Test: WhatsApp-Alternativen mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – Signal, iMessage, Threema und Telegram im Vergleich
TelegramÄhnlich wie Threema hat sich auch
Telegram in letzter Zeit zum echten Geheimtipp unter den Ende-zu-Ende verschlüsselten WhatsApp-Konkurrenten entwickelt. Die Chefs des sich aktuell ausschließlich von Spenden finanzierenden Unternehmens sind die Brüder Pavel und Nikolai Durov, welche vor einigen Jahren den in Russland populären Facebook-Konkurrenten VKontakte gegründet haben; Telegram habe aber keinerlei Verbindung zu Russland, sondern werde von Berlin aus betrieben, so das Unternehmen. Die Server des Dienstes seien zwecks dezentraler Infrastruktur auf der ganzen Welt verteilt.
Der erste Eindruck von Telegram ist positiv. Die Anmeldung funktioniert, wie bei WhatsApp, via Handynummer und ist in wenigen Sekunden erledigt. Telegram bietet eine Fülle an Apps für unterschiedliche Plattformen, sodass Nutzer den Messenger sowohl auf dem iPhone und iPad als auch am Mac verwenden können – vorbildlich! Zudem ist die
Telegram-API für Entwickler verfügbar, was Drittanbieter etwa für die Entwicklung weiterer Telegram-Apps für noch mehr Betriebssysteme nutzen können.
Außer den von WhatsApp bekannten Text- und Sprachnachrichten bietet Telegram ebenfalls den Versand beliebiger Dateien an, wobei die maximale Dateigröße äußerst großzügig ist; bis zu 1,5 GB sind möglich. Auch bezüglich der Gruppengröße zeigt sich der Dienst spendabel: Maximal 1.000 Teilnehmer fast eine in Telegram erstellte Gruppe. Eine weitere praktische Funktion sind „Kanäle“, über die der Nutzer Mitteilungen an eine unbegrenzte Anzahl an Empfänger beziehungsweise Abonnenten senden kann. Sprach- und Video-Telefonie bietet Telegram nicht.
Der auf die Verschlüsselungsstandards AES (256 Bit), RSA 2048 und Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch setzende Dienst unterscheidet sich beim Thema Sicherheit in einem Punkt maßgeblich von Signal, iMessage und Threema. Anders als bei der Konkurrenz ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht automatisch aktiv; stattdessen muss der Nutzer diese für jeden einzelnen Chat erst explizit aktivieren.
Bei normaler Verwendung bietet Telegram die gleiche Verschlüsselung wie WhatsApp. Nachrichten werden nur auf dem Weg vom Absender zum Server verschlüsselt. Sobald die Mitteilung auf den Servern von Telegram angekommen ist, liegt sie im Klartext vor. Dadurch ist es dem Dienstanbieter möglich, Nachrichten etwa nach werberelevanten Begriffen zu durchforsten und Behörden Zugriff zu gewähren; Telegram verneint allerdings ausdrücklich, jegliche Nachrichten mitzulesen. Beim standardmäßigen Nachrichtenaustausch bietet Telegram somit keinen Sicherheitsvorteil gegenüber WhatsApp. Hier entscheidet einzig, welches Unternehmen dem Nutzer vertrauenswürdiger erscheint. Telegram gewährt aktuell keinen Einblick in den Quellcode; dies werde aber auf absehbare Zeit folgen, so die Entwickler.
Ende-zu-Ende verschlüsselte Mitteilungen werden über die Option „Neuer Geheimer Chat“ versandt. Anders als bei den drei Konkurrenten muss der Gesprächspartner aber zwingend online sein, um die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu initiieren. Zudem ist die Funktion auf ein Gerät beschränkt – wenn ein Nutzer einen „geheimen Chat“ also beispielsweise via iPhone führt, erscheint die Konversation nicht auf der eventuell ebenfalls verwendeten Mac-App von Telegram. Als Bonus-Funktion bieten „geheime Chats“ einen Selbstzerstörungs-Timer.
Telegram ist kostenlos und unterstützt
iOS (ab Version 6.0), Apple Watch, Android sowie Windows Phone; ebenso gibt es native Apps für
OS X, Windows und Linux. Auch eine
Browser-Variante ist verfügbar.
Fazit: Telegram punktet mit Benutzerfreundlichkeit, durchdachtem Design und der Unterstützung diverser Betriebssysteme (Mobil und Desktop). Der Messenger entpuppt sich aber als Enttäuschung für Nutzer, die ein
transparentes Geschäftsmodell und eine standardmäßig aktivierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erwarten.