HEIPI W28 in der PraxisDas HEIPI Carbon Reisestativ überzeugt auf dem Papier mit unglaublich vielen Detaillösungen, von denen ich bisher noch längst nicht alle angesprochen habe. Das ist auch gar nicht der Anspruch dieses Berichts, denn über die Funktionen informiert der Hersteller selbst natürlich lückenlos. Vielmehr stellt sich die Frage, ob all das in der Praxis auch so gut funktioniert, wie die Produktbeschreibung und die schon existierenden Vorab-Rezensionen einiger Vlogger suggerieren.
Das HEIPI war für mich ein Blindkauf. Nach der Bestellung im März sollte es noch etwas dauern. Der Hersteller rechnete mit einer Auslieferung Juni. Doch im Juni stand auf der Bestellseite plötzlich etwas von August. Ende Juni konnte ich in meinem Bestellstatus auf der Webseite dann aber einen Versand-Hinweis finden (per Mail wurde ich darüber nicht gesondert informiert). Ein paar Tage später kam das Stativ dann per DHL International wohlbehalten bei mir an.
Um den Bericht nicht zu sehr in die Länge zu ziehen, lassen Sie mich die Sache wie folgt zusammenfassen:
Alle vom Hersteller gemachten Versprechungen werden grundsätzlich eingehalten. Das HEIPI ist für seine Größe und Höhe ausgezeichnet stabil, insbesondere auch mit ausgefahrener „Mittelsäule“. Von der niedrigsten bis zur höchsten Arbeitsposition macht der Umgang mit diesem Stativ viel Freude, und es ist eine wahre Hilfe für zahllose Fotosituationen.
Es gibt ein paar Einschränkungen, auf die ich hier gezielt eingehen will, weil die vom Hersteller nicht genannt werden und auch in den bisherigen Video-Reviews kaum oder gar nicht erwähnt werden. Auch wenn es sich dabei um Kritikpunkte handelt, ändert das am positiven Gesamtbild des HEIPI aber so gut wie nichts. Also…
Manche Aspekte sind gewöhnungsbedürftig. Zum Beispiel die Hebel zum Ver- und Entriegeln der Beinsegmente. Zu Anfang waren die so fest, dass ich sie kaum geöffnet bekam. Doch inzwischen, nach ziemlich kurzer Nutzungszeit, geht das schon viel besser. Wenn es so bleibt, ist alles gut. Aber sollten die Hebel noch loser werden, könnte das zu einem Problem werden, denn nachjustieren lassen sie sich nicht. Einen echten Vorteil gegenüber beispielsweise Drehverschlüssen an Gitzo-Stativen kann ich nicht erkennen. Beides funktioniert gleichermaßen ok. Im Vergleich zu anderen Hebel-Lösungen sind die Verschlüsse des HEIPI allerdings deutlich platzsparender. Die Beinsegmente können nicht selbst auseinander genommen werden, so wie es bei einigen anderen Stativen möglich ist.
Die Gummifüße lassen sich übrigens abschrauben. Im Inneren verbergen sich Spikes, die umgedreht in die Füße und dann wieder in die Beine eingeschraubt werden können. Wer Spikes benötigt, wird dieses Extra zu schätzen wissen.
Die Beine des Hauptstatives lassen sich in drei Winkeln einstellen. Um die beiden größeren Winkel nutzen und dem Stativ damit eine breitere Beinaufstellung geben zu können, müssen kleine Hebel zur Entriegelung nach unten gedrückt werden. Das ist manchmal etwas fummelig, insbesondere, wenn die erste Raststufe überwunden werden soll. Das Bein muss, um den Hebel drücken zu können, recht weit zusammen geklappt sein, und wenn das Substativ eingesetzt ist, bleibt nicht viel Platz, um das Bein zu greifen und gleichzeitig den Hebel zu drücken. Beim Sub-Stativ sind zwei Winkel möglich. Die Entriegelungshebel hier sind noch kleiner, lassen sich aber problemlos bedienen.
Nicht so schön: Das ausziehen bzw. Einfahren des Sub-Statives als Mittelsäule ist sehr schwergängig. Egal wie weit man den Ring zur Entriegelung gelöst hat, lässt sich die Mittelsäule nur schwer ausfahren/absenken. Vielleicht gibt sich das noch mit der Zeit. Besonders widerspenstig gibt sich die Mittelsäule, wenn sie ganz nach unten geschoben werden soll. Da gilt es einen Widerstand mit viel Druck zu überwinden, wobei es dann irgendwann mit einem harten Ruck nachgibt. Das könnte smoother gehen.
Es gibt unter dem Stativkreuz einen Haken zum anhängen eines Gegengewichts. Dieser sollte, wenn ich die Konstruktion richtig verstehe, im Transportmodus eigentlich fixiert sein, baumelt bei meinem Exemplar aber etwas lose und klappert so ein wenig zwischen den Beinsegmenten. Nicht schlimm, aber auch das hätte etwas eleganter gelöst werden können.
Von diesen Kleinigkeiten abgesehen überzeugt das HEIPI. Besonders hervorzuheben ist neben der besonderen Lösung mit der Mittelsäule als integriertem Zweit-Stativ die Stabilität des zugehörigen Stativkopfes. Auch dieser besitzt viele kleine, gut durchdachte Details. Neben dem erwähnten integrierten Smartphone-Halter gehört dazu eine Drehachse, die wahlweise frei laufend oder mit Rast-Stufen in 10-Grad-Schritten arbeitet. Oder der einfach nachzuspannende Fixierhebel, der Schnappmechanismus für Arca-Platten und sein geringes Gewicht.
Fazit – Ein gelungener Allrounder Noch stehen Langzeiterfahrungen aus, sodass ich keine Aussagen über die Haltbarkeit machen kann. Aber die Konstruktion des
HEIPI W28 mit seinen zahlreichen Detaillösungen ist sehr überzeugend. Vom geringen Packmaß mit kleinem Durchmesser und niedrigem Gewicht, über die (überwiegend) gute Bedienung, bis hin zu den vielen nützlichen Features passt alles.
Im Vergleich zu Reisestativen anderer, auch etablierter Hersteller, sticht das HEIPI vor allem mit seinem guten Preis-/Leistungsverhältnis hervor. Auch wenn der Frühbesteller-Rabatt ($40) bald entfällt, ist der Preis von unter 400 Euro in Anbetracht des Gebotenen mehr als Konkurrenzfähig. Natürlich kann auch das HEIPI nicht alle denkbaren Aufgaben erfüllen, aber in Sachen Vielseitigkeit ist es auf jeden Fall das beste mir bekannte Stativ. – Und damit eine klare Empfehlung.
Plus/Minus HEIPI W28+ Tolles Gesamtkonzept mit vielen Finessen
+ integriertes Ministativ, dient auch als stabile Mittelsäule
+ stabil und gute Höhe für ein Reisestativ
+ kleines Packmaß, erträgliches Gewicht
+ kompakter Kugelkopf mit hoher Traglast
+ im Kugelkopf integrierter Smartphone-Halter
+ diverse Montagepunkte für Zusatzhalter
+ Libellen in Kopf und Stativ
+ kombinierte Gummifüße / Spikes
+ passgenaue, wasserfeste Stativtasche inklusive
+ Preis/Leistung
– klappernder Haken für Gegengewicht
– manche Details etwas Gewöhnungsbedürftig