Spiegelreflexkameras, also solche mit einem Klappspiegel, optischem Sucher und dedizierten AF-Sensor, hatten bislang in manchen Bereichen klar die Nase vor der Konkurrenz der spiegellosen Kameras (CSC). Zu den Vorteilen zählen Dinge, wie der absolut verzögerungsfreie optische Sucher, der ein sehr natürliches Abbild der Szene zeigt, sowie der Umstand, dass bisherige CSCs in Sachen Motivverfolgung mit dem Autofokus nicht ganz mithalten konnten.
Doch auch wenn spiegellose Kameras bisher nicht in allen Bereichen mit SLRs auf Augenhöhe waren, sind doch allein ihre theoretischen Vorteile so übermächtig, dass eigentlich jeder Kamerahersteller seine Entwicklung mit Volldampf in diese Richtung treiben sollte. Hier nur ein paar Vorteile spiegelloser Kameras:
- Kein mechanisch bewegter Spiegel (weniger Kosten, weniger potentiell anfällige Mechanik, keine mechanische Begrenzung der Serienbildgeschwindigkeit)
- Ein dedizierter AF-Sensor entfällt; der Bildsensor übernimmt die Aufgabe, dadurch auch kein Front/Back-Focus mehr
- Objektive können wegen des fehlenden Spiegels näher an den Sensor und damit etwas kleiner und leichter konstruiert werden.
- Elektronische Sucher zeigen das Bild so wie es aufgenommen wird, können komplexe Daten wie Histogramme einblenden, hellen das Bild bei Dunkelheit auf, können Rückschauen und Videos anzeigen u.s.w.
- es muss kein Spiegel aus dem Weg geklappt werden, um den Sensor freizulegen (die neue Sony kann daher absolut unterbrechungsfrei die Szene zeigen, auch während der Auslösung! Keine Blackouts mehr.)
Einzelne CSCs wie die Olympus E-M1 Mark II haben in Sachen Geschwindigkeit inzwischen zu den besten SLRs aufgeschlossen (AF) oder diese sogar komplett überholt (Serienbildgeschwindigkeit). Aber die E-M1 II ist mit ihrem deutlich kleineren Four-Thirds-Sensor gegenüber Vollformat-Boliden wie der Canon EOS 5D Mark IV, EOS-1D X Mark II oder Nikons D5 im Nachteil. Sony bringt nun jedoch mit der Alpha 9 eine Vollformat-CSC, die in Sachen Speed neue Maßstäbe setzen und auch die letzten SLR-Bastionen erobern soll.
Rein äußerlich ähnelt die
Alpha 9 (oder kurz a9) den a7 (Serie II) Kameras, aber im Inneren soll kein Stein auf dem Anderen geblieben sein. Herzstück ist der neue mehrschichtige und rückseitig illuminierte EXMOR RS CMOS Bildsensor mit 24,2 Megapixeln Auflösung in Kombination mit dem BIONZ X-Prozessor plus Front-End-LSI. Dieses Gespann erlaubt der a9 die Aufnahme von bis zu 20 Bildern pro Sekunde (in voller Auflösung) für bis zu 241 RAW/362 JPEG-Bilder. Der Autofokus arbeitet mit 693 Phasendetektions-Punkten, die ca. 93 % des Sensors abdecken und schafft 60 AF-/AE-Trackingberechnungen pro Sekunde. Die a9 ist zudem mit einem 5-Achsen-Bildstabilisierungssystem ausgestattet, das bis zu fünf Blendenstufen ausgleichen soll.
Ein ganz wesentlicher Pluspunkt der a9 soll auch der neue OLED-Sucher sein. Dieser bietet eine Auflösung von 3.686.000 Pixeln. Der neue "Tru-Finder" verfügt über ein optisches Design mit einem doppelseitigen asphärischen Element, mit dem eine 0,78fache Vergrößerung und Schärfe bis an den Bildrand erreicht werden soll. Außerdem besitzt der elektronische Sucher eine ZEISS T* Beschichtung, um Reflexionen zu reduzieren, und eine schmutzabweisende Fluorbeschichtung am äußeren Glaselement. Dies alles soll zu einer zweimal höheren Lumineszenz gegenüber dem XGA OLED Tru-Finder der Alpha 7R II führen, sodass Sucherbilder mit einer Helligkeitsstufe erzeugt werden können, die nahezu identisch mit der tatsächlich fotografierten Szene sind.
Ein weiteres Highlight verdankt die a9 der enorm gesteigerten Geschwindigkeit des Bildsensors. Dadurch wird ein elektronischer (sprich: absolut geräuschloser) Verschluss möglich, der bis zu 1/32.000s Belichtungszeiten mit nur sehr geringem Rolling-Shutter-Effekt ermöglicht. (Ein elektromechanischer Verschluss mit max. 1/8000s ist nach wie vor an Bord.) Mehr noch: Erstmals ist es damit möglich, während der Aufnahme von Fotos ein durchgehendes Sucherbild anzuzeigen.
Es gibt also bei der Auslösung keinerlei Blackout mehr. Die Bildwiederholrate des Suchers beträgt maximal 120 Bilder pro Sekunde, was jedoch bei Serienaufnahmen auf "nur" 60B/s reduziert wird. Der Sucher soll damit schnell genug sein, um bei Actionfotografie das Motiv stets zuverlässig verfolgen zu können.
Weitere Neuerungen und Besonderheiten der a9 in der Kurzübersicht:
- neuer Joystick zur AF-Positionierung (auch über Touch-Display möglich)
- Ethernet-Port zur schnellen Datenübertragung auf FTP-Server
- separate Drehräder für Serienaufnahme- und Fokusmodus
- neue „AF ON”-Taste
- Fokusfeld-Registrierung
- benutzerdefinierbare Taste zum schnellen Aufruf spezieller Einstellungen (Belichtung, Verschlusszeit, Serienaufnahmemodus usw.)
- neuer Akku (Modell NP-FZ100) mit 16,4Wh statt zuvor 7,7Wh
- zwei Speicherkartenslots (einer davon UHS-II-kompatibel)
- ISO-Bereich von 100–51200, erweiterbar auf 50–204800
- unkomprimierte 14-Bit-RAW-Aufnahme
- 4K Video mit voller Pixelauslesung ohne Pixel-Binning
Technisch gesehen bietet die a9 also beste Voraussetzungen, um den Platzhirschen Canon und Nikon im Profibereich starke Konkurrenz zu machen. Bis wir in den Fotogräben von Großveranstaltungen aber auch eine nennenswerte Menge von Sony-Fotografen sehen, wird noch einige Zeit vergehen, da Sony für solche Events bislang nicht dieselbe Infrastruktur für Profifotografen bietet. Nichtsdestotrotz zeigt Sony mit der a9 einmal mehr, welches Potential in spiegellosen Systemkameras noch steckt und dass die Tage des Klappspiegels gezählt sind.
Neues Zubehör:Akku NP-FZ100: Leistungsstarker Akku mit ungefähr der 2,2fachen Kapazität der Akkus der NP-FW50 W-Serie. Unterstützt die InfoLITHIUM®-Technologie, die die Option bietet, sich die verbleibende Akkuladung sowohl in Prozent als auch als Symbol mit fünf Balken auf dem LC-Display der Kamera anzeigen zu lassen.
Hochformatgriff VG-C3EM: Bietet dieselbe Bedienung, Handhabung und dasselbe Design wie die Alpha 9, verdoppelt die Akkulaufzeit und ermöglicht das Aufladen des Akkus über das Kameragehäuse.
Mehrfachbatterieadapterset NPA-MQZ1K: Externes Mehrfachbatterieadapterset, das als externe Stromversorgung für vier Akkus der Z-Serie und als Schnellladegerät verwendet werden kann. Im Lieferumfang des Sets sind zwei Packs mit wiederaufladbaren NP-FZ100-Akkus enthalten.
Griffverlängerung GP-X1EM: Griffverlängerung mit derselben Optik, Haptik und demselben Design wie die Alpha 9. Ermöglicht ein sichereres Halten der Kamera.
Okularkappe FDA-EP18: Okularkappe mit Verriegelungsmechanismus
Akkuladegerät BC-QZ1: Schnellladegerät für Akkus. Lädt einen neuen Akku der Z-Serie in ca. 2,5 Stunden.
Glasschutzfolie für den Bildschirm PCK-LG1: Harte, bruchsichere, Glasschutzfolie mit Flecken-abweisender Beschichtung zur Vermeidung von Fingerabdrücken. Kompatibel mit Touchbedienung und neigbarem LC-Display
Wann genau die Sony Alpha 9 verfügbar sein wird, stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest. Voraussichtlich wird es Ende Mai. Aber die Preise für die Kamera und das neue Zubehör sind schon bekannt:
Alpha 9 (Body): 5.300 Euro
NP-FZ100: 90 Euro
VG-C3EM: 390 Euro
NPA-MQZ1K: 450 Euro
GP-X1EM: 150 Euro
FDA-EP18: 15 Euro
BC-QZ1: 100 Euro
Ebenfalls neu ist das Super-Tele-Zoomobjektiv FE 100–400 mm F4,5–5,6 GM OSS (Modell SEL100400GM). Der Preis für diese Optik beträgt 2.900 Euro. Nähere Infos dazu finden Sie
hier.