Test: Dirac Live Raumkorrektursoftware – haucht Lautsprechern neues Leben ein
Dirac Live: Einmessung und AnwendungWir sprechen hier von einer „Raumkorrektur-Software“. Aber lassen Sie sich davon nicht zu sehr ins Bockshorn jagen. Selbst so ausgefuchste Systeme wie Dirac Live können aus lausigen Rumpelboxen keine High-End-Speaker und aus akustisch miserablen Räumen keinen perfekten Konzertsaal machen. Auch bei der Aufstellung der Lautsprecher zahlt sich eine sorgfältige Positionierung klanglich immer aus und ist besser, als Fehler durch nachlässige Positionierung im Nachhinein per Software korrigieren zu wollen.
Für meine ersten Gehversuche mit Dirac Live habe ich die besagten Nubert nuPro A200 Lautsprecher in einer Desktop-Aufstellung genutzt. Dirac Live scheint aber nicht unbedingt für solche Nahfeld-Szenarien gemacht zu sein. Die Grafiken in der Software deuten darauf hin, dass die Entwickler eher an Wohnraum-Aufstellung gedacht haben. Dazu gleich mehr. Trotzdem zeigt die Software auch in meiner Konfiguration deutlich Wirkung. Und so geht’s:
Zunächst wird das Mikrofon angeschlossen und das Dirac Live Calibration Tool (DLCT) gestartet. Die Software führt Schritt-für-Schritt durch die Prozedur. Im ersten Fenster stellt man die für die Ausgabe vorgesehenen Lautsprecher ein. In meinem Fall ist das „USB AUDIO DAC“, wohinter sich die Nubert A200 verbergen, die sich leider nicht mit eindeutigem Namen zu erkennen geben.
Im nächsten Screen wird das Mikrofon ausgewählt und ggf. die Kalibrierungsdatei geladen.
Danach werden die Pegel für die Messung eingestellt. Um brauchbare Ergebnisse zu erzielen müssen die ziemlich hoch sein. Ist der Pegel zu niedrig, gibt es bei der anschließenden Messung eine Fehlermeldung. Über die Buttons „Test“ kann man ein Testsignal (Rosa Rauschen) aktivieren. Die Pegelanzeige daneben sollte bis etwa knapp unterhalb der -24 dB-Marke ausschlagen.
Übrigens habe ich hier den linken und rechten Kanal vertauscht (roter Rahmen), weil bei den Nuberts der Master normalerweise der linke Speaker sein soll, bei mir ist es aber der Rechte.
Im Folgenden werden nun neun Messungen an den mit Punkten markierten Stellen vorgenommen. Man hat hier die Auswahl, ob es sich um einen Einzelsitzplatz, ein Sofa oder ein Auditorium handelt. Eine spezielle Option für Desktop gibt es nicht, also habe ich die Einzelsitzplatz-Grafik gewählt. Wichtig dabei ist ein Mindestabstand des Mikrofons zu den Boxen von 50-60 cm. Wie bei Genelec werden für die Messung auch mit Dirac Sinus-Sweeps generiert. Aufgrund des hohen erforderlichen Pegels für die Messung erzeugen die Nubert A200 dabei ziemlich heftige Resonanzen (Strömungsgeräusche) an den Bassreflexöffnungen. Ob und inwiefern dass die Messungen beeinträchtigt, kann ich nicht sagen, aber gut ist es sicherlich nicht.
Bei neun Messpunkten, die für jeden der beiden Lautsprecher einzeln gemessen werden müssen, kommen wir also auf 18 Einzelmessungen. Während der Messungen sollte es im Raum natürlich so ruhig wie möglich sein (Fenster zu, Türen zu, Klappe halten…) und man selbst sollte natürlich nicht zwischen Mikro und Lautsprecher stehen. Ohren zuhalten kann auch nicht schaden. Die Messungen für Dirac Live mussten jedenfalls um einiges lauter erfolgen, als bei den Genelec. Nur etwas weniger Pegel und es kam zu Fehlermeldungen.
Der nächste Screen zeigt das Messergebnis vor der Optimierung…
…und nach einem Klick auf den Button „Optimize“.
Der geübte Klangverbieger kann nun an den Punkten auf der roten Linie den Zielverlauf manipulieren. Dazu können auch beliebig viele zusätzliche „Breakpoints“ per Doppelklick hinzugefügt werden. Damit kann man sich beispielsweise, wie im folgenden Screenshot zu sehen, einen etwas basskräftigeren Verlauf mit veränderter tonaler Balance in den Mitten erzeugen.
Die Impulswiedergabe (als Beispiel nur der linke Lautsprecher) zeigt im vorher/nachher-Vergleich deutlich geringeres Überschwingen (Ringing).
Nach Abschluss kann man die erzeugten Filter und Zielverläufe speichern und zuletzt das Ganze als Projekt abspeichern.
Anwendung:Okay, und wie bekomme ich die Veränderungen zu Gehör? Dazu wechselt man in den Dirac Audio Processor (DAP). Dort finden sich vier Slots für zuvor abgespeicherte Filter Sets. So kann man mehrere unterschiedliche Verläufe laden und im Betrieb zwischen diesen umschalten. Im DAP muss noch das Ausgabegerät ausgewählt werden (hier „USB AUDIO DAC“ – also die Nuberts). DAP selbst muss in macOS als Ausgabegerät eingestellt sein. Wenn alles richtig gemacht wurde, leuchtet der Streaming-Indikator im DAP. Über den Filter-Switch kann man nun das Ergebnis mit und ohne Korrektur vergleichen.
Als zusätzliche Einstellung gibt es im DAP einen GAIN-Regler. Dazu muss man wissen, dass die Wiedergabe über den DAP deutlich leiser ist, als bei Direknutzung der Lautsprecher. Dementsprechend muss man die Lautstärke der Boxen höher als normal einstellen. Das liegt daran, weil die Signalverarbeitung für die Raumkorrektur Pegelreserven benötigt, um die volle Wirksamkeit entfalten zu können. Über den GAIN-Regler im DAP kann man den Grundpegel manuell erhöhen, was den besagten Spielraum aber verringert. Wenn die angeschlossenen Boxen genug Pegelreserven haben (was bei den Nuberts der Fall ist), sollte man Regler ganz links belassen.
Darüber hinaus gibt es im DAP noch Regler für Gain & Delay zum Ausgleich zwischen linker und rechter Box. Dazu gleich mehr.