Test beyerdynamic T 1 (neu) – Der Unbestechliche
KlangAnstatt einen von Grund auf neu konstruierten Kopfhörer zu bauen – was nach rund sechs Jahren T 1 durchaus eine Option gewesen wäre, haben sich die Heilbronner Traditionalisten dazu entschieden, ihrem Spitzenmodell lediglich eine Frischzellenkur zu verpassen. Und das war eine gute Entscheidung. Mit einem gänzlich neuen Modell muss man erst wieder neue Erfahrungen sammeln, um seine Schwachpunkte erkennen und ausmerzen zu können. Ein besserer Kopfhörer wäre so ein neues Gerät also nicht zwangsläufig, zumal die Messlatte ja schon ziemlich hoch liegt.
Die neue Abstimmung und die Änderungen zur Resonanzminimierung verleihen dem T 1 ein zweites Leben. Einerseits ist sein dynamischer und hochauflösender Grundcharakter erhalten geblieben, andererseits erfreut der neue T 1 mit einer herrlich unangestrengten und weniger kühlen Spielweise, was man klar als Charakterwandel bezeichnen könnte.
Herausragendes Merkmal seines Klangbildes ist die nahezu vollständige Abwesenheit jeglichen Fremdklangs. Die Gehäuse und die Treiber treten klanglich beim neuen T 1 komplett in den Hintergrund. Man hört wirklich nur die Musik und keinen Gehäuseklang. In dieser Ausprägung habe ich das bislang nur bei einigen wenigen, sehr viel teureren und vollkommen offen konstruierten Elektrostaten gehört. Für einen halboffenen, dynamischen Kopfhörer wie den T 1 ist die Resonanz-/Verzerrungsfreiheit meines Wissens einmalig. Kein anderer mir bekannter dynamischer Kopfhörer kommt dem T 1 hier auch nur ein bisschen nahe.
Ganz besonders deutlich hört man die Verbesserungen bei Frauenstimmen, Blasinstrumenten oder allgemein bei Geräuschen mit starkem Obertonanteil. Die vormals manchmal lästigen Härten in den Höhen sind wie weggeblasen. Im Tieftonbereich ist eine gewisse Portion mehr an Substanz hinzugekommen, was das Klangbild ebenfalls wärmer und geschmeidiger erscheinen lässt. Der neue T 1 ist aber nicht bassbetont, sondern sehr neutral abgestimmt. Trotzdem vermisst man bei ihm im Bassbereich nichts. Er ist einfach nur kein Blender, der mit aufgepumpten Muckis auf dicke Hose macht, sondern ein charmanter Gentlemen mit ausgeprägtem Sinn für Ehrlichkeit. Von der frappierenden Detailtreue und Dynamik seines Vorgängers hat er bei alledem nichts eingebüßt.
Mit anderen Worten bedeutet das aber: Der neue T 1 ist nichts für Hörer, die nach einem „spektakulären“ Klang suchen, sondern einer für audiophile Kenner, welche die Musik so unverfälscht wie möglich genießen wollen, ohne Rücksicht darauf, wie gut oder schlecht die Aufnahme ist. Der neue T 1 offenbart nämlich ohne jede Zurückhaltung Schwächen. Vieles (nicht alles!) in der elektronischen Musik offenbart da ihren eher sterilen Charakter. Der neue T 1 ist so gnadenlos präzise, dass ein Großteil der synthetisch erzeugten Musik wie eine langweilige Aneinanderreihung von Sinustönen klingt. Auf der anderen Seite kann gerade so ein ultra-cleaner Prozessor-Sound, wenn er gut gemacht ist, über den neuen T 1 eine echte Ohrenweide sein. Da ergibt sich viel Raum für neue Klang-Entdeckungen.
Analoge Instrumente und Stimmen offenbaren mit dem neuen T 1 ihren Klangfarbenreichtum in voller Pracht. Jazz, Klassik, Blues, Folk oder auch handgemachter Rock gewinnen mit dem neuen T 1 enorm an Authentizität.
Also noch mal für’s Protokoll: Sie suchen einen Kopfhörer in Messgerätepräzision mit unbestechlichem und unverfälschtem Klang? – Sie haben ihn gefunden!
Steht Ihnen mehr der Sinn nach rosarot gefärbtem Klangbild mit spezieller Hochtonglasur und nachträglich angereichertem Tieftonboden? – Bitte gehen Sie weiter.
Zusammenfassung Klang:> Im besten Sinne unspektakulär, äußerst authentisch und extrem schnell
> fast komplett frei von Gehäuseklang
> gegenüber T 1 „alt" sehr viel harmonischer, relaxter – aber ohne Verlust an Präzision und Lebendigkeit
> satterer Bass, ohne künstliche Überbetonung; klingt niemals „fett“ oder behäbig