Yamaha YH-L700A: Klangtest und FazitZunächst eine kurze Beschreibung der verschiedenen DSP-Raumklangprogramme: Der Modus „Audio Room“ wirkt am ehesten vetraut und bietet eine relativ direkte Wiedergabe mit geringem künstlicher Hallanteil. „Background“ wirkt etwas basskräftiger, wie mit einer Loudness-Korrektur, kann aber auch bei höheren Pegeln überzeugen und wirkt nicht zu "spacig". Der Cinema-Modus hört sich an, als wäre eine Raumresonanz im Spiel, was den Bass etwas kräftiger aber auch unkontrollierter wirken lässt. Für Filmton funktioniert das aber erstaunlich gut. „Drama“ bietet noch etwas mehr Bassbetonung und holt Mitten und Höhen etwas stärker in den Vordergrund. „Music Video“ produziert einen kräftigen Nachhall. Den kann man ausschwingen hören, wenn der Ton abrupt unterbrochen wird, etwa wenn Pause gedrückt wird. Als befände man sich in einer riesigen Halle. Bei „Concert Hall“ wird der Hall-Effekt noch stärker betont, was einer Indoor-Konzert-Atmosphäre sehr nahe kommt. Ganz anders bei „Outdoor Live“, dass sich tatsächlich viel mehr nach "draußen" anhört.
Eine noch detailliertere Klangbeschreibung aller 3D-Modi mitsamt unterschiedlichem Musik- und Filmmaterial zu beschreiben würde den Rahmen hier deutlich sprengen. Unter dem Strich bietet jeder einzelne Modus einen für den jeweiligen Zweck passenden und erstaunlich realistischen Effekt. Für den Nutzer bedeutet das aber auch, dass es mit jeder Art von Stereoton eine Qual der Wahl gibt, welcher Modus am besten passt. Am Kopfhörer und in der App können die Modi nacheinander durchgeschaltet werden. Zumindest in der App hätte ich mir dafür eine direkte Auswahl aus einer Liste gewünscht. Durch langes Drücken der 3D-Taste können die Klangprogramme und Head Tracking auch ganz ausgeschaltet werden.
Head Tracking – So gut wie bei den AirPods?Das Head Tracking des L700A funktioniert im ersten Moment verblüffend gut und unterscheidet sich nur wenig von der ähnlichen Funktion der Max. Wahrend Apples Kopfhörer diese künstliche Raumortung über den H1-Chip und in Verbindung mit kompatiblen Quellen steuern, nutzt Yamaha ausschließlich die eingebauten Bewegungssensoren. Das hat einen großen Nachteil, denn wo das Zentrum ist, wird beim ersten Aufsetzen bzw. Einschalten bestimmt. Es wird also quasi ein Mittelpunkt gesetzt. Die Bewegungssensoren ermitteln davon die Abweichung.
Sind die L700A beispielsweise mit einem Bluetooth-fähigen TV verbunden sollte der Blick beim Einschalten der Kopfhörer bzw. der Head-Tracking-Funktion zum Fernseher gerichtet sein, sonst kommt der Ton nicht aus dessen Richtung. Etwas störend ist auch, dass sich manchmal die links/rechts-Orientierung etwas verschiebt, wenn der Kopf nach vorne oder hinten geneigt wird.
Zusammengefasst funktioniert das Head Tracking im L700A vor allem für Filmgenuss sehr gut, aber nicht mit der selben Authentizität wie bei den AirPods.
Listening Care, Listening Optimizer und ANCListening Care ist eine adaptive Loudnessfunktion, die dazu dient, den Klang in Abhängigkeit zur Lautstärke mit der jeweils passenden Bassenergie und Mittenbetonung anzupassen. Listening Optimizer hingegen soll den Klang an den Sitz der Kopfhörer und die „Ohrakustik“ anpassen.
Für meinen Geschmack sind adaptive Loudness-Schaltungen eigentlich nie wirklich passend. Auch beim L700A nicht. Es kommt aber stark darauf an, in welcher Umgebung man diese einsetzt. Bei starken Umgebungsgeräuschen kann können die Frequenzgang-Anpassungen durchaus sehr positiv sein. Der Nutzer hat die Wahl.
Die Funktion Listening Optimizer soll laut Bedienungsanleitung Audio in Echtzeit analysieren und den Klang automatisch an den Sitz des Geräts an den Ohren und die Ohrform anpassen. Also ähnlich der Funktion Adaptive EQ in den AirPods. Klangliche Auswirkungen hatte dieses Feature in meinem Test nur in sehr begrenztem Umfang. Hier ist möglicherweise tatsächlich die Ohrform des Trägers ausschlaggebend, ob das was bringt oder nicht. Ich habe es genau wie Listening Care die meiste Zeit über ausgeschaltet gelassen.
Eine Enttäuschung war im Test die aktive
Geräuschunterdrückung "Advanced ANC“. Diese führte beim Einschalten zu einer ungewöhnlich starken Veränderung des gesamt Klangbilds in eine Richtung, die mir nicht zusagte. Normalerweise sollte der Klang durch ANC möglichst gar nicht verändert werden. Mit dem ANC des Yamaha klingt plötzlich alles fetter und irgendwie so wie mit dem Kopf in einem Pappkarton. Hier sollte Yamaha per Firmware-Update dringend nachjustieren.
Besser funktionierte der Transparenzmodus "Ambient Sound". Hierbei nehmen die Außenmikrofone Umgebungsgeräusche auf und geben diese über die Schallwandler des Kopfhörers wieder. Der Eindruck war zwar nicht ganz so lebensecht, wie mit den AirPods Max, aber weitaus natürlicher, als mit den meisten In-Ears, die ich bisher mit einer solchen Funktion im Test hatte.
Im komplett analogen und von allen DSP-Klangprogrammen befreitem Passivmodus des L700A überzeugt der Yamaha an einem guten DAC/Kopfhörerverstärker mit einem sehr ausgewogenen und fast schon studioartig präzisen Klang. Bässe kommen kraftvoll aber ohne jede Überbetonung, Mitten wirken frisch und lebendig, die Höhen sind glasklar und wirken niemals spitz oder lästig. Hier zeigt sich, dass Yamaha eine echte "elektrisch/mechanische" Klangabstimmung vorgenommen hat und den Sound nicht nur per DSP in eine bestimmte Richtung getunt hat. – Sehr gut!
Im Passivmodus kann der Kopfhörer jederzeit über die Powertaste eingeschaltet und damit seine digitale Signalverarbeitung hinzugeschaltet werden.
Fazit: Unendliche 3D-Klangwelten oder Stereogenuss purEs funktioniert. Der Yamaha YH-L700A kann beeindruckenden 3D-Sound tatsächlich aus jeder beliebigen Stereoqualle zaubern. Auch das Head Tracking des L700A ist sehr ähnlich dem der Apple AirPods Max, wenn auch nicht ganz so präzise.
Ein weiterer Vorteil des Yamaha ist die große Auswahl an 3D-Klangprogrammen – was zugleich den Nutzer aber vor die Qual der Wahl stellt.
Die aktive Geräuschunterdrückung des L700A konnte mit der zum Zeitpunkt des Tests verfügbaren Firmware leider nicht überzeugen, da sie sich deutlich negativ auf den Klang auswirkt.
Der
Yamaha YH-L700A kann durchaus eine überlegenswerte Alternative zu den AirPods Max sein. Sein UVP liegt etwa 70 Euro unter dem der Apple Over-Ears und dürfte im Laufe der Zeit noch deutlicher sinken, während die Apple-Preise in aller Regel sehr stabil bleiben. Zudem kann der Japaner seine 3D-Fähigkeiten mit allen Quellen ausspielen – egal, ob Apple, Android oder ein Fernseher mit Bluetooth-Sender. Ebenfalls ein dickes Plus ist sein echter Passivmodus, der Musikgenuss ganz ohne digitale Klangverbieger und mit einer sehr gelungenen Abstimmung ermöglicht. Wer hingegen fest im Apple-Ökosystem verwurzelt ist, ist mit den AirPods Max (
Apple Online Store) vermutlich besser bedient.
Plus/Minus Yamaha YH-L700A:+ sehr natürlicher Klang im Passivmodus
+ 3D-Sound und Head Tracking mit allen Stereoquellen
+ Kabelmodus aktiv und passiv verfügbar
+ gute Bedienung
+ optional zuschaltbares Listening Care und -Optimizer
+ ordentlicher Transparenzmodus
– ANC mit negativem Klangeinfluss