Test Canon RF 135mm F1,8 L IS USM – Viel mehr als nur ein traumhaftes Portrait-Objektiv
Das Canon RF 135 in der PraxisHinweis: Ich betrachte hier nur die Foto-Aspekte des Objektivs, nicht die Video-Eigenschaften.
Für die hohe Lichtstärke bei gleichzeitig umfassend korrigiertem Linsensystem ist eine Menge Glas erforderlich. Beim RF 135 sind das nicht weniger als 17 Linsen in 12 Gruppen. Das erfordert einen kräftigen AF-Motor und eine entsprechend aufwändige Konstruktion des IS, was zusammen mit der hochwertigen Verarbeitung nach „L“-Standard zu einem Gesamtgewicht von 935 g führt. Immerhin trotz IS noch minimal leichter, als das Sony, das auch weniger Linsen/Gruppen hat und 950 g auf die Waage bringt.
Erstaunlich ist, wie schnell der AF arbeitet. Üblicherweise sind so lichtstarke Objektive mit schweren Linsen – wie etwa ein EF 85 mm f/1,2 – sehr langsam beim automatischen Fokussieren. Nicht so das RF 135 mit seinem Ultraschallmotor (USM). Da markt man kaum einen Unterschied zu den schnellen „Arbeitstieren“ der RF-Linie. Und leise ist der AF auch. Nur zum Vergleich: Der Stepper-Motor (STM) eines RF 35mm F1.8 MACRO IS STM ist deutlich langsamer und lauter.
Ein Objektivgewicht von fast einem Kilogramm ist – auch wenn es sich nicht um ein super langes Tele handelt – natürlich schon ein ordentlicher Batzen. Eine gewisse Kopflastigkeit ist damit an Kameras wie der R6 kaum zu vermeiden. Dennoch ist die Balance und das Handling insgesamt sehr gut und kann ohne Stativ/Einbein auch über längere Zeiträume „ertragen“ werden. Für die Nutzung auf einem Stativ ist keine Stativschelle notwendig und auch nicht vorgesehen. Eine ordentlicher Stativkopf vorausgesetzt, natürlich.
Bei der Ergonomie fiel mir nur eine Sache etwas negativ auf: Der Tubus ist am unteren Ende so dick, dass zwischen Objektiv und Handgriff der R6 nur wenig Platz bleibt. Meine Finger passen zwar gut dazwischen, aber mit den Fingernägeln feile ich bei jedem Griff zur Kamera etwas an dem mattschwarzen Objektivgehäuse entlang. Man gewöhnt sich daran, aber Nutzer mit deutlich kräftigeren als meinen Fingern könnten damit schon Probleme haben.
Das 135er hat die üblichen Bedienelemente vieler RF-Objektive. Dazu gehören ein Schalter für AF On/Off, einer für IS On/Off, ein breiten Fokusring (natürlich „by Wire“) und der konfigurierbare Objektiv-Steuerring. Zusätzlich gibt es hier zwei frei belegbare Funktionstasten, eine links, eine oben auf dem Objektiv für Quer- und Hochformat. Die beiden Tasten können nur mit jeweils der selben und nicht mit unterschiedlichen Funktionen belegt werden.
Neben einem Objektivbeutel und den üblichen Deckeln für Objektivanschluss und Frontlinse (82 mm) gehört zum Lieferumfang eine Streulichtblende. Die
ET-88B passt auch für das
RF 600mm F11 IS STM und ist ziemlich groß, um umgedreht zum Transport über das Objektiv gesteckt werden zu können. Dementsprechend benötigt es auch recht viel Platz in der Fototasche. Trotz sehr guter Entspiegelung und Beschichtung gegen Streulicht ist der Einsatz der Streulichtblende immer ratsam. Zumindest in Innenräumen werden die Meisten darauf beim RF 135 aber lieber verzichten wollen.
Die riesige Irisblende des RF 135 besteht aus neun abgerundeten Lamellen. Nur neun? – werden eingefleischte Sony-Fans einwenden. Schließlich hat das oben genannte FE 135mm F1.8 GM sogar elf Lamellen. Der Unterschied ist in der Praxis aber kaum relevant, denn für die so beliebten runden Bokeh-Balls muss die Blende sowieso weit offen sein und da ist die Blendenöffnung des Canon auch kreisrund. Bei kompletter Offenblende sowieso. In folgendem kurzen Video ist das schön zu sehen:
Dass mit dem RF 135 ein in jeder Hinsicht bezauberndes und cremig-sanftes Bokeh möglich ist, sehen Sie auch auf vielen Beispielbildern auf der nächsten Seite. Das ist eines der Merkmale, mit denen sich eine Festbrennweite wie diese auch noch mal deutlich von einem 70-200 f/2,8 abhebt.