Test: Audeze SINE Lightning Kopfhörer
Audeze SINE: Vorstellung und PraxisAudeze hat sich auf Kopfhörer spezialisiert, die nach dem magnetostatischen Prinzip arbeiten. Im Gegensatz zu den am weitesten verbreiteten dynamischen Schallwandlern arbeiten diese nicht mit einer auf einem runden Träger aufgewickelten Schwingspule, die kolbenförmig im Spalt eines Magneten hin und her bewegt wird und diese Bewegung auf eine davor angebrachte steife Membran überträgt. Stattdessen arbeiten Magnetostaten mit hauchdünnen Membranfolien. Die Schwingspule wird mäanderförmig auf diese Folie aufgedampft. Der Antrieb wiederum erfolgt durch Stabmagneten vor bzw. hinter der Folie.
Das Prinzip ist beileibe nicht neu, aber in Kopfhörern bislang nicht besonders weit verbreitet. Der theoretische Vorteil ist unter anderem, dass die Membranfolie der Magnetostaten extrem leicht und damit „schnell“ ist. Die bewegten Massen sind geringer, als bei dynamischen Schallwandlern. Dafür sind Magnetostaten elektrisch anspruchsvoller und müssen daher aufwendiger konstruiert sein, um mit den geringen Signalstärken mobiler Player ein überzeugendes Ergebnis liefern zu können.
Beim SINE hat Audeze die Schallwandler in deutlich kleinere Gehäuse als beim EL-8 integriert. Statt Over-Ear trägt sich der SINE On-Ear, also auf den Ohrmuscheln aufliegend, anstatt sie zu umschließen. Allerdings: wirklich klein ist auch der SINE nicht.
Die Konstruktion des SINE ist schon beim ersten Kontakt ganz klar als „high-endig“ einzustufen. Die Gehäuse- und Bügelkonstruktion des stealth-artig schwarzen Kopfhörers ist absolut präzise und mechanisch überzeugend gefertigt. Da knarzt und knirscht nichts. Die Halterungen für die Treibergehäuse sind aus massivem Aluminium und die Außenseiten der Gehäuse mit Leder (oder Kunstleder) verkleidet. Das Design stammt übrigens von BMW Designworks, die auch den BMW i8 gestaltet haben. Alles in allem eine sehr edel wirkende Konstruktion, die ihren Charme auf Bildern nur schwer entfalten kann. Man muss den SINE einfach mal in der Hand gehalten und auf dem Kopf getragen haben, um seine äußeren Werte einschätzen zu können. – Sehr edel!
Das Kabel, wahlweise das normale oder die Lightning-Variante, wird mit zwei stark gewinkelten Klinkensteckern am linken und rechten Treibergehäuse angesteckt (siehe Bild):
Wenn Sie darin jetzt eine gewisse Ironie darin sehen, dass der Anschluss am SINE mit den offenbar aussterbenden Klinken-Verbindern geschieht, bedenken Sie bitte, dass das Signal an diesem Kopfhörer analog ankommt. Der D/A-Wandler (DAC) sitzt also nicht im Kopfhörer selbst, sondern davor im Lightning-Kabel. Darum kann man den SINE auch
wahlweise analog oder digital mit der Quelle verbinden. Solange es um eine rein analoge Verbindung geht, haben Klinkenstecker nach wie vor ihre Daseinsberechtigung.
Mitgeliefert werden beim SINE in der Lightning-Variante zwei ca. 1,3 m lange Flachbandkabel. Ein „passives“ für die analoge Verbindung mit 3,5-mm-Klinkenstecker an der Quellenseite und ein „aktives“ mit DAC im Kabelweg und Lightning-Stecker für entsprechend ausgerüstete iDevices. Für nähere Details zu dem DAC im Lightning Kabel lesen Sie bitte auch den entsprechenden Teil im
Test des EL-8.
Noch ein paar Worte zum Tragekomfort. Wie schon angedeutet, glänzt der SINE mit einer tollen mechanischen Konstruktion und technisch aufwendigen Treibern. Das ist aber auch seine Achillesferse, denn obwohl er deutlich kleiner als der EL-8 ist, handelt es sich bei ihm nicht gerade um einen Winzig-Kopfhörer. Zunächst einmal besitzt der SINE keinen Faltmechanismus, sodass er sich für den Transport nicht besonders klein machen kann. Lediglich die Treibergehäuse lassen sich in eine flache Position drehen und der Hörer im mitgelieferten Tragebeutel verstauen.
Außerdem ist der SINE für einen On-Ear ziemlich wuchtig. Er ist fast so groß, wie der Over-Ear Sonus faber PRYMA (siehe Test in
Ausgabe 511) und mit 372 g (inkl. Lightning-Kabel) definitiv kein Leichtgewicht. Der ebenfalls zum Vergleich herangezogene B&W P5 Wireless (Test in
Rewind 493) ist viel graziler und leichter. Der Tragekomfort des SINE ist hingegen dank der weichen und großzügig ausgelegten Ohrpolster ganz ausgezeichnet und nicht zu stramm. An das hohe Gewicht gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Das fällt nur noch ins buchstäbliche Gewicht, wenn man ihn direkt mit deutlich leichteren Kandidaten wie dem P5 vergleicht. Der SINE empfiehlt sich am ehesten für Vielreisende mit Bahn, Bus oder Flugzeug, weniger hingegen für Wanderungen, Radfahren, Laufen etc. Für aktivere Betätigungen ist so ein High End Kopfhörer aber ohnehin nicht gedacht.