Test: Apple TV 4 verändert nicht das Fernsehen, hat aber Potential
Hardware, Software, Steuerung Optisch unterscheidet sich die schlichte schwarze Kunststoffbox nur wenig von Apple TVs der 2. und 3. Generation. Im direkten Vergleich fallen einem natürlich die 12 mm auf, die das neue Apple TV höher ist, und auch der Gewichtszuwachs des Neuen von 155 g sind durchaus spürbar. Das allein verrät einem schon, dass in dem neuen Gerät einiges mehr an Leistung verborgen sein muss. So ist nun der neue Apple A8 Zweikern-Prozessor verbaut und 2 GB RAM. Der Vorgänger kam mit dem Einkern-Prozessor Apple A5 und 512 MB RAM daher. Neu ist auch die Unterstützung des WLAN 802.11 ac Standards und Bluetooth 4.0. Diese leistungsstärkeren Komponenten erfordern auch ein stärkeres Netzteil. So reichen die 6 Watt der 3. Generation nicht mehr aus, um das neue Apple TV anzutreiben, weswegen ein 11 Watt Netzteil verbaut wurde. Auch ein neuer HDMI-Standard ist an Bord. Mit HDMI 1.4 kann das neue Apple TV Audiosignale in Dolby Digital Plus 7.1 übertragen. Um diesen neuen Standard unterstützen zu können, ist zum Leidwesen Vieler der optische Ausgang komplett weggefallen.
Aber der verbaute HDMI-Anschluss kann noch mehr! Er unterstützt den HDMI-CEC-Standard. Der ermöglicht es Fernsehgeräten und Receivern, die diesen Standard ebenfalls unterstützen, von der Siri Remote mitgesteuert zu werden. Das klingt erst einmal nicht sonderlich spektakulär, aber ich finde es unglaublich praktisch, nur eine Taste auf der Siri Remote zu drücken und gleichzeitig geht der Fernseher, das Apple TV und der Receiver an und ich kann die Lautstärker der Geräte problemlos nur mit der Siri Remote steuern. Somit brauche ich nur eine einzige Fernbedienung für alle und muss während der Benutzung des Apple TV nicht zwischen unterschiedlichen Fernbedienungen hin und her wechseln. Und schaltet man das Apple TV aus, schalten sich ebenfalls die verbundenen Geräte mit aus. Diese Funktion kann man natürlich auch deaktivieren, wenn man möchte, aber ich finde gerade dieses Feature unheimlich praktisch. Bisher funktionierte diese Funktion auch zu 98\% tadellos. Wie auch so gut wie alle Funktionen des neuen Apple TV bisher recht zuverlässig funktionierten. Klar erwartet man, dass ein Gerät macht, wozu man es sich angeschafft hat. Aber gerade mein Apple TV der 3. Generation hatte in den letzten Wochen vermehrt Schwächen und Aussetzer primär im Bereich AirPlay. Verbindungsabbrüche waren an der Tagesordnung. Beim Neuen hingegen klappt genau das wie am Schnürchen. Übertragungen vom iPhone oder vom Mac werden schnell gestartet und laufen zuverlässig durch.
Ab und an war dann allerdings doch ein Neustart des Apple TV unumgänglich, wenn wie erwähnt zum Beispiel der Doppelklick der Home-Taste nicht reagiert und somit nicht den App-Umschalter geöffnet hat. Das ist natürlich ein Fehlverhalten, das man als Nutzer nicht haben möchte, und ich hoffe, dass dieses mit dem nächsten tvOS-Update behoben wird. Aber ich persönlich finde diesen Fehler nicht tragisch, da er auch nur selten auftrat, und freue mich vielmehr, dass die restlichen Funktionen besser funktionieren als beim Apple TV der 3. Generation. Auch die, die neu dazu gekommen sind.
Nicht gänzlich neu ist die Einrichtung des Apple TV via iPhone oder iPad. Das konnte auch schon sein Vorgänger. Allerdings macht das die Funktion nicht minder praktisch. Schade nur, dass sie beim ersten Mal mit einem Fehler abgebrochen wurde und erst die zweite Aufforderung zur Einrichtung problemlos gelang. Leider wird generell bei der Einrichtung die Apple-ID für Einkäufe oder die Privatfreigabe nicht mit übergeben. Somit musste ich diese später von Hand eintragen, was prinzipiell kein Problem ist, aber an der neu gestalteten Bildschirmtastatur des tvOS 9.0 scheiden sich die Geister. Denn auch ich finde die Hintereinanderreihung der Buchstaben, durch die man sich mit der Siri Remote durchwischt, mehr als umständlich. Um diese umständliche Eingabe zu umgehen, wollte ich dann kurzerhand einfach mein Apple Wireless Keyboard mit dem neuen Apple TV verbinden, wie ich es schon mit dem Vorgänger getan hatte. Zu meinem Bedauern musste ich dann allerdings feststellen, dass das neue Apple TV diese Möglichkeit nicht unterstützt. Schade. Denn gerade zum Eingeben von Passwörtern, Suchbegriffen oder der Apple ID ist das durchaus eine unheimliche Erleichterung. Ich hoffe, dass diese Funktion mit einer der kommenden Softwareaktualisierungen noch nachgereicht wird.
Die fehlende Unterstützung von BT Keyboards hat mich tatsächlich sehr stutzig gemacht. Weil sich bei mir unweigerlich die Frage aufdrängte „Warum?“. Denn diese Funktion ist ja schon länger beim Apple TV der 3. Generation mit an Bord gewesen und war ein Feature eines damaligen Software-Updates. Dieselbe kurze Frage stelle ich mir bei der fehlenden Podcast App. So ist sie in den Werbebildern und Videos von Apple zwar auf dem Homescreen zu sehen, bislang fehlt von ihr im App Store aber jede Spur. Sollten die Entwickler von Apple doch noch ein Fehlverhalten der App festgestellt haben, finde ich es prinzipiell gut, dass die App nicht freigegeben wurde, aber dennoch ist für mich der Zugriff auf meine Podcastabonnements über das Apple TV eine Hauptfunktion und darum stört es mich doch sehr, dass die betreffende App weder zum Start noch zeitnah danach verfügbar war und ist. Somit bleibt nur die Hoffnung, dass die App, wenn sie denn kommt, dann auch zuverlässig und gut funktioniert.
Oder zumindest besser als die Musik App. Denn die bietet für Apple-Music-Abonnenten bestimmt einen großen Mehrwert, hat man allerdings kein Abo (wie ich) und möchte einfach nur mal in die Radiostationen reinhören, wird man momentan noch mit der Meldung „Radio nicht Verfügbar - (null) ist kurzzeitig nicht verfügbar. Versuch es später erneut.“ enttäuscht. Das Wiedergeben von Musik über die Privatfreigabe funktioniert erwartungsgemäß gut und auch das Menü, das einen hinter der App „Computer“ erwartet, ist aus alten Apple-TV-Softwareversionen gut bekannt und vertraut. Allerdings hat Apple nicht alle Anzeigenschemata übernommen. So ist nun bei der Wiedergabe von Musik das Cover nicht mehr animiert und auch in der Standardanzeige keine Titellänge und Wiedergabedauer mehr zu sehen. Dies wird nach einem kurzen Klick auf die Touch-Oberfläche sichtbar, indem sich das Albumcover etwas verkleinert und am unteren Fernsehrand nun die Zeitleiste eingeblendet wird. Ebenso sichtbar werden, neben dem aktuellen Cover in der Mitte die Cover der als nächstes gespielten Titel. So kann man eine Musikbibliothek mit gut gepflegten Albumcovern noch etwas mehr genießen. Für mich hat Apple bei dem tvOS tatsächlich merklich mehr Aufmerksamkeit dem Aussehen von Apps, Filmplakaten und Schaltflächen gewidmet und durch den Parallaxe-Effekt das direkte Interagieren mit den einzelnen Elementen mit einem schönen Effekt fast fühlbar gemacht. Das klingt jetzt zwar etwas pathetisch, aber ich finde, das beschreibt meinen Eindruck mit dem Effekt am ehesten.