Test BrydgeAir Tastatur: Macht aus dem iPad ein „Attachable“
BrydgeAir Bluetooth-Tastatur: Praxis – UPDATEDie einzigen überstehenden Teile bei angesetztem iPad sind die Klemmhalterungen, die auf der Rückseite des Tablets aufliegen. Das ist vielleicht designtechnisch nicht ideal, stört aber in der Praxis kaum. Etwas lästiger finde ich hingegen die Abwesenheit einer kleinen Griffmulde, um das iPad von der Tastatur hochzuklappen. Im geschlossenen Zustand liegt dieses nämlich fast bündig auf der Tastatur, wird aber von kleinen Gummipuffern an den Ecken vor einem flächigen Kontakt mit der Tastatur geschützt. Trotzdem ist der Spalt so schmal, dass sich das Gespann nicht so leicht aufklappen lässt. Man muss in jedem Fall beide Teile greifen. Auf dem Tisch liegend lässt es sich fast gar nicht öffnen. Kleine Ursache, große Wirkung. Mit einer passenden Griffmulde an der Tastatur wäre das nicht so schlimm.
Übrigens ist das iPad in die Klemmhalterungen eingesetzt und aufgeklappt, schützen die Halterungen das iPad auch vor Kontakt mit der Tischplatte. Vor Kratzern muss man diesbezüglich also keine Angst haben. Alle Anschlüsse, Tasten und die Lautsprecher des iPad bleiben außerdem frei zugänglich. Selbst die Kamera. Aber das versteht sich bei der Konstruktion von selbst.
Die Verarbeitung des BrydgeAir ist sehr gut und passt auch optisch gut zum iPad. Nur bei genauerem Hinsehen fallen kleine Unterschiede in der Oberflächenbeschaffenheit und der Detailverarbeitung auf. So sind an der Unterseite des BrydgeAir zwei Schrauben und an den Kanten Gehäusespalten zu sehen. So etwas gibt es beim iPad nicht.
Ich sollte fairerweise nicht verschweigen, dass mein erstes Testmuster mich defekt erreichte. Der Akku war aufgequollen und hat das Gehäuse an der Vorderseite auseinander gedrückt, und eine der Klemmhalterungen war verbogen, sodass ich das iPad nicht einsetzen konnte. Das schnell nachgeliefertes zweite Testmuster wies keine Mängel auf. Ich gehe also von einem unglücklichen Einzelfall aus. In dubio pro reo.
Als Gespann wirken iPad und Tastatur tatsächlich wie ein richtiges Notebook. Einfach aufklappen und loslegen. Die Tasten haben eine gute Größe und einen vertrauten Druckpunkt, Es lassen sich damit ganz ausgezeichnet auch längere Texte tippen. Also äußerst praktisch erweisen sich die speziellen Funktionstasten und auch die iPad typischen Fubktionen bleiben erhalten. So kann man beispielsweise mit einem doppelten Druck auf die „Home“-Taste den App Switcher aufrufen. Viel praktischer ist aber, dass sich die Apps seit iOS 9.3 auch wie am Mac mit der Tastenkombination cmd-Tab wechseln lassen. Das geht erheblich flotter, als mit dem App Switcher.
Sondertasten (v.l.n.r.): - Home-Taste/On-Taste (auch zum Aufruf des App-Switchers oder für Siri)
- Lock-Taste (Ausschalten)
- Tastaturbeleuchtung (dreistufig)
- 2 Tasten für Display dunkler/heller
- Taste zum Einblenden der Bildschirmtastatur
- Spotlight-Suche aufrufen
- Weltkugel – führt überflüssiger Weise ebenfalls zur Spotlight-Suche
- 3 Tasten zur Musiksteuerung
- 3 Tasten für Mute und Lautstärke
- weitere Taste mit Mikrofon-Symbold links unten zum Diktieren, für Siri u.s.w.
Auch die meisten anderen vom Mac bekannten Tastenkommandos wie Cut/Copy/Paste oder Undo funktionieren wie vom Mac gewohnt. Man kann auch mit den Pfeiltasten Scrollen (was allerdings recht langsam ist), Menüeinträge auswählen oder mit der Space-Taste seitenweise scrollen. Shift-Leertaste scrollt eine Seite nach oben. Und mit cmd-Pfeil nach oben/unten kann man an den Seitenanfang oder das -Ende springen. Hält man in einer App wie „Notizen“ die cmd-Taste eine Weile gedrückt, blendet iOS die verfügbaren Tastaturkommandos ein. – Wer Mac-Tastaturbedienung gewöhnt ist, fühlt sich sofort wie zuhause. Tatsächlich ist das Zusammenspiel zwischen Mac und iPad mit BrydgeAir dank der engen Verzahnung der mitgelieferten Apps sehr angenehm. So habe ich einen Teil dieses Berichts auf dem Mac in Notzen verfasst und später weiter auf dem iPad mit BrydgeAir wie an einem Notebook geschrieben. Sehr komfortabel! Grundsätzlich brauche ich eine Tastatur am iPad allerdings nur selten. Aber für diejenigen, die unterwegs wirklich viel zu tippen haben, funktioniert diese Kombi ausgezeichnet.
Ein paar kleinere Einschränkungen gibt es aber noch in Bezug auf die eingebauten Lautsprecher zu vermerken. Diese sind zwar tatsächlich um einiges lauter, als die im iPad Air verbauten. Und dank ihrer Positionierung mit Öffnungen an der Rückseite klingt es auch nicht so einseitig. (Bei Nutzung der iPad-Air-Lautsprecher sitzen diese im Querformat entweder rechts oder links.) Doch leider klingen die Speaker des BrydgeAir ansonsten nicht sehr überzeugend. Eher quäkig. Kurz vor Redaktionsschluss habe ich mein neues iPad Pro 9,7“ erhalten, das über deutlich verbesserte Lautsprecher verfügt, die an vier Ecken untergebracht sind, und diese klingen eindeutig viel besser bei Nutzung am BrydgeAir.
Ein weiteres Problem der Lautsprecher ist, dass sie sich nicht immer automatisch wieder per Bluetooth koppeln, wenn man das iPad mit der Tastatur startet. Man muss in dem Fall erst die entsprechende Taste am BrydgeAir ein paar Sekunden gedrückt halten. Und was vielleicht noch viel schlimmer ist: Die Bluetooth-Wiedergabe über die Brydge-Speaker hat eine kleine aber deutlich wahrnehmbare Verzögerung, was bei Spielen oder Spielfilmen sehr lästig ist. Und als wäre das noch nicht genug, machen die Lautsprecher des Brydge auch noch mit deutlichem Rauschen unangenehm auf sich aufmerksam. Das fällt besonders dann auf, wenn kein Signal mehr kommt. Die Speaker rauschen dann etwa zehn Sekunden vernehmlich vor sich hin, bevor sie sich abschalten. Aus diesen Gründen habe ich die Brydge-Lautsprecher später gar nicht mehr genutzt.
Die Verbindung der Tastatur funktioniert hingegen weitgehend reibungslos. Klappt man das iPad auf, schaltet es sich ein und ggf. muss man zwei mal auf eine Taste drücken, bis sie wieder Verbindung hat, aber danach klappt das Tippen ohne merkliche Verzögerung und ist zuverlässig. Solch winzige Wartezeiten zur Verbindungsaufnahme sind vielleicht nicht dramatisch, aber sie sind exakt der Grund, warum Apple an den iPad Pro-Modellen den Smart Connector eingeführt hat. Vielleicht wird es in Zukunft ja auch Modelle von Brydge geben, die sich darüber mit dem iPad verbinden lassen, womit sich die geschilderten Kopplungs- und Lautsprecherproblemchen vermeiden ließen.
Update 02.04.16: Erst eben fiel mir auf, dass sich das iPad Pro 9,7" am BrydgeAir nicht abschaltet, wenn man es zuklappt, bzw, beim Aufklappen nicht einschaltet. Außerdem wurden die Lautsprechertasten des iPad Pro etwas nach oben versersetzt und sind damit nicht mehr auf einer Linie mit den Tasten des BrydgeAir. Der seitliche Schalter fehlt zudem am iPad Pro. – Was natürlich nur eine kleine ästhetische Einschränkung bei der Verwendung mit der Tastatur bedeutet.