Sechs Gründe, warum Smartphones nach wie vor kein Ersatz für richtige Kameras sind
Nummer 2: Die BlendeDie Blende ist eine mehr oder weniger große Öffnung, mit deren Hilfe der Lichtdurchlass durch das optische System (Objektiv) kontrolliert wird. Fotografische Blenden sind meist durch mehrere Lamellen variabel im Durchmesser. Mit der Größe der gewählten Blendenöffnung werden vorwiegend zwei Parameter beeinflusst: Die Belichtungszeit und die Tiefenschärfewirkung. In Smartphones gibt es ebenfalls eine Blende im Objektiv, doch die ist praktisch ausnahmslos nicht variabel und entspricht der größtmöglichen Blendenöffnung für das jeweilige optische System, um eine möglichst hohe Lichtstärke zu gewährleisten. Das heißt, auf die zuvor genannten Parameter Belichtungszeit und Tiefenschärfe kann man mithilfe der Blende keinen direkten Einfluss nehmen. Dabei ist die Blende eines der wichtigsten Werkzeuge überhaupt in der Fotografie.
Lamellenblende mit variabler Öffnung (Bildquelle: Wikipedia)
Beispiel: Um absichtlich einen Verwischeffekt in bewegten Motiven zu erzeugen, muss die Belichtungszeit verlängert werden. Längere Belichtung bedeutet aber mehr Licht und das muss, um am Ende kein überbelichtetes Bild zu erhalten, durch Abblenden kompensiert werden. Die Blendenöffnung wird dazu verkleinert – was bei Smartphones aber nicht geht.
Um dem Nutzer einen gewissen Einfluss auf den anderen genannten Parameter Tiefenschärfewirkung zu geben, haben sich die Smartphone-Hersteller einen aufwendigen Trick einfallen lassen, den man beispielsweise in den iPhones mit doppelter Linse nutzen kann. Im Portraitmodus wird durch den Einsatz der beiden eingebauten Objektive und per Gesichtserkennung ermittelt, was Motiv und was Hintergrund ist (oder nach Meinung der Software zu sein scheint). Dann wird eine Maske erzeugt, um das Hauptmotiv vom Hintergrund zu separieren und der Hintergrund mittels Unschärfefilter weichgezeichnet. Im Ergebnis wird dadurch das sogenannte
Bokeh erzeugt, was dann in etwa so aussieht, als wäre das Bild mit großer Blendenöffnung und längerer Brennweite (und mit größerem Sensor) entstanden. Der Effekt des iPhone Portrait-Modus (und vergleichbarer Lösungen in anderen Smartphones) ist bei genauerer Betrachtung aber noch stark verbesserungswürdig und kann mit der echten optischen Tiefen(un-)schärfewirkung nicht mithalten.
Über die Blende, Brennweite und den Abstand zwischen Vorder- und Hintergrund lässt sich die Tiefenschärfe steuern und damit das sogenannte Bokeh erzeugen. Das Hauptmotiv wird dadurch deutlicher vom Hintergrund abgehoben, auch wenn dieser in etwa dieselbe Farbe hat. Im Ergebnis sieht das plastischer und dreidimensionaler aus, als wenn von nah bis fern alles dieselbe Schärfe hätte. Smartphones sind hier prinzipbedingt stark im Nachteil, was auch durch Software-Tricks wie Apples Portrait-Modus nicht gänzlich kompensiert werden kann. Aufnahmedaten: OLYMPUS E-M1 mit M.12-40mm, Brennweite 80mm (KB), 1/1600s, f/2,8
Das Gegenteil, also eine möglichst weite Tiefenschärfe von nah bis fern, ist mit Smartphones hingegen leicht zu erzeugen. Das liegt an den sehr kleinen Sensoren. Stark vereinfacht erklärt kann man sagen, dass kleine Sensoren immer eine große Tiefenschärfe erzeugen. Wenn das Gegenteil gewünscht ist, man also Motiv und Hintergrund optisch voneinander trennen möchte, sind Smartphones prinzipbedingt nur sehr schlecht geeignet. Das ist auch der Grund, warum sich die Hersteller überhaupt erst so aufwendige Software-Gimmicks wie den zuvor beschriebenen Portrait-Modus einfallen lassen müssen.