Um das gleich am Anfang klarzustellen: Ich habe keine Glaskugel und weiß natürlich nicht, was die Zukunft noch alles bringen wird. Ich kann nur spekulieren, wie jeder andere auch und habe keinen Zugriff auf den Stein der Weisen. Als langjähriger Markbeobachter kann ich aber (wie alle anderen, die sich damit beschäftigen) eine Einschätzung abgeben. Und genau das tue ich hier.
Es geht um das iPhone, oder genauer gesagt um das Smartphone als Gesamtkonzept und welche Rolle Apple in Zukunft auf diesem Gebiet spielen kann.
Die Prämisse: Als Apple vor erst 13 Jahren mit dem ersten iPhone die Welt der Mobiltelefone auf den Kopf stellte, wusste noch niemand, DASS Apple gerade die Welt der Mobiltelefone auf den Kopf stellte. Nicht wenige glaubten zu dem Zeitpunkt sogar, das iPhone wäre eine Totgeburt und Eintagsfliege. Die Argumente sind hinreichend geschichtlich dokumentiert.
Doch es kam anders und das iPhone war eine Zeitlang der Goldstandard für die Mobilkommunikation, was es primär der gelungenen Kombination aus virtueller Tastatur mit „großem“ Display, und der grundlegend neu für Touchbedienung entwickelten Oberfläche zu verdanken hatte. Die war so überzeugend, dass die Konkurrenz innerhalb weniger Jahre alle wesentlichen Designparameter der Hard- und vor allem Software genauestens kopierte. Das führte langfristig dazu, dass sich Smartphones – egal von welchem Hersteller – heute nur noch geringfügig in ihrer Grundfunktionalität unterscheiden. Sie alle arbeiten mit großflächigen Touch-Displays und haben fast ausnahmslos flache, rechteckige Gehäuse, sowie einen sehr ähnlichen Funktionsumfang (Kamera, Bluetooth, Entsperrung per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung etc.). Die Unterschiede liegen eher in der jeweiligen Philosophie, wie die Benutzeroberfläche im Detail funktioniert.
Wer iPhone- und wer Android-User wird – die beiden einzigen noch relevanten Smartphone-Plattformen – entscheidet sich meist durch Prägung oder Gewohnheit. Kids, die in einer „Android-Familie“ aufwachsen werden mit einiger Sicherheit auch zu Android-Usern, und umgekehrt wird jemand, der von Anfang an iOS gewohnt ist, nur selten zu Android wechseln. Natürlich gibt es Ausnahmen, beispielsweise, wenn aus finanziellen Gründen nur ein günstigeres Android-Smartphone in Frage kommt.
Der Punkt ist, dass Smartphones heute auf einem Niveau angekommen sind, an dem technische Entscheidungskriterien eigentlich nur noch eine untergeordnete Rolle spielen (sollten). Auch der Reifegrad der Software, die Leistung der Hardware und der Funktionsumfang können eigentlich kein ernsthaftes Kriterium für die Bevorzugung der Einen oder Anderen Plattform sein, es sei denn, man legt auf gewisse Details besonders hohen Wert. Und natürlich spielt auch Markenaffinität eine Rolle, auch wenn nur wenige das offen zugeben würden.
Die Frage ist: Was könnten Smartphones in Zukunft noch großartig bieten, um mehr als nur ein beliebiger Alltagsgegenstand zu sein?
Ohne revolutionäre neue technologische Entwicklungen, die derzeit nicht absehbar sind, ist die Smartphone-Entwicklung in rein evolutionärer Weiterentwicklung gefangen. – So wie das Auto, das trotz aller Prognosen und Versuche immer noch nicht fliegen kann.
Es gab in der Vergangenheit viele Ansätze, beispielsweise das Lenkrad neu zu erfinden, was zu kuriosen Versuchsfahrzeugen mit Joystick-Steuerung führte, die sich natürlich nicht durchgesetzt haben. Immerhin gibt es bei der Automobilität zumindest die Hoffnung auf echte selbstfahrende Vehikel, doch auch die sind mangels ausgereifter Technik derzeit noch Zukunftsmusik. Und Smartphones?
In Science-Fiction-Filmen und -Serien haben Kommunikationsgeräte oft beeindruckende Fähigkeiten, wie holografische Displays, die vor dem Gesicht des Anwenders schweben, oder sie sind als kybernetische Implantate mit dem Gehirn verbunden und projizieren Informationen direkt auf die Netzhaut ihres Trägers. Ob solche Entwicklungen praktisch wirklich sinnvoll wären, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Wer will sich schon alle ein bis zwei Jahre das neuste Neuro-iPhone in den Kopf implantieren lassen oder halbtransparente und von allen umstehenden sichtbare Hologramme durch die Gegend tragen? Ganz zu schweigen davon, dass die technischen Voraussetzungen für derartige Fähigkeiten heute reine Fiktion sind.
Wie sich die Macher der Sci-Fi-Serie "The Expanse" Smartphones und Tablets der Zukunft vorstellen.
Alles deutet darauf hin, dass Smartphones auf unbestimmte Zeit keine wirklich bahnbrechenden Veränderungen erfahren werden. Natürlich ist es auch gut (und wichtig), die heute verfügbaren technischen Möglichkeiten so weit wie möglich auszuschöpfen und vor allem die Benutzbarkeit aller Features weiter zu verbessern. Entwicklungen, wie das Smartphone als Autoschlüssel (oder für alle anderen persönlichen Zugänge), oder zur "Schwarmintelligenz" dank Nahbereichskommunikation (zur Verbesserung der Verkehrssicherheit oder COVID-Tracing…) bergen leider auch viel Konfliktpotential, denn sie machen den Nutzer immer gläserner. Überhaupt: So verlockend die fortschreitende Vernetzung und Interaktion mittels Smartphone auch sein mag, ist sie auch der Stoff, aus dem Dystopien entstehen.
Zur Ehrenrettung: Die Apple Watch war zweifellos eine deutliche und auch erfolgreiche Ergänzung des Smartphone-Konzepts. Wenn auch nicht im gleichen Maße revolutionär.
Als eher optimistisch eingestellter Mensch freue ich mich auf jede noch so kleine Weiterentwicklung und vertraue darauf, dass zumindest in den freien Teilen der Welt die Gesellschaft für ausreichende Regulierungen in Sachen Privatsphäre und Individualität sorgen wird. Für eine echte
neue Smartphone-Revolution sehe ich derzeit aber schwarz.
Was heißt das für Apple?So wie sich mir die Lage darstellt, gibt es im Kampf der (Betriebs-) Systeme, in dem eigentlich nur noch iOS und Android eine Rolle spielen, für Apple keinen anderen Weg zum langfristigen Überleben, als weiter auf seine längst bekannten Kernkompetenzen zu setzen: Exklusivität, ausgereifte Benutzbarkeit statt Schnellschuss-Funktionen und vehemente Verteidigung der Privatsphäre seiner Nutzer – soweit das eben möglich ist. Nur so wird Apple einen ausreichend großen Marktanteil behalten können, um seine enorme Profitabilität beibehalten zu können.
Natürlich hoffe ich, dass Apple (oder sonst jemand) vielleicht doch noch mal ein alles veränderndes Kaninchen aus dem Hut zaubern wird, aber der Spruch
„Das Rad kann nicht jeden Tag neu erfunden werden“ kommt nicht von ungefähr. Und so werden Smartphones in den kommenden Jahren wohl auch weiterhin nur Business As Usual sein. Was so viel bedeutet, wie: Alle paar Jahre, wenn der Akku aufgibt oder die Hardware mit den Software-Anforderungen nicht mehr mitkommt, wird ein neues Smartphone gekauft, das dann gerade aktuell ist. – Genau so, wie in vielen anderen technologischen Bereichen. Klingt irgendwie ernüchternd, aber Smartphones sind nun mal Alltäglich geworden.
Absehbare Hardware-Verbesserungen für Smartphones in den nächsten fünf bis zehn Jahren:- Display mit Micro-LED
- Bis zu 50 % mehr Akku-Kapazität bei kürzerer Ladezeit
- Kameras mit deutlich verbesserten 3D-Fähigkeiten dank Lidar und optimierten Computational-Photography-Features
- Einsatzmöglichkeit als vollwertiger Desktop-Computer dank hoher Hardwareleistung und mittels Wireless-Connectivity für Monitore etc.
- Smartphone als universeller „Schlüssel“ sowie zur Eigentumssicherung mittels Smart Tags
Wie lautet Ihre Prognose für die Smartphone-Zukunft? Haben Sie noch Hoffnung auf das „Next Big Thing“? Erwarten sie eine neue Smartphone-Revolution? Oder sind Sie zufrieden mit dem jährlichen Turnus der jeweils nächsten Gerätegeneration?