AirPods 2 Pro: Der Hörtest (nicht Klangtest)Bisher galten Kopfhörer, insbesondere In-Ears, als großes Problem für die Hörgesundheit und als ein Grund dafür, warum insbesondere immer mehr junge Menschen mit Gehördefiziten zu kämpfen haben. Zu laute Musik über einen zu langen Zeitraum schädigt das Gehör. Da viele Menschen vor allem in Bus und Bahn statt sich zu unterhalten lieber aufs Handy starren und sich mit Ohrhörern und lauter Musik von der Außenwelt abkapseln, musste es irgendwann soweit kommen.
Die oben beschriebenen Funktionen der AirPods sollen einerseits das Gegenteil bewirken und für den Schutz des Gehörs vor zu viel Lärm sorgen, und andererseits bereits geschädigte Gehöre dabei unterstützen, akustisch wieder mehr an der (Um-) Welt teilnehmen zu können. Die beste Grundlage dafür bietet nun die neue Hörtest-Funktion.
Für mich, der ich als Journalist mit Schwerpunkt Audio und HiFi quasi beruflich auf mein Gehör und dessen Gesundheit angewiesen bin, kommt das neue Feature sehr gelegen. Zwar habe ich schon zu ein paar Gelegenheiten Hörtests beim Hörgeräteakustiker gemacht, aber die liegen nun auch schon einige Jahre zurück. Da sich Hörprobleme oft schleichend entwickeln und man so eine Degeneration meist gar nicht so leicht mitbekommt, sind die AirPods auch für mich eine gute Gelegenheit, mal wieder die Lauscher zu checken.
Der Hörtest mit den AirPods läuft ähnlich wie beim Fachmann ab, wobei der Vorgang von der App genau und einfach verständlich erklärt wird. Wobei mit App hier entweder die Health-App gemeint ist, oder die Systemeinstellungen
AirPods, wo der Hörtest ebenfalls gestartet werden kann.
Erste Voraussetzung für den Hörtest ist eine wirklich leise Umgebung. Die Wenigsten von uns haben eine quasi schalltote Hörkabine zuhause, weshalb es eine ruhige Wohnumgebung tun muss. Aber es empfiehlt sich aus meiner Sicht dringend, einen Ort (und Zeitpunkt) zu wählen, an dem es wirklich extrem leise ist. Also nicht einfach nur Fenster zu und unmittelbare Geräuschquellen in der Wohnung neutralisieren. Auch vorbeifahrende Autos können durch geschlossene Fenster noch stören, ebenso wie der Nachbar, der den Geschirrspüler ausräumt.
Eine absolut ruhige Umgebung ist deshalb wichtig, weil der Test vor allem die Hörschwellen ermittelt. Das heißt, es werden Töne mit minimalstem Pegel abgespielt, die im schlechtesten Fall schon von der eigenen Atmung übertönt werden können. Als Hörschwelle gilt der Schalldruckpegel von 0 dB SPL, wobei das Frequenzabhängig ist. In den meisten hörbaren Frequenzbereichen liegt die Ruhehörschwelle höher als 1 dB. Näheres dazu finden Sie
hier bei Wikipedia. Der Punkt ist: es muss so leise wie möglich sein, um die Testtöne nicht mit Fremdgeräuschen zu übertönen.
Zu Beginn des Tests prüft das System erst mal den Sitz der Ohrhörer. Diese müssen so eingesetzt sein, dass sie den äußeren Gehörgang gut abschließen. Dieser Test existierte auch schon in früheren Versionen. Ist hier alles ok, kann der Test beginnen. Es werden nacheinander Töne unterschiedlicher Frequenz und Lautstärke abgespielt. Sobald man einen Ton hört, wird auf den Bildschirm getippt. Theoretisch bestünde hier die Möglichkeit zum Schummeln, indem man einfach andauernd auf den Screen tippt. Ich habe das nicht ausprobiert, gehe aber davon aus, dass der Test bei Erkennung einfach abbricht. Und wenn nicht, sind die Ergebnisse natürlich auch nicht verwertbar. Man beschummelt also nur sich selbst. Die Töne werden zudem nicht in exakt gleichem Takt nacheinender abgespielt. Man weiß also nicht genau, wann ein Ton erzeugt wird.
Die Testtöne werden übrigens nur im Frequenzbereich zwischen etwa 250 Hz und 8 kHz abgespielt. Also in einem Bereich, in dem das Gehör sowieso viel empfindlicher ist, als darüber und darunter. Der durch zu viel Lärm oder altersbedingte Verlust der Hörempfindlichkeit bei besonders hohen Tönen lässt sich damit also nicht ermitteln. Allerdings ist der Bereich oberhalb etwa 10 kHz für das allgemeine Hören auch gar nicht so wichtig, wie viele denken.
Das für mich doch recht erfreuliche Ergebnis ist, dass ich praktisch keinen Hörverlust zu beklagen habe. Wobei ich mein etwas gesetzteres Alter (deutlich über 50) dabei selbst mit berücksichtige. Apples Hörtest macht da offenbar keine Unterschiede und gibt auch keine altersabhängige Wertung ab, sondern zeigt lediglich den ermittelten Hörverlust, getrennt für das linke und Rechte Ohr. Hier mein Ergebnis nach dem ersten Test (weitere Tests werde ich künftig wohl monatlich vornehmen):
Die App attestiert mir auf dem linken Ohr eine Abweichung im Mittel von zwei dB, was als „keine Schwerhörigkeit“ eingestuft wird. Auf dem rechten Ohr ist es im Mittel ein dB mehr, also 3 dB, was bereits als „leichte Schwerhörigkeit“ eingestuft wird. Wobei der Bereich der „leichten Schwerhörigkeit“ offenbar Abweichungen bis 25 dB berücksichtigt. Ich liege also im Mittelwert an der absoluten Untergrenze der „Schwerhörigkeit“. – Was ich für mein Alter mal als ganz ordentlich einstufe.
Die App attestiert als Ergebnis außerdem, dass die AirPods für diese Testergebnisse richtig abgestimmt sind und keine Änderungen per DSP vorgenommen werden müssen. Im Falle größerer Abweichungen (geringgradige, mittelgradige , hochgradige oder an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit) würde die App – soweit noch möglich – eine entsprechende Korrekturkurve anlegen, die eine auf die Ohren des Trägers abgestimmte Klang-Optimierung böte. – Und eine Hörhilfe.
Unterschiedliche Grade der Schwerhörigkeit
Die Hörhilfe-Funktion der AirPods konnte ich aufgrund meiner Hörergebnisse nicht ausprobieren. Nur wenn das Gehör nach Analyse durch den Hörtest mindestens als leicht bis mittelstark eingeschränkt bewertet wurde, erhält der Nutzer ein personalisiertes Hörprofil mit Hörhilfefunktion. Nach einer kurzen Einrichtung soll man sofort klarer hören können. Einige Nutzer (auch bei MTN) haben darüber schon berichtet und waren größtenteils sehr überzeugt von den Möglichkeiten.