Audeze SINE: KlangvergleicheDie Tatsache, dass am SINE beide Verbindungsarten (analog/Klinke und digital/Lightning) möglich sind, prädestiniert ihn geradezu für einen Klangvergleich zwischen Klinke- und Lightning-Verbindung mit iPhone und iPad. Außerdem habe ich den Kopfhörer gegen den rund 500 Euro teuren, analog angeschlossenen Sonus faber
PRYMA getestet, sowie gegen den etwa 400 Euro teuren Bluetooth-Kopfhörer
B&W P5 Wireless.
Als Zuspieler diente das iPad Pro 9,7“ auf der
hier getesteten Logi Base (
bei Amazon) mit Smart Connector. Damit ist es möglich, per Lightning angeschlossene Kopfhörer zu nutzen und das iPad gleichzeitig zu laden.
Kommen wir zunächst zu der Frage, ob sich der Aufpreis von 50 Euro für das Lightning-Kabel lohnt. Um es kurz zu machen: Auf jeden Fall! Es wäre sogar Perlen vor die Säue werfen, wenn man einen Kopfhörer vom Kaliber des SINE das Lightning Kabel vorenthalten würde und ihn nur analog über den in iDevices verbauten DAC betreiben würde.
Nur zur Klarstellung: Klangbeschreibungen und Einschätzungen sind
immer sehr subjektiv. Was für langjährige HiFi-Fans mit viel Hörerfahrung unterschiedlichster Systeme ein gewaltiger Unterschied ist, könnte für weniger Klanginteressierte unerheblich wirken. Es lässt sich also nicht wirklich quantifizieren „wie groß“ der Klangunterschied zwischen Klinke und Lightning hier tatsächlich ist. Nur so viel: Jeder mit einem gesunden Gehör sollte den Unterschied völlig problemlos wahrnehmen können. Aus meiner klanglich sehr anspruchsvollen Sicht ist der Vorteil der Lightning-Verbindung erheblich und letztlich ausschlaggebend für meine Empfehlung, die Extra 50 Euro unbedingt zu investieren. Bei einem Kopfhörer dieser Preisklasse machen die paar Kröten den Kohl ohnehin nicht fett und für weniger Geld kann man kaum mehr klanglichen Zugewinn erzielen. Per Lightning-Kabel mit seinem integrierten und auf den SINE abgestimmten DAC und DSP erhält man ein wesentlich dynamischeres, aufgeräumteres und differenzierteres Klangbild mit viel tiefer reichenden und satteren Bässen, feiner aufgelösten Höhen und natürlicheren Mitten. Es gibt eigentlich keinen Bereich der Wiedergabe, der nicht vom DAC im Audeze Lightning-Kabel profitiert. Nicht zuletzt sind die Pegelreserven damit etwas (aber nicht viel) höher.
Übrigens kann über die im Lightning-Kabel integrierte Fernbedienung dank ihrer vergleichsweise gut fühl- und unterscheidbaren Tasten die Musiksteuerung komfortabel erfolgen. Ein Mikro zum Freisprechen ist ebenfalls an Bord. Desweiteren funktioniert die bereits im Zusammenhang mit dem EL-8 beschriebene Audeze-Software zur gezielten Frequenzanpassung natürlich auch mit dem SINE über Lightning.
Also: Wer sich für den SINE interessiert und ein entsprechende iDevice hat, der muss nicht lange überlegen. Das Lightning-Kabel ist ein Muss!
Bleibt noch die Einordnung des SINE im Vergleich zur Konkurrenz und zu anderen Konzepten (Kabellos/Bluetooth) zu ermitteln. Mit dem Sonus faber PRYMA gibt es für den SINE einen wirklich harten Gegner, der zudem rund 100 Euro günstiger ist, für den es allerdings kein speziell auf ihn zugeschnittenes Lightning-Kabel gibt. Mit einem externen Lightning-Adapter, wie dem in
Ausgabe 510 getesteten HRT i-dSp kann man aber auch den PRYMA digital mit iDevices verbinden und klanglich nochmals deutlich aufwerten. Leider habe ich den i-dSp derzeit nicht vorliegen, weshalb der PRYMA rein analog am iPad Pro 9,7“ gegen den SINE mit Lightning antreten muss.
Nebenbei bemerkt: Man kann ein Lightning- und ein Klinkenkabel nicht gleichzeitig anschließen bzw. nicht gleichzeitig einen analogen und einen digitalen Kopfhörer spielen lassen. Sobald man einen Klinkenstecker einstöpselt schaltet ein mechanischer Kontakt die Ausgabe über Lightning und auch über Bluetooth ab.
Der SINE zeichnet sich vor allem durch ein sehr verfärbungsfreies und zugleich sehr sattes, warmes Klangbild ohne spitze oder beißende Höhen aus. An Detailauflösung mangelt es ihm deshalb aber keineswegs! Der PRYMA offenbart im direkten Vergleich eine minimal abweichende Koloratur, wobei ich die des SINE für etwas näher am Original halte. Abgesehen von den Klangfarben kann der SINE den PRYMA jedoch nicht ganz das Wasser reichen. Auch nicht mit dem Vorteil durch sein Lightning-Kabel. Der PRYMA bietet einen differenzierten Bassbereich, der Strukturen im Tieftonkeller deutlicher hervortreten lässt. Etwa so wie eine gute HDR-Aufnahme, die mehr Details in den Schatten zeigt, ohne dabei an Kontrast einzubüßen. Auch in Sachen Auflösung zieht der PRYMA davon und geht schließlich mit seiner offeneren, luftigeren räumlicheren Spielweise klar vor dem SINE über die Ziellinie. Und das auch ohne besseren DAC.
Der PRYMA ist in seiner Preisklasse allerdings auch ein echtes Ausnahmetalent und legt sich auch sonst gerne mal mit Kopfhörern an, die ein paar Hunderter mehr kosten. Es könnte allerdings sein, dass jemand die direktere, scheinbar näher am Ohr stattfindende Spielweise des SINE grundsätzlich bevorzugt. Wenn das der Fall ist, gibt es keinen Grund, den SINE nicht weit oben auf die Liste zu setzen. Es ist vor allem meine persönliche Vorliebe für eher offen klingende Kopfhörer, die den PRYMA für mich zum Sieger dieses Vergleichs macht.
Als nächstes muss sich der SINE gegen den B&W P5 Wireless beweisen, den für mich derzeit mit Abstand besten Bluetooth-Mobilkopfhörer überhaupt. In diesem Duell sind die Vorzeichen umgekehrt: Der SINE macht mit dem P5 kurzen Prozess und schlägt ihn in fast jeder Disziplin. So punktet er beispielsweise mit um eine ganze Größenordnung mächtigeren Bass, natürlicheren Mitten und deutlich prickelnderen Höhen. Das Fazit hier lautet: Der beste mir bekannte Bluetooth-Kopfhörer kann dem SINE nicht das Wasser reichen. Dafür ist er allerdings auch 200 Euro günstiger, kleiner, deutlich leichter, bietet etwas mehr Spitzenlautstärke und kommt ohne Kabel aus. – Ein nicht ganz unwesentlicher Faktor. Klangpuristen werden den kabelgebundenen Kandidaten aber klar den Vorzug geben.