audioengine HD3 – Praxis und KlangDer Verkabelungsaufwand für die HD3 ist zwar nicht so gering, wie für manche One-Box-Systeme, die im Idealfall nur mit einem Netzkabel auskommen oder gar per Akku betrieben werden können, hält sich aber trotzdem in Grenzen. Will man die Speaker rein drahtlos über Bluetooth betreiben, reicht eine Stromverbindung zum Master und ein Lautsprecherkabel zum passiven Slave. (Das mitgelieferte LS-Kabel mit Bananensteckern ist 2 m lang.) Ansonsten kommen noch Strippen von weiteren Quellen dazu, beispielsweise von einem CD-Player. Leider haben die HD3 keinen Toslink-Eingang, was für den Anschluss eines Fernsehers praktisch wäre. Viele moderne TV-Geräte haben keinen analogen Tonausgang mehr.
Wer sich zwischen der HD3 und der HD6 entscheiden will, sollte genau auf die benötigten Anschlüsse achten: Die HD3 hat USB (allerdings nicht asynchron), die HD6 nicht. Letztere hat dafür Toslink, aber wie die HD3 auch keinen Coax Digitaleingang. Die HD6 hat außerdem keinen Schalter zur Basslimitierung für Subwoofer-Nutzung. Dafür verfügt die große audioengine über ein internes Netzteil. Der Grund für diese Unterschiede liegt höchstwahrscheinlich in der angepeilten Zielgruppe, wobei die HD3 auch für Desktop-User gedacht ist, die HD6 hingegen eher für Wohnzimmeraufstellung.
Das Bluetooth-Pairing klappt wie gewohnt problemlos. Das Versprechen mit der hohen Reichweite bis ca. 30 m kann ich aber unter gewissen Voraussetzungen bestätigen. Am Desktop, in nur einem Meter Entfernung zum Mac Pro als BT-Quelle gab es hin und wieder Aussetzer, was vermutlich auf Interferenzen mit der nahe befindlichen Fritz!Box zurückzuführen ist. War der Abstand des HD3-Masters zum Router groß genug (mehrere Meter), konnte ich mich mit dem iPad fast im ganzen Haus bewegen, ohne Drop Outs beklagen zu müssen. Und das ist mir bisher mit keiner Bluetooth-Komponente gelungen.
Womit wir zum alles entscheidenden Klangtest kommen…
Der deutsche Vertrieb
NT-Global erzählte mir auf den Norddeutschen HiFi-Tagen im Februar, dass die kleinen HD3 ein überraschend vollständiges Klangbild auch ohne Subwoofer liefern würden. Ich habe die HD3 in verschiedenen Aufstellungen im Nahfeld (Desktop) und in Wohnraumaufstellung getestet. – Ohne Subwoofer.
Die HD3 haben übrigens an der Unterseite eine Standfläche aus Moosgummi, sowie eine mittig angebrachte Gewindebuchse für Wandhalterungen oder Stative. Optional gibt es zudem passende Desk-Stands mit Anwinkelung zum Hörer.
Ein Einspieleffekt war bei den (Fabrikneuen) HD3 – ganz im Gegensatz zu den
neulich getesteten ELAC BS312 – nicht festzustellen. Trotz mehrerer Tage der Nutzung wollten die kleinen Holzquader in meiner Desktop-Umgebung in Sachen Grundton oder gar Tiefbass nicht so recht gefallen. Verschiedene Aufstellungspositionen – soweit auf dem limitierten Desktop-Space möglich – brachten keine Verbesserung. Die HD3 wirkten einfach wie Satelliten-Lautsprecher ohne nennenswertes Tieftonvolumen. Der Schalter zur Bassreduzierung stand übrigens in der Normalstellung. Daran lag es also nicht. Das Geschehen änderte sich schlagartig, als ich die Böxchen in meinem Hörraum auf einem Rack beim Fernseher aufstellte und sie mit größerem Abstand zum Hörplatz spielten. Da war sie plötzlich, die im Vorfeld als „erstaunliches Volumen für die Größe“ bezeichnete Darbietung.
Von echtem Bass ist dabei allerdings nicht die Rede, nur um das klarzustellen. audioengine gibt die untere Grenzfrequenz der HD3 mit 65Hz (±2dB) an, was sicherlich schon etwas schmeichelhaft ist. Man sollte allerdings aus derart kleinen Boxen niemals so etwas wie markerschütternde Bassgewitter erwarten. Ist nicht drin! Aber tatsächlich schafften es die HD3 in der Wohraumaufstellung ihren Klang mit Hilfe der Raumakustik so zu entfalten, dass man echten Tiefbass kaum vermisst. In dieser Aufstellung konnten die audioengine in Sachen körperhaftiger Größe locker mit den meisten von mir getesteten One-Box-Lösungen mithalten. Und wie nicht anders zu erwarten, übertrafen die HD3 diese mit einer echten, großen Stereo-Abbildung mühelos.
Was die HD3 insgesamt auszeichnet, ist eine weitgehend verfärbungsfreie und sehr frische, anspringende und bestens aufgelöste Darbietung mit sehr differenzierter Bühnenabbildung. Das trifft auch und insbesondere auf die Nutzung im Nahfeld zu. Ein kurzer Quercheck mit den oben erwähnten ELAC BS312 (passiv, ca. 1.700 Euro) zeigte jedoch die Grenzen auf. In Sachen Feindynamik, Klarheit, Natürlichkeit, Bühnenabbildung und nicht zuletzt Bass sind die Kieler Kompakt-Speaker, deren Frontseite übrigens nicht viel größer ist, als die der HD3, ein gänzlich anderes Erlebnis. Klar, das ist auch ein unfairer Vergleich. Die BS312 sollten lediglich aufzeigen, wo auf der Klanglandkarte die HD3 in etwa zu verorten sind.
Aus der Erinnerung heraus kann ich mit einiger Überzeugung behaupten, dass die HD3 beispielsweise einer Nubert nuPro A-100 oder A200 in Bezug auf Transparenz und Luftigkeit eindeutig überlegen sind. Beim Thema Bassvolumen müssen sie aber – zumindest in meiner Desktop-Konfiguration – zurückstehen.
Unter dem Strich heißt das: Für das Nahfeld – je nach vorhandenen Aufstellmöglichkeiten und Raumakustik – sollten Sie mit der HD3 unbedingt den Kauf eines Subwoofers einkalkulieren. Bei Wohnraumaufstellung ist ein Sub – ebenfalls abhängig von der jeweiligen Raumakustik – durchaus verzichtbar, wenn man keine Bassgewitter erwartet. Die Meisten One-Box-Speaker, selbst deutlich teurere, können die HD3 in fast allen HiFi-kritischen Belangen distanzieren. Die kleinen audioengine machen ungeheuer Spaß.
Der eingebaute Kopfhörerverstärker macht seine Sache übrigens richtig gut. Er bietet ausreichend Pegelreserven auch für weniger empfindliche bzw. hochohmige Kopfhörer und klingt um Längen besser, als der Anschluss direkt am Mac.