat-Kameras der Alpha-Serie der Einstieg in den Profi-Markt (womit primär die Sport- und Reportagefotografie gemeint ist), den sich bis dato praktisch ungestört Canon und Nikon teilten – und zwar mit traditionellen Klappspiegel-Kameras (auch DSLR genannt; Digital Single Lens Reflex).
Es gab mehrere Gründe, warum DSLRs trotz der so offensichtlichen Vorteile spiegelloser Kameras weiterhin den Profi-Sektor dominieren und nicht einfach von der Mirrorless-Schwemme fortgespült wurden:
- 1. CSCs haben keinen optischen TTL-Sucher (Through The Lens) und müssen auf elektronisch erzeugte Sucherbilder (EVF; Electronic View Finder) zurückgreifen. Die waren anfangs den optischen Suchern in vielerlei Hinsicht deutlich unterlegen und in gewissen kritischen Situationen kein diskutabler Ersatz.
- 2. Zunächst gab es für CSCs keine aus DSLRs bekannten Phasen-AF-Sensoren, die besonders schnelles Fokussieren und kontinuierliche Motivverfolgung ermöglichen. Die bis dato für CSCs eingesetzte Kontrast-Messmethode war lange Zeit hoffnungslos unterlegen. Zwar sehr präzise, aber zu langsam und für die Verfolgung bewegter Motive ungeeignet.
- 3. Das relativ kleine Micro Four Thirds Sensorformat (nur etwa ein Viertel der Fläche von Vollformat) hatte und hat insbesondere im Profi-Markt keine relevante Bedeutung. Dieser verlangt primär nach Vollformat, doch erste CSCs mit solchen Sensoren tauchten erst Jahre später auf.
- 4. Die meisten der frühen CSCs waren eher auf Kompaktheit und z.T. auf Retro-Schick denn auf fotografische Ergonomie ausgelegt und damit bedienungstechnisch im Pro-Sektor kaum zu gebrauchen. Erst spätere Modelle, wie die Olympus OM-D E-M1 brachten die typische SLR-Ergonomie in Mirrorless-Gehäuse.
Inzwischen hat sich technologisch viel getan. Es gibt heute elektronische Sucher von so guter Qualität und Auflösung, dass das optische Prinzip mit „natürlicher“ Sicht kaum noch nennenswerte Vorteile bietet. EVFs hingegen haben viele nützliche Eigenschaften, die kein analoger optischer Sucher bieten kann.
Auch bei den Autofokus-Sensoren sieht die Welt neun Jahre nach der E-P1 ganz anders aus. Inzwischen gibt es viele CSCs, die Phasen-AF-Sensoren direkt auf dem Sensor besitzen, wodurch nicht nur die Geschwindigkeitsnachteile beseitigt wurden. Durch die Unterbringung der AF-Sensoren auf der Sensorebene entfallen die von SLRs bekannten Fokus-Abweichungen, die aufwendig per Messaufnahmen und Software für jedes Objektiv kompensiert werden müssen.
Spiegellose Kameras mit Vollformatsensoren gibt es inzwischen von verschiedenen Herstellern. Allen voran Sony hat sehr viel Geld und Forschung in solche Kameras gesteckt. Der Lohn dafür ist, dass der Elektronikmulti seinen japanischen Kamera-Wettbewerbern Nikon und Canon inzwischen bedeutende Marktanteile abluchsen konnte und in den USA Nikon schon
von Platz 2 verdrängen konnte.