P9 Signature: Design und TechnikSoviel vorweg: Ein Wunderkopfhörer ist der P9 nicht. Seine Technik ist in den Grundzügen Mainstream: Dynamische Schallwandler in einer geschlossenen, ohrumschließenden Gehäusekonstruktion, mit Kopfbügel und (vorerst) analogen Anschlusskabeln für Klinkenbuchse (3,5 und 6,35 mm). Das Rad neu zu erfinden war hier nicht das Ziel, sondern eher, altbewährte Technik so weit wie möglich auszureizen und möglichst edel und komfortabel zu gestalten.
Der P9 wird in einer ansehnlichen aber nicht spektakulären Schachtel geliefert. Darin findet sich neben dem Kopfhörer eine kleine Bedienungsanleitung, eine toll gemachte Transporttasche mit flauschig weichem Alcantara und Lederbesatz, sowie drei Anschlusskabel: ein kurzes mit Kabelfernbedienung und Mikrofon für iDevices, ein weiteres kurzes ohne Fernbedienung für portable Musikplayer und ein ca. 3 m langes für den Einsatz daheim. Alle Kabel haben eine 3,5 mm Klinkenbuchse an der Quellenseite. Für 6,35-mm-Buchsen liegt ein Steckadapter bei. Das war’s soweit. – Aber halt! Eine Sache ist da noch, bzw. kommt noch: B&W hat derzeit nämlich ein
Kabel mit integriertem DAC und Lightning-Anschluss in Entwicklung. Wer heute einen P9 kauft, bekommt dieses kostenlos nachgeliefert, wenn Sie sich bei B&W mit verifiziertem Kauf des P9 registrieren. Allerdings steht bislang noch nicht genau fest, wann mit diesem Extra-Bonbon zu rechnen ist. Der anvisierte Zeitrahmen lautet "
Anfang 2017". Und wie gut der darin verbaute DAC und die Ausgangsstufe sind, muss sich erst zeigen. Käufer des P9 dürfen aber darauf hoffen, mit diesem Lightning-Kabel deutlich bessere Klangergebnisse an Apple Lightning-Devices zu erzielen, als über die Klinkenbuchse – sofern eine solche noch vorhanden ist.
Der P9 liegt zusammengeklappt in seiner Verpackung. Durch zwei Gelenke in der Bügelkonstruktion kann er sich für den Transport also etwas kleiner machen. Wirklich klein wird er dadurch aber nicht. So oder so handelt es sich hier um einen voll ausgewachsenen Over-Ear Bügelkopfhörer, bei dem man nicht einfach die Luft rauslassen kann, um ihn zusammengefaltet in die Hemdtasche stecken zu können. Aber in seiner wirklich eleganten und griffigen Transporttasche kann er im kleinen Reisegepäck gut und sicher verstaut werden.
Der erste direkte Kontakt mit dem P9 ist schon ein Erlebnis. Die mit feinem Saffiano Leder verkleideten Treibergehäuse und der Kopfbügel sind absolut sauber verarbeitet und fühlen sich herrlich griffig an. B&W setzt dabei zwei Verarbeitungsvarianten ein: An den äußeren Schalen der Hörmuscheln und dem oberen Teil des Kopfbügels ist das Leder mit einer Prägung versehen und robuster ausgelegt. Das Kopfpolster und die Ohrpolster sind hingegen wunderbar weich und anschmiegsam, wobei als Polstermaterial Doppelkammer-Memory-Schaumstoff eingesetzt wird, was eine lange Lebensdauer und beste Anpassung an die Kopfform verspricht.
Wie bei seinen Geschwistern sind auch am P9 die Ohrpolster magnetisch an die Treibergehäuse gekoppelt und lassen sich so mit einem Griff abnehmen bzw. bei Bedarf austauschen. Dieses Feature ist auch deshalb wichtig, weil der Anschluss der mitgelieferten Kabel unterhalb der Ohrpolster liegt (siehe Bilder). Die Steckverbindung ist dadurch im Betrieb unsichtbar und das Kabel zugleich sehr effektiv zugentlastet. Im Gegensatz zu anderen highendigen Kopfhörern hat das allerdings auch Nachteile. Die Kabelzuführung erfolgt nur einseitig, anstatt Y-förmig an beide Treiber. Und die mitgelieferten Kabel haben einen vergleichsweise sehr geringen Durchmesser. Für den Tragekomfort ist das sicher gut, aber audiophile Kabelexperimente kann man sich damit abschminken. Doch sein wir ehrlich: das betrifft sicher nur eine sehr kleine Schnittmenge an potentiellen Kunden. Style und Komfort haben hier einen größeren Stellenwert, als das letzte Quäntchen Klangsteigerung durch dicke Strippen.
Das linksseitig angeschlossene Kabel muss wie bei den Modellen P7 und P3 durch die Bügelkonstruktion zum rechten Treiber geführt werden. Aber im Gegensatz zu den kleineren Modellen geschieht das beim P9 ganz ohne sichtbare Kabelübergänge von den Treibern in den Bügel.
Apropos Bügel: Beim P9 weicht B&W von seiner bisherigen Designphilosophie mit den verchromten Stangen am weitesten ab. Für den P9 wurde ein komplett neuer Bügel aus Aluminium und Verbundwerkstoffen entwickelt. Wäre die Form der Treibergehäuse nicht weitgehend identisch zu denen des P7, könnte man den P9 sicher nicht so eindeutig als echten B&W identifizieren.
Die wohl größte Besonderheit und das technisch vielleicht interessanteste Detail des Kopfhörers ist die Befestigung der Treibergehäuse am Bügel. Anstatt diese, wie bei den meisten Konkurrenten, mit einer kardanischen Aufhängung oder einer simplen Achskonstruktion zu verbinden, haben sich die Briten etwas ganz einzigartiges einfallen lassen. Sehen sie auf den Bildern die zahlreichen filigranen Streben rund um die schwarze Logo-Platte? Das ist nicht einfach nur ein Design-Gag, sondern die flexible Aufhängung der Treibergehäuse. Jede dieser kleinen Streben mit gebogener Geometrie ist eine kleine Feder. Alle zusammen ergeben eine Art Sicke, ähnlich des Gummiwulstes um Lautsprechermembranen. Diese werden, soweit ich das mit der Lupe erkennen kann, von einer darunter liegenden Gummisicke in ihrer Funktion ergänzt. Zusammen ergibt dies eine Aufhängung, die erstens eine Bewegung der Gehäuse in alle Richtungen erlaubt (wenn auch nur um wenige Grad) und zweitens die Treibergehäuse akustisch vom Bügel entkoppelt. Der folgende kurze Videoclip veranschaulicht das.
Eine tolle Konstruktion! Bleibt nur abzuwarten, wie haltbar und belastbar das Ganze ist, und ob nicht irgendwann die feinen Federn anfangen zu brechen.
Weitere technische Besonderheiten finden sich versteckt im Inneren. Dazu gehören die Chassis des P9. B&W betont, dass die Membranen der meisten dynamischen Kopfhörer fest eingespannt sind. Werden sie durch die Schwingspule in Bewegung versetzt, dann „verwinden“ sich diese (Prägefolien-) Membranen anstatt Kolbenförmig zu schwingen, wie die meisten Lautsprechermenbranen. Der Nachteil dabei ist, dass die Membran selbst nicht absolut steif sein darf, um sich verformen zu können. Dadurch aber entstehenden schwer berechenbare Partialschwingungen, welche die Mitten und Höhen beeinflussen, und im Bassbereich können solche Membranen keine besonders großen Hübe erzeugen. Darum setzt B&W beim P9 auf 40 mm durchmessende Kolbenhub-Chassis mit Sicke und steifer Membran. Ein Novum ist das allerdings nicht. Es gibt auch andere (auch sehr günstige) Kopfhörer mit solchen Membranen. Entscheidend ist bei der Wahl der Membrankonstruktion weniger der Weg, als das Ziel.
Die Membran des P9 Signature-Treibers bestehen laut B&W aus einem Komposit-Material und ihre Form wurde mittels Finite-Elemente-Analysen auf besonders hohe Steifigkeit optimiert. Die Resonanzfrequenz soll weit außerhalb des hörbaren Spektrums liegen (muss sie auch). Selbiges trifft auf die Aluminiumplatte zu, auf der der Treiber sitzt.
Ein weiteres Merkmal: Die Treiber sind um etwa 15° zum Ohr hin geneigt, was die räumliche Abbildung verbessern und das Im-Kopf-Gefühl mildern soll. Dieser Kniff wird allerdings auch von vielen anderen Herstellern angewendet. Die Wirkung ist aus meiner Erfahrung heraus relativ begrenzt. Das Im-Kopf-Gefühl wird man damit keineswegs los und ich kenne auch Kopfhörer ohne angewinkelte Treiber mit ähnlich guter Raumabbildung (Pryma). Aber am Ende zählt wie gesagt nur das Gesamtergebnis. – Womit wir zur Praxis und zum Hörtest kommen…