Test Technics SU-GX70: Einer der genialsten Streaming-Amps seiner Klasse
Ich tauche ausnahmsweise mal direkt in die technischen Details ein. Funktional ist der Technics SU-GX70 anderen Streaming-Vollverstärkern sehr ähnlich. In anderen Kriterien aber nicht.
Der Begriff „Digitalverstärker“ wird heute oft fälschlich in den Mund genommen, was mutmaßlich an einer falschen Interpretation des sogenannten Class-D-Verstärkerprinzips liegt. Das „D“ steht nämlich nicht für Digital. Tatsächlich sind Class-D-Verstärker rein analoge Schaltungen.
KompaktArt | | Streaming-Vollverstärker |
Viele Verstärker verwenden heute Schaltnetzteile und Class-D-Schaltungen. Wie beispielsweise der
kürzlich getestete Nubert nuConnect ampXL. Diese benötigen stets einen D/A-Wandler (DAC), welcher die digitalen Signale noch vor den Endstufen in analoge Wellenformen bzw. Spannungsmuster umsetzt. Der Technics SU-GX70 arbeitet volldigital bis in die Endstufen und nimmt die Wandlung per Pulsweitenmodulation vor. Das ist aber gar nicht die größte Besonderheit dieses Amps, denn ähnliche Digital-Konzepte gibt es auch von anderen Herstellern. Vielmehr ist es die Art der Verarbeitung auf der digitalen Seite, für die sich Technics ein paar clevere und einzigartige Kniffe hat einfallen lassen.
Das beginnt mit der so genannten, von Technics entwickelten JENO Engine (Jitter-Eliminierung und Noise-Shaping-Optimierung), die sich auch im kleineren und
hier getesteten SA-C600 CD-Receiver findet. Dieses Übertragungssystem verarbeitet die Signale vollständig digital über alle Stufen – vom Eingang bis zu den Endstufen. Der Vorteil gegenüber analogen Verstärkungssystemen ist u. a. eine geringere Anfälligkeit für Signalbeeinträchtigungen durch Rauschen.
Technics LAPCNoch interessanter wird es aber bei einem anderen Akronym, das Technics in den Raum wirft: LAPC. Das steht für Load Adaptive Phase Calibration. Eine Technik, die sich nicht im kleineren SA-C600 findet und erstmals in einem Streaming-Vollverstärker von Technics Verwendung findet. LAPC ist, vereinfacht ausgedrückt, eine Einmessfunktion mit digitaler Anpassung. Aber nicht etwa für die Raumakustik, sondern auf die elektrischen Charakteristika der angeschlossenen Passivlautsprecher. Technics beschreibt das so:
„Bei herkömmlichen Digitalverstärkern werden die Lautsprecher über einen Tiefpassfilter in der Ausgangsstufe angesteuert. Daher werden diese umso stärker durch die Impedanz-Charakteristika der angeschlossenen Lautsprecher beeinflusst. Die Amplitudencharakteristika konventioneller Verstärker können durch negative Rückkopplung verbessert werden. Die Phasencharakteristika können jedoch nicht verbessert werden. Daher haben wir einen adaptiven Optimierungsalgorithmus für die Lautsprecherimpedanz entwickelt. Dieser korrigiert die Impulsantwort des Lautsprechers mittels digitaler Signalverarbeitung, indem die Amplituden-Phasen-Charakteristika des Verstärkers bei angeschlossenen Lautsprechern gemessen werden. Diese neue Methode ermöglicht die Glättung der Frequenzgang-Charakteristika von Amplitude und Phase, was bei konventionellen Verstärkern nicht möglich ist. Die Zeitrichtigkeit des entstehenden Verstärkersignals führt zu einem Klangbild mit präziser Räumlichkeit.“
Der LAPC-Einmessvorgang ist ähnlich, wie bei einer raumakustischen Einmessung (die der SU-GX70 auch beherrscht; dazu später mehr). Es wird dafür aber kein Mikrofon benötigt, weil die Messung über die Lautsprecheranschlüsse an der Rückseite erfolgt. Im Setup-Menü wird der LAPC-Messvorgang gestartet. Dabei wird über die Lautsprecher getrennt für beide Kanäle nach und nach ein immer schneller werdendes Signal ausgegeben. Nach ein paar Minuten ist der Vorgang abgeschlossen und der Hörer kann nun per Umschaltung einen Vorher-/Nachher-Vergleich machen. Zu den Auswirkungen später mehr im Klang-Teil.