iFi Audio ZEN Stream: Praxis und KlangDer ZEN Stream braucht nach einem Druck auf die Powertaste etwa 20-30 Sekunden, um zu starten und sich mit dem Netzwerk zu verbinden. Das ist zwar nicht so flott wie ein MacBook aus dem Ruhezustand zu holen, schließt hier aber einen kompletten Bootvorgang ein und ist damit vertretbar. Ausgeschaltet wird das Gerät über einen langen Druck auf die Power-Taste, oder über das Web-Interface, wo es auch eine Weckfunktion und einen Sleep-Timer gibt.
Der Stromverbrauch ist äußerst gering. Ausgeschaltet sind es ca. 0,6 W. Eingeschaltet nur etwa 7 W im Leerlauf und, je nach Leistungsabgabe an den Kopfhörer, immer noch deutlich unter 10 W bei der Wiedergabe. Und darin ist auch die Speisung des nachgeschalteten ZEN DAC über USB-Bus vom Stream enthalten.
Auf der Front weisen lediglich zwei große, farbig codierte LEDs auf den Netzwerk- (linke LED) und Streamingstatus (rechte LED) hin. Ich persönlich bin kein großer Freund dieser Farbwechselspiele, weil dafür immer wieder mal ein Blick in die Tabelle der Kurzanleitung nötig ist, um herauszufinden, welche Farbe was bedeutet. Aber letztlich ist das auch nicht so wichtig und netterweise lassen sich die LEDs mit einem kurzen Druck auf die rechte Taste auch abschalten.
Nach ersten Streaming-Tests über Roon (siehe Screenshots) kam zunächst etwas Ernüchterung auf. Der ZEN Stream hängte sich mehrfach auf und musste zum Restart von der Stromversorgung getrennt werden. Die Nachforschung ergab, dass daran der von mir am USB-Datenport angeschlossene USB-Stick Schuld war. Irgendwie mochte der Stream mit diesem nicht warm werden. Obwohl er ihn im Interface korrekt anzeigte, wurde die darauf gespeicherte Musik (FAT32 formatiert, simple Ordner mit MP3-Files) nicht gefunden und das System stürzte gelegentlich ab. Mit anderen Sticks und einer USB/SATA-SSD funktionierte es dann aber einwandfrei und der Stream tat fortan ohne irgendwelche Ausfälle zuverlässig seinen Dienst.
Mit Roon ist die Musikverwaltung und Steuerung ein wahre Freude, aber diese relativ kostspielige Lösung ist vermutlich gerade in der Preisklasse des ZEN Stream nicht jedermanns Sache. Als günstigere Alternative auf dem Mac empfiehlt sich Audirvana oder (nicht von mir ausprobierte) UPnP-Apps anderer Anbieter. Auf iOS ist die kostenlose App mconnect eine gute Empfehlung.
Klangtest – Der ZEN Stream wildert in High-End-TerritoriumVerglichen habe ich den ZEN Stream und ZEN DAC (zusammen rund 560 Euro) mit dem 1.950 Euro teuren
Waversa WminiHPA MK2. Das ist ein ziemlich highendiger Kopfhörerverstärker mit eingebautem DAC und Streamingfähigkeit. Der Waversa kombiniert also die Features des ZEN Stream und ZEN DAC in einem (sehr hochwertigen) Gehäuse. Ausstattung und Funktionen bewegen sich auf einem sehr ähnlichen Niveau. Der Wmini dient mir intern seit einiger Zeit als Klangmaßstab und Arbeitsgerät auf diesem Feld.
Maßstab für den Test: Der Waversa Wmini HPA MKII.
Folgende Quellen und Einstellungen wurden genutzt: Der ZEN Stream lief zunächst im Allgemein-Modus und der ZEN DAC natürlich ohne Bass-Boost. Für beide Streamer diente Roon als Quelle, wobei die beiden Geräte zur gleichzeitigen Wiedergabe in Roon gruppiert wurden. So brauchte nur der Pegel angeglichen und der Kopfhörer zwischen den beiden Geräten umgesteckt werden. Kleine Einschränkung in der Vergleichbarkeit: Der Waversa ist Roon Ready und unterstützt somit das RAAT-Protokoll von Roon. Der ZEN Stream war noch nicht Roon Ready und wurde über das ALSA-Protokoll betrieben. (AirPlay schied wegen des damit verbunden erzwungenen Re-Samplings für den Vergleich aus.)
Als Kopfhörer wurde primär mit dem
Dan Clark Aeon2, aber auch mit dem neuen
Focal Clear Mg (Test folgt später) gehört.
Die Kurzversion: Klanglich überflügeln oder auch nur erreichen kann die ZEN-Kombi den rund dreieinhalb mal mal so teuren Waversa nicht.
Der Wmini ist dynamischer, basskräftiger, transparenter, eine Spur wärmer und körperhafter. Der iFi hingegen tendenziell etwas heller, aber auch minimal flacher und mit weniger Punch. Der Wmini ist hier eindeutig im Vorteil, wenn auch nicht mit einem so dramatischem Abstand, wie der Preisunterschied Glauben machen könnte.
Nach Umschaltung auf den Roon Exklusivmodus des ZEN Stream ist keine Änderungen der Grundtendenz zu verzeichnen, aber die Wiedergabe wird eine Spur „reiner“ und gewinnt an Kontrast im Klangbild, sodass einzelne Instrumente sich klarer auf der Bühne abzeichnen. Die zusätzliche Ruhe im Klangbild wirkt dabei ähnlich einem besseren Schwarzwert bei Monitoren.
Weitere Klangoptimierungen sind über die Wahl des externen Netzteils möglich. iFi spendiert dem ZEN Stream zumindest in der ersten Batch ein sehr ordentliches Steckernetzteil (
iPower) aus eigener Entwicklung, bietet im Sortiment aber noch Steigerungsmöglichkeiten mit dem
iPower X (109 Euro) oder dem High-End-Netzteil
iPower Elite (299 Euro) an.
Die wesentliche Erkenntnis nach etlichen Vergleichen und vielen Stunden Musikgenuss: Für seinen Preis klingt die iFi-Kombi konkurrenzlos gut. Den Abstand zum Waversa dürften viele Nutzer angesichts des Preisunterschiedes sogar für vernachlässigter halten. Aber natürlich sollten auch die funktionalen bzw. "mechanischen" Unterschiede bedacht werden. So müssen Nutzer beim ZEN DAC in Kauf nehmen, dass sein Lautstärkepoti im unteren Bereich zunehmende Kanalungleichheiten aufweist, was insbesondere mit sehr effizienten (lauten) Kopfhörern problematisch werden kann. Der Waversa kennt so etwas nicht, hat zudem ein erheblich aufwendigeres Gehäuse, ist fernbedienbar, hat XLR-Ausgänge und einiges mehr.