Steuerurteil: Tim Cook sieht Antiamerikanismus hinter EU-Entscheidung
Mit ungewöhnlich deutlichen Worten und kaum verhehlter Wut hat Tim Cook in einem Exklusiv-Interview mit der Zeitung Irish Independent auf das jüngste Steuerurteil der EU-Kommission reagiert, welches Apple zu Steuernachzahlungen von bis zu 13 Milliarden Euro verpflichten soll. Als „politischen Dreck“ bezeichnete er die Entscheidung und argwöhnt latenten Antiamerikanismus in der EU-Führung, deren Opfer Apple nun werden solle.
Eine politisch motivierte Entscheidung?„Ich glaube, dass Apple hier zur Zielscheibe wurde“, sagte Cook gegenüber Adrian Weckler von der irischen Zeitung. „Und ich glaube, dass der Antiamerikanismus einer der Gründe ist, warum wir zur Zielscheibe wurden.“ Das hätten ihm Führungspersonen aus mehreren Ländern so bestätigt. „Ich weiß nicht, wo das herkommt. Aber ich bin mir sehr sicher, dass die Entscheidung politisch motiviert war. Es gibt keinen faktischen und keinen juristischen Grund.“
Cook bestreitet, dass Apple über die beiden irischen Tochterfirmen Apple Distribution International und Apple Operations Europe in den Genuss unzulässiger Steuervorteile gekommen sei. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zufolge zahlte Apple effektiv im Jahr 2014 nur 0,005 Prozent Steuern auf die angefallenen Gewinne. „Die haben sich wo auch immer irgendeine Zahl herausgepickt“, schimpfte Cook. Tatsächlich habe Apple in dem fraglichen Jahr 400 Millionen US-Dollar (knapp 360 Millionen Euro) Steuern gezahlt. „Das dürfte uns zum größten Steuerzahler von ganz Irland gemacht haben.“ Angesichts der Firmenstruktur von Apples Europazentrale in Cork sind diese Zahlen schwer zu verifizieren.
Unterstützung für Apple aus den USA und IrlandMit dem Vorwurf des Antiamerikanismus steht Cook übrigens nicht allein da. Ähnlich hatte sich im Vorfeld auch der US-amerikanische Finanzminister Jack Lew geäußert. Er warf der EU vor, auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler Geld eintreiben zu wollen. Der Hintergrund ist dabei dieser: Wenn Apple die 13 Milliarden Euro an Irland nachzahlt, kann der Konzern diesen Verlust in den USA geltend machen und muss deswegen dort weniger Abgaben an den Fiskus leisten. „Genau darum geht es“, bestätigte auch Cook. „Ich glaube, das Ziel ist die Umverteilung der Steuern von den USA in die EU.“
Auch Irlands Finanzminister Michael Noonan möchte von dem ungewollten Einnahmenregen für sein Land nichts wissen. Dabei dürfte es ihm vor allem um die Risiken für die Reputation Irlands als Standort für große Unternehmen gehen. Diese könnten langfristig womöglich größeren finanziellen Schaden anrichten als die 13 Milliarden Euro, die nun erstmal fließen müssten. Deswegen haben beide betroffenen Parteien, sowohl die irische Regierung als auch Apple, Berufung gegen das EU-Urteil eingelegt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung dürften noch einige Jahre vergehen.
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