Genelec 8330A: Installation – Es wird abenteuerlichFür die meisten Privatanwender, aber mit Sicherheit auch für so manchen Profi, haben die Genelec leider einen ganz erheblichen Nachteil: sie haben keinen USB-Eingang.
Wie auf der Seite zuvor beschrieben, ist die digitale Ansteuerung der 8330A nur über AES/EBU mit passendem XLR-Kabel möglich. Im Studiobereich mag XLR sowohl digital als auch analog zwar gängig sein, im Heimbereich finden sich diese Anschlüsse – vor allem AES/EBU – üblicherweise aber nur in einigen High-End-Komponenten und schon gar nicht bei Computern.
Mein Plan war es, die 8330A als Desktoplautsprecher mit meinem Mac zu verbinden. Einfach ein USB-Kabel anschließen geht aber nicht. Also wie bekomme ich das Signal vom Mac digital in die Boxen? Wie sich zeigte, gar nicht. Ich hätte mir dazu erst einen Adapter USB-auf-AES/EBU kaufen müssen, wie zum Beispiel
diesen Kasten (kleines Bild) für knapp 130 Euro (plus Versand und Zoll etc.). Das war mir aber zu aufwendig und teuer, außerdem wollte ich natürlich schnell Ergebnisse hören und nicht erst noch ein paar Wochen auf die Lieferung des Interface aus China warten. Die zweite Möglichkeit wäre, mir ein Adapterkabel von 3,5 mm Klinke auf Stereo XLR
wie dieses für knapp 12 Euro zu besorgen, um die Lautsprecher analog anzuschließen. Aber auch das hätte zusätzliche Kosten und Zeitaufwand bedeutet. Außerdem ist das technisch eine ziemlich lausige Lösung, weil ich dabei auf den primitiven DAC und die analoge Ausgangsstufe des Mac angewiesen wäre.
Also habe ich erst mal gaaanz tief in meiner riesigen Sammlung von Kabeln und Adaptern aus dem Audiobereich gegraben und eine einigermaßen brauchbare Lösung gefunden. – Wenn auch eine ziemlich abenteuerliche! Und die sieht so aus:
> Meridian Explorer² per USB an den Mac angeschlossen
> am (ungeregelten) Line-Ausgang des Explorer² ein hochwertiges Kabel von Klinke auf Stereo-Cinch
> an die Cinch-Stecker Adapter-Plugs Cinch-auf-XLR von Neutrik
> an die Neutrik-Adapter XLR-Kabel zu den Boxen links und rechts
Waaaahhh…!?Und da soll es Leute geben, die sich über den kleinen Lightning-Klinke-Adapter beim iPhone 7 beschweren.
*hüstel*Eine wirklich gewagte Verkabelung, aber es funktioniert zu meinem Glück absolut störungsfrei, sodass ich endlich – bald – mit den ersten Tönen aus dem 8330A rechnen kann. Natürlich hat diese Verbindung die schon beschriebene Konsequenz der doppelten Wandlung. Erst D/A im Meridian Explorer², dann A/D am Eingang der Lautsprecher und dann wieder D/A hinter der digitalen Frequenzweiche. Aber das muss genügen. Die klanglichen Verluste durch die umständliche Mehrfach-Wandlung dürften verschmerzbar sein. Nur zeigt sich hier ganz klar, dass die Genelec dringend einen vernünftigen, asynchronen USB-Audio-Eingang haben sollten. Auch den sogenannten Profis dürfte das willkommen sein.
Zwischenstand der Verkabelung: Je ein Netzkabel pro Box und die zuvor beschriebene Verbindungsorgie zum Mac mit je einem XLR-Kabel pro Box. Doch damit ist die Strippenparty noch lange nicht zu Ende!
Um die Vorteile der automatischen Einmessung per SAM nutzen zu können, muss zuvor noch einiges installiert werden. Kernstück des Ganzen ist eine kleine Black Box mit Namen GLM (Genelec Loudspeaker Manager). Dieser stellt eine vom Audio-Pfad vollkommen unabhängige Netzwerkverbindung vom Computer zu den Lautsprechern her. Dazu wird die GLM-Box per USB mit einem Mac oder PC verbunden. Vom GLM geht dann ein Netzwerkkabel zur Master-Box und von dort ein weiteres Netzwerkkabel zur Slave-Box und ggf. weiteren Slave-Boxen. Genelec liefert zwei je 5 m lange CAT-5-Kabel mit. Leider die herkömmlichen, recht steifen Netzwerkstrippen. Es hätte sicher auch gereicht, die viel flexibleren
Flachband-Varianten beizulegen. Etwaige Überlängen der Kabel müssen dann irgendwie verstaut werden:
Einmal installiert kann man die Kabel natürlich auch gegen andere, in der Länge passende Leitungen ersetzen.
But wait! There is one more thing! Um das System einmessen zu können, muss noch das mitgelieferte Mikrofon per Klinkenkabel (also analog) an der GLM-Box angeschlossen werden. Ach ja, und dann gehört zu dem Set auch noch ein praktischer Lautstärke-Drehregler, der ebenfalls per Klinkenkabel am GLM angeschlossen werden kann. Leider fehlte dieser Regler bei meinen zuvor schon gebrauchten Testmustern. Schade, wo ich doch Drehregler zur Lautstärkeregelung sehr schätze. Aber immerhin erspare ich mir dadurch wenigstens
eine Strippe. Der Regler ist allerdings auch recht rudimentär. Nicht mal eine Mute-Funktion bietet er. Und erst recht keine Titelsteuerung.
Der Verkabelungsaufwand insgesamt ist gigantisch. Genelec argumentiert, dass man den Netzwerk-Part mit GLM, Mikro, LS-Regler und Netzwerkkabeln nach erfolgter Installation und Einmessung wieder entfernen kann. Die Daten der Einmessung können nämlich in die Boxen geladen werden. Das spart zwar einige Strippen, aber dann kann man auch keine Steuerung über den Mac und die GLM-Software, oder klangliche Anpassungen darüber vornehmen. Um sämtliche Features permanent nutzen zu können, muss das Ganze zuvor beschriebene Geraffel angeschlossen bleiben.
Auch hier stellt sich mir die Frage, warum Genelec keine USB-Audio-Buchse im GLM bietet. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, dass man Netzwerk und Audio strikt getrennt halten will, was durchaus löblich und nachvollziehbar ist. Aber da selbst high-endigste Lösungen heutzutage störungsfrei und wunderbar klingend mit USB funktionieren halte ich Genelecs Ansatz für nicht mehr ganz zeitgemäß. Vielleicht müssen die Finnen einfach aus Kompatibilitätsgründen den einmal eingeschlagenen Weg weiter gehen. Dennoch glaube ich, dass Genelec hier Nachholbedarf hat. Fehlende Cinch-Buchsen an Studio-Monitoren kann ich ja noch nachvollziehen, aber fehlendes USB-Audio, weder in den Boxen noch im GLM, nicht.
Wenn man genau darüber nachdenkt, könnte Genelec auf die zusätzliche GLM-Box eigentlich auch komplett verzichten. Die Netzwerk-Features der Speaker sind nicht so anspruchsvoll, dass man sie nicht auch drahtlos mit Mac oder iDevices erledigen könnte. Die Einmessung per Mikrofon kann vermutlich sogar über das iPhone- oder iPad-Mikro erfolgen. Und falls das technisch nicht gut genug sein sollte, gibt es diverse Möglichkeiten iDevices mit vernünftigen Mikrofonen zu ergänzen.
Während ich so darüber nachdenke und im Internet stöbere, finde ich zufällig eine Lösung, die stark in diese Richtung geht! Nämlich ein USB-Mikrofon plus Software zur Raumeinmessung, die mit jedem digital angeschlossenen Lautsprecher funktioniert. Dazu komme ich in Kürze noch mal in einem anderen Test. Dann auch mit einem Quervergleich zu Genelec SAM.
Oh, Moment! Bevor es weitergeht ist noch eine kleine Sache zu tun. Man muss sich die GLM-Software (kostenlos für Mac und PC verfügbar) herunterladen (zur
Download-Page) und installieren. – Check!