Test: Shure MOTIV MV88 Kondensatormikrofon für iOS – Ton aufzeichnen wie die Profis?
Shure MOTIV MV88 in der PraxisDas MV88 wird in einem kleinen, rundlichen Transport-Case und mit aufsteckbarem Windschutz geliefert. Außerdem liegt ein Klinkenadapter bei, dessen Zweck nicht gleich einleuchtet. Beim iPhone 5 und iPhone 6 liegt das Gehäuse mit der Elektronik des MV88 je nach Steckrichtung recht nah am Kopfhörerausgang, wenn es im Lightning-Port steckt. Manche Klinkenstecker sind zu dick und passen dann nicht mehr in die Buchse des iPhone. Deswegen gibt es den kleinen Adapter, dessen Stecker auf jeden Fall in die Buchse passt, um daran auch voluminösere Klinkenstecker anstöpseln zu können.
Sinn und Zweck des Ganzen ist natürlich, dass man dadurch eine Abhörfunktion während der Aufnahme per Kopfhörer erhält (Monitoring), um ggf. den Aufzeichnungspegel und andere Parameter anzupassen. Auf diese Möglichkeit habe ich bei meinem Test gänzlich verzichtet und mich auf die Aussteuerungsanzeige der App und die DSP-Voreinstellung für Sprache verlassen.
Nachdem man die ShurePlus Motiv App installiert hat, reicht es, das MV88 an den Lightning-Port anzustecken, um es in Betrieb zu nehmen. Die Steckrichtung ist dabei im Prinzip egal. – Mit Einschränkungen im Handling: Das Mikro kann an seiner Halterung nur im 90°-Winkel gekippt und ausgerichtet werden. Je nachdem wie herum man es ansteckt, kann man das Mikro also (in Relation zum iPhone-Gehäuse) nur nach unten oder nur nach oben klappen.
Da es an der Unterseite, also beim Home-Button angeschlossen wird, muss das iPhone quasi auf dem Kopf (Home-Button oben) genutzt werden. Die Shure App dreht sich automatisch je nach Haltung.
Die im Kopf des MV88 verbaute Mikrofonkapsel eignet sich für Stereo-Aufzeichnung, wobei die Richtcharakteristik über die App für unterschiedliche Anwendungsszenarien (speech, singing, flat, acoustic instrument und loud) angepasst werden kann. Die Aufzeichnung selbst erfolgt mit 24 Bit Genauigkeit und maximal 48 kHz Samplingrate. Kleines Manko dabei: Aufzeichnungen werden immer im unkomprimierten WAV-Format gespeichert. Die Möglichkeit zur Echtzeitkompression besteht nicht. Das bedeutet einen relativ großen Speicherplatzbedarf. Mit der Betonung auf "relativ". 1 Stunde Aufzeichnung kostet ca. 1 GB Speicherplatz. Wer viel Video aufzeichnet, ist da schlimmeres gewohnt.
Nach der Aufzeichnung können die gespeicherten Files über die Shure-App in andere, komprimierte Formate konvertiert werden. Zur Verfügung stehen Apple Lossless und AAC in unterschiedlichen Kompressionsraten (96/128/256 kbit/s). Damit lässt sich eine Menge Speicherplatz einsparen. Aber Vorsicht! Mit der App können die Aufnahmen nämlich auch geschnitten werden. Das geht aber nur, solange sie noch im Original WAV-Format vorliegen. Ich habe dummerweise meine Aufzeichnungen von der High End noch im Hotel in ALAC konvertiert und damit die Möglichkeit verloren, die Interviews auf dem iPhone Trimmen zu können.
Aufzeichnungen lassen sich per "Teilen"-Button als Nachricht oder per E-Mail verschicken, in die iCloud verschieben, an andere Apps übergeben, oder per AirDrop an andere Devices senden. Schön wäre es, wenn Shure auch eine Desktop-App für Macs anbieten würde, mit der sich auch bereits konvertierte/komprimierte Aufzeichnungen bequem am großen Bildschirm bearbeiten ließen. Zum Glück gibt es für den Mac aber gute, kostenlose Tools von anderen Anbietern für diesen Zweck, wie beispielsweise
Audacity.
Bei meinem Test ging es mir, wie Sie aus der Aufgabenstellung ja schon wissen, nicht um Studio- oder Konzerthallenqualität, sondern darum, Sprache in sehr lauter Umgebung möglichst gut einzufangen. Daher will ich hier auch keine Klangeinschätzung des MV88 angeben. Nur so viel: Der Unterschied zur Aufzeichnung mit dem eingebauten Mikro ist enorm. Und dank der DSP-Voreinstellung für Sprache wurden meine Gespräche auf der Messe wie erhofft in der notwendigen Klarheit aufgezeichnet. Dabei habe ich das iPhone mit MV88 entweder auf einen Tisch gelegt oder einfach in die Gesprächsrunde gehalten, ohne es gezielt auf den jeweiligen Sprecher auszurichten. Laute Umgebungsgeräusche vom Messetrubel sind zwar stets eindeutig vernehmbar, übertönen das Gespräch aber nie.