Die Entwicklung lag irgendwie auf der Hand und dennoch ist es ein kleines Wunder, dass Apple diesen Weg gegangen ist. Spätestens mit der Vorstellung des iPad Pro M4 war klar, dass mobile Devices inzwischen eine Performance bieten, die für die allermeisten Aufgaben des täglichen Bedarfs – sei es Arbeit, Medienkonsum oder Gaming – mehr als nur ausreichend sind. Das iPad Pro M4 ist etwas überspitzt ausgedrückt eine Art Supercomputer in Tablet-Form. Aber es ist mit seinem Bedienkonzept und iPadOS eben kein Mac.
Und was zeichnet das iPad außer seiner Bauweise mit Bildschirm-Bedienung noch aus? Es ist unglaublich Energie-effizient und als rein Akku-betriebenes Device natürlich lüfterlos. Etwas, das es bei Desktop-Computern seit Ende der Heimcomputer Ära mit Sinclair ZX80, Commodore C64 oder Atari ST praktisch nicht mehr gegeben hat. – Mit wenigen speziellen Ausnahmen vielleicht, aber praktisch jeder PC und Mac wurde seit dem mit mehr oder weniger lauten und lästigen Miefquirls verkauft.
Zugegeben: Mein Mac Studio M1 Ultra ist trotz des verbauten Lüfters schon recht leise. Aber eben nicht komplett unhörbar, weshalb er als Heimserver in ruhiger Wohnumgebung (oder gar im Schlafzimmer) nicht sonderlich geeignet ist. Mal davon abgesehen, dass ein Mac Studio für viele private Server-Anwendungen auch irgendwie oversized ist.
Ein andere unschöne Eigenschaft von Lüftern ist die Tatsache, dass es Verschleißteile sind, die die Reparaturanfälligkeit erhöhen. Und sie saugen über die Jahre immer mehr Staub ins Gehäuse. Das hat zwar nur selten handfeste negative Auswirkungen auf den Betrieb, aber unschön ist es trotzdem. Ein letzter kleiner Nachteil ist, dass Lüfter zusätzlich Strom verbrauchen. Nicht viel vielleicht, aber der Energie-Effizienz insgesamt ist es dennoch abträglich. Mobile Devices á la iPhone oder iPad haben mit all diesen Problemen nicht zu kämpfen.
Die Leistung eines iPad Pro M4 liegt locker auf dem Niveau guter Notebooks und sogar teilweise über der vieler Desktop-Computer. Also was wäre, wenn man die Hardware eines iPad Pro einfach in ein kleines Gehäuse packt, Display und Akku weglässt, stattdessen ein kleines Netzteil und ein paar zusätzliche Schnittstellen integriert und macOS drauf laufen lässt? Et voilà: wir haben einen
neuen Mac mini. Natürlich war es im Detail sicher nicht ganz so simpel, aber Kernelemente der Hardware teilen sich die Systeme auf jeden Fall.
Nur leider wurde zugunsten einer maximaler Performance und trotz der Energie-Effizienz beim neuen Mac mini auf eine Sache nicht verzichtet: ein Lüfter ist nach wie vor an Bord. Zumindest scheint es nach derzeitiger Beobachtung so zu sein, denn Apple spricht zwar in seiner Vorstellung eindeutig von einer „innovative thermal architecture“ und einem optimierten Luftfluss durch den Gerätefuß, aber das Wort „Lüfter“ oder „Fan“ auf englisch wird nie erwähnt. Ebensowenig wie "aktive" Kühlung. In den Grafiken ist auch kein drehender Propeller zu erkennen, höchstens zu erahnen, doch das Prinzip lässt einen Lüfter vermuten. Ob es vielleicht doch eine passive "Heat Pipe" ist, erfahren wir in Kürze, wenn die Auslieferung beginnt.
Ein Lüfter wäre insofern schade, weil der geringe Energieverbrauch des Mac mini ein passive, geräuschlose Kühlung wohl möglich gemacht hätte. Aber Performance-Bedenken und mögliches Power-Throttling wollte man wohl nicht in Kauf nehmen. Jetzt muss abgewartet werden, ob und wie deutlich die Kühlung des mini in der Praxis hörbar sein wird.
Abgesehen von diesem kleinen Downer sorgt eine andere Designentscheidung für Diskussionsstoff, die mich persönlich weniger kratzt. Die Power-Taste sitzt jetzt an der Unterseite. Ob das in der Praxis wirklich stört, dürfte hauptsächlich davon abhängen, ob man den Mac mini eher wie ein Notebook nur in Standby versetzt, oder ihn jedes Mal nach getaner Arbeit herunter fährt. Bei den bislang bekannt gewordenen Daten zum Stromverbrauch werden vermutlich nur noch wenige so konsequent sein und dem Mac immer abschalten, wenn er nicht benutzt wird. Und vielleicht ist die Taste ja auch gar nicht so schlecht zu erreichen, obwohl sie sogar am hinteren Ende positioniert wurde. Die Praxis wird es zeigen.
Das Lüfter-Thema treibt mich persönlich mehr um, denn der neue mini bietet sich mehr denn je dafür an, als Heimserver im 24/7-Betrieb eingesetzt zu werden. Er schreit auch geradezu danach, als Roon-Server eingesetzt zu werden. Genau das werde ich demnächst ausführlich ausprobieren, sobald der Mac mini M4 eintrifft.
Fazit: Dieser mini ist maximal geilIch will den praktischen Erfahrungen mit dem neuen Mac mini M4 nicht vorgreifen. Wer weiß, ob und was sich im täglichen Betrieb noch als Nachteil herauskristallisieren mag. Doch ich bin zuversichtlich, dass Apple hiermit vielen Nutzern einen lang gehegten Traum erfüllt: ein bezahlbarer, völlig ausreichend potenter, super kompakter und hoffentlich extrem leiser Mac mit so geringem Stromverbrauch, dass er 24/7 in Betrieb bleiben kann, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen oder von der Stromrechnung erschlagen zu werden.
Von mir ein lautes „Dankeschön!“ über den großen Teich an Apple für die umfassenden Verbesserungen des
Mac mini. Nach so vielen Jahren ohne gravierende Änderung des Konzepts wurde es allerdings auch mal Zeit.