AX Visio Praxis: Tiererkennung mit KI und FazitDie Tiererkennung, genauer gesagt -Identifikation des AX Visio basiert auf einer mittels Machine Learning angelegten Datenbank und erfolgt offline im Fernglas. Derzeit wird eine große Anzahl von Vögeln oder Säugetieren erkannt, wobei der Nutzer diese Unterscheidung vorher durch Auswahl des jeweiligen Modus festlegen muss.
Viele moderne Digitalkameras verfügen über eine ähnlich per KI angelernte Motiverkennung, um z. B. auf Fahrzeuge, Flugzeuge, Tiere und andere bewegliche Motive scharf stellen und mit dem Fokus rasend schnell verfolgen zu können. Auch hier muss meist vorher im Menü festgelegt werden, worum es sich handelt. Bislang hat meines Wissens nur Canon in der R-Serie eine Funktion, um die unterschiedlichen Motivarten zuverlässig automatisch auseinander halten zu können. Das wäre auch für das AX Visio praktisch.
Die Identifikation erfolgt so: Modus einstellen, Tier anvisieren und die Auslösetaste halb gedrückt halten, sodass die Kamera scharf stellen kann, dann durchdrücken. Im HUD erscheint nun ein Name oder ein Hinweis, falls das Tier nicht identifiziert werden konnte. Allerdings leider alles nur auf englisch. Bei Tiernamen empfinde ich als Laie das manchmal als schwierig. Hier ein paar Beispiele:
Die Blaumeise wurde erkannt und im Display als "American Blue Tit" identifiziert. In der Fotos-App unter "Infos" wird "Blaumeise" angezeigt. Hierbei scheint es sich aber um eine Identifikation von iOS selbst zu handeln. Siehe Erläuterung unten.
Ein wichtiger Hinweis noch: Mit dem Auslösen der Tiererkennung wird praktischerweise immer auch ein Foto geschossen. Identifizierte Tiernamen werden in den Metadaten unter "Image Description" gespeichert. Diese Daten werden offenbar von iOS nicht ausgelesen. Wenn ein Tiername wie "Blaumeise" in Fotos angezeigt wird, ist das offenbar nur die Erkennungsfunktion der Fotos-App. Seltsamerweise werden mir diese Namen in Fotos nicht immer angezeigt.
Die Rate der richtig erkannten Tiere ist, wenn die Voraussetzungen stimmen, sehr hoch, aber nicht perfekt. Und das System kann sich täuschen lassen und erkennt manchmal auch Tiere, die keine sind. Ein Beispiel:
Unter dem Strich ist die Tier-Identifikation eine tolle Hilfe für alle Hobby-Naturbeobachter und sicherlich auch hier und da für den Profi. Schade nur, dass keine deutschen Namen angezeigt werden. Voraussetzung für das Gelingen ist, dass Säugetier oder Vogel eine kurze Zeitlang einigermaßen still sitzen, was gerade bei kleinen nervösen Vögeln selten der Fall ist. Hier braucht man oft etwas Geduld, um den richtigen Moment abzupassen. Eine Identifikation im Flug geht theoretisch auch, ist aber sehr schwierig.
Fazit: Großartiges Fernglas mit ausbaufähigen Smart-FeatuesFür den Mut, das uralte Prinzip des Fernglases komplett zu überdenken und in das Zeitalter von Smartphones und KI zu bringen, gebührt Swarovski Optik größte Anerkennung. Die Entwicklung des
AX Visio war für einen vergleichsweise kleinen Hersteller (nicht jeder hat so unerschöpfliche Ressourcen wie Apple) sicher eine große Herausforderung.
Das Ergebnis kann in vielen aber längst nicht allen Bereichen überzeugen. Als reines Fernglas – eine Kernkompetenz des Herstellers – ist das AX Visio eine Wucht. Und die Smart-Features machen daraus in vielen Belangen ein zukunftweisendes Gesamtpaket.
Die im Test angesprochenen Kompromisse bei Gewicht, Ergonomie und teilweise auch konstruktiv bedingte Nachteile und die eher unterdurchschnittliche Fotoqualität machen es aber schwer, eine uneingeschränkte Empfehlung für eine so große Investition auszusprechen. Für solvente Technik-Nerds und ambitionierte Naturbeobachter ist das AX Visio aber ein echt heißes Eisen.
Plus/Minus Swarovski AX Visio+ helle, kontrastreiche Abbildung (Fernglas)
+ exzellente Verarbeitung
+ einzigartige Tieridentifikation
+ Kompass und Neigung
+ Objekte wiederfinden
+ Live View auf Smart-Device möglich
+ gute Tasche und Okulardeckel inklusive
+ zwei Akkus und Ladeschale inklusive
– kein optischer Bildstabilisator
– sehr schwer
– Handlichkeit eingeschränkt
– relativ langsamer Systemstart
– Naheinstellgrenze könnte besser (kürzer) sein
– Kamera bleibt bei Verstellung des Augenabstandes nicht horizontal
– sehr begrenzter Dynamikumfang der Kamera
– Fotos können leicht verwackeln
– kleiner, nicht erweiterbarer Speicher
– App-Funktionen teils etwas langsam
– Ladestation nicht USB-C
– sehr teuer