Tech-Riesen in die Schranken weisen: "Lieber 80% jetzt als 100% nie" fordert Vestager
Es herrscht zwar unter den Wettbewerbshütern aller Länder weitgehend Einigkeit, dass man die international agierenden Tech-Riesen nicht mehr wie bislang schalten und walten lassen kann, der Weg hin zu konkreten Regulierungen ist aber ein schwieriger. Zumindest in einem Aspekt gab es in den vergangenen Monaten Bewegung, denn in mehreren Ländern muss Apple die Zahlungsabwicklung ändern. Das seit mehr als einem Jahrzehnt bestehende Konstrukt aus verpflichtendem Vertrieb via iOS App Store samt Nutzung des Apple-eigenen Zahlungssystems ist angesichts der Größe und Marktmacht Apples mehrfach als nicht länger zulässig beanstandet worden. Allerdings gehen die Bestrebungen noch weiter – nicht nur in Hinblick auf Apple, sondern auch auf Amazon, Google und Facebook.
Pläne gibt es viele, Umsetzung kommt nicht voranWie die umtriebige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zu
bedenken gibt, hat man die Maßnahmen viel zu lange verschoben. Auch momentan lasse sich beobachten, dass konkrete Schritte durch unterschiedliche Entwicklungen in den Ländern und Ausschüssen nicht so recht vorankommen. Bekanntlich werfen Apple und Co. ihre gesamte Lobbymacht in die Waagschale, jegliche unangenehmen Konsequenzen für die aktuellen Geschäftsabläufe zu verhindern. Trotz einiger gerichtlicher Niederlagen gelang es so zumindest, konkrete Schritte zu verzögern.
"Dann eben nur 80% statt gar nichts"Laut Vestager dürfe man sich aber nicht mehr länger hinhalten lassen und vor allem nicht weitere 20 Jahre warten. 100 Prozent der Forderungen lassen sich derzeit nicht durchsetzen, allerdings sollen dann lieber 80 Prozent statt gar nichts gesetzreif werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, den Unternehmen bevorzugte Behandlung ihrer eigenen Dienste und Angebote zu verbieten. Konkurrenten haben es nach Auffassung der Wettbewerbshüter sehr schwer, Alternativen zu etablieren – angesichts ihrer Reichweite können die Tech-Riesen stattdessen beinahe beliebig ihre Produkte an die Masse der Kunden bringen.
Geltungsbereich umstrittenWas unter anderem zu Verzögerungen führt, ist auch Uneinigkeit in der Frage, ab welcher Unternehmensgröße die schärferen Vorschriften denn gelten sollen. Nicht die inhaltlichen Aspekte, sondern der Geltungsbereich verursacht derzeit also einen Aufschub der von Apple, Google, Facebook und Amazon bekämpften Regulierungen. Derzeit ist ein Börsenwert von 80 Milliarden Dollar im Gespräche, womit kein mittelständisches Unternehmen Einschränkungen zu befürchten hätte.