Anders als iPhones (oder Smartphones allgemein) haben Tablet-Computer und speziell das iPad bei den Verbrauchern ein viel längeren Lebenszyklus. Das iPhone ist viel mehr Statussymbol, weil man es ständig mit sich herum trägt und zudem werden iPhones weltweit in viel größerer Stückzahl eingesetzt. Da ist der „Druck“, stets das Neueste und Beste haben zu müssen, offenbar größer.
Auch wenn iPads definitiv als Mobilgeräte oder oder zumindest mobiltauglich angesehen werden können, setzen sehr viele User diese doch eher im heimischen Umfeld oder im Büro ein. Natürlich gibt es auch viele andere berufliche Einsatzzwecke für das iPad unterwegs, aber da es weder ein Smartphone-Ersatz ist und von vielen nicht als vollständiger Mac(Book)-Ersatz angesehen wird, hat das iPad keinen so hohen Stellenwert.
Nichtsdestotrotz: Es kommt immer auf die Einsatzart an. Für mich ist das iPad mit den Jahren immer mehr zu einem unverzichtbaren Komplementär-Device zu meinem Mac geworden. Unterwegs benötige ich in der Regel nicht mehr als das iPhone. Weder ein MacBook noch ein iPad sind für mich auf Reisen zwingend erforderlich.
Sowohl zuhause als auch auf (wenigen) Reisen benötige ich für das iPad zudem keine Zubehöre, wie etwa eine Tastatur, um es zu einem Quasi-Notebook aufzublasen, noch einen Apple Pencil. Nicht mal eine Schutzhülle setze ich ein. Daheim ist kein besonderer Extra-Schutz erforderlich und wenn ich es mitnehme, passt es in das dafür vorgesehen und gut gepolsterte Fach in der Fototasche.
Zusammengefasst: für mich ist das iPad ein TABLET und kein Notebook- oder Mac-Ersatz. Darum stellt sich für mich auch nicht ganz so sehr die Frage, ob iPadOS ein würdiger macOS-Ersatz ist, oder nicht. Nichtsdestotrotz lässt sich kaum leugnen, das iPadOS mit etlichen Einschränkungen gegenüber macOS in bestimmten Fällen ein ernsthaft limitierender Faktor für die iPad-Hardware ist.
Warum ein neues iPad Pro?Betrachte ich die Leistung meines iPad Pro 11“ aus 2018, so habe ich damit bis heute nur selten Bedarf an höherer Rechenleistung. Das nun gekaufte iPad Pro 13“ mit 512GB (und damit nur 8 GB RAM und „beschnittenem“ M4) ist nach den
ersten Benchmarks zu urteilen im Single Core erheblich schneller als mein Mac Studio M1 Ultra und selbst im Multi-Core-Betrieb bei maximaler Auslastung nicht sehr weit dahinter. Selbst wenn wir hier berücksichtigen müssen, dass sich die Benchmarks auf die unbeschnittene M4-Variante beziehen, die ich mit meiner 512-GB-Variante nicht habe. Siehe auch
diesen Artikel.
Chip | Single | Multi |
M4 | 3.800 | 14.500 |
M3 Max | 3.100 | 21.000 |
M3 Pro | 3.100 | 18.500 |
M3 | 3.100 | 11.600 |
M2 Ultra | 2.600 | 21.200 |
M2 Max | 2.600 | 14.500 |
M2 Pro | 2.600 | 14.500 |
M2 | 2.600 | 9.900 |
M1 Ultra | 2.300 | 18.300 |
M1 Max | 2.300 | 12.500 |
M1 Pro | 2.300 | 12.500 |
M1 | 2.300 | 8.700 |
Den Kommentar zu den Benchmarks finden Sie
hier.
Zwingend erforderlich ist eine derartige Rechenleistung für meine Zwecke (bis dato) nicht. Meine Gründe, dennoch zu dem Pro statt zum Air zu greifen, oder einfach mein 2018er zu behalten, sind dennoch mannigfaltig. Hier nur ein paar davon:
Zunächst einmal wünschte ich mir in der Vergangenheit des öfteren etwas mehr Bildschirmfläche. Da trifft es sich gut, dass Apple die neuen Pro um einiges dünner und vor allem leichter gemacht hat. Zwar wiegt das neue 13“ Pro immer noch ca. 140g mehr, doch das ist für mich verschmerzbar. Im Vergleich zu den bisherigen 12,9“ iPads und auch dem neuen Air mit 13“ werden doch einige Gramm gespart. Hier muss ich aber noch ein wenig Praxiserfahrung sammeln.
Dann ist da natürlich das beeindruckende neue „Tandem OLED Ultra Retina XDR Display“, das – ich gebe es offen zu – in meinem Nerd-Herzen einen nicht unerheblichen Haben-Wollen-Reiz auslöste. Und das ist im iPad Air nun mal nicht zu haben.
Des Weiteren möchte ich für die kommenden KI-Features besser gewappnet sein. Auch wenn die Leistung des 2018er iPad Pro bisher ausreichte, dürfte es für diesen Bereich doch schon bald an seine Grenzen kommen. Es bleibt aber noch abzuwarten, wie sich das Thema entwickelt. iOS/iPadOS 18 ist ja noch nicht am Start. Eine Vorsorge-Entscheidung also.
Hardware-seitig kommt mir die neue Kamera für einige Aufgaben sehr entgegen. Darunter auch – und das ist kein Witz – die in Kombination mit dem neuen Blitz verbesserte Funktion zum Scannen von Dokumenten, was ich häufig benötige.
Willkommene Bonus-Features – nicht zwingend, aber nice to have – sind der schnellere Thunderbolt-Anschluss, flotteres WLAN und die bessere Front-Kamera für Querformat. Was ich eigentlich nicht benötige, ist ein besonders großer interner Speicher und das kleine Extra-Bisschen mehr Prozessorleistung der 1- und 2-TB-Modelle. 16 GB RAM wären aber schön gewesen. Auch auf die Display-Option mit Nanotexturglas kann ich bequem verzichten. Spiegelungen lassen sich mit dem iPad in der Hand leicht vermeiden. Auch auf Cellular kann ich verzichten. Wenn doch, tut es für mich ein Hot Spot über das iPhone. Darum sind die Aussagen mancher Kommentarschreiber, die behaupten, man müsse für eine anständige Ausstattung des iPad Pro an die 3.000 Euro ausgeben, halte ich für übertrieben.
In der stillen Hoffnung, dass sich das neue iPad Pro als ebenso zuverlässig und langlebig erweist, wie das 2018er Modell, sollte damit für die nächsten fünf bis sechs Jahre (oder länger?) wieder Ruhe sein.
Das iPad Pro 13“ in der PraxisErst mal auspacken und bestaunen. Das flache Gehäuse allein hat in der Praxis keine so großen Auswirkungen, doch es ist schon ein beeindruckender Fortschritt, den Apple hier in Sachen Look-and-Feel bietet. Das Mehrgewicht gegenüber dem 11“ macht sich nach den ersten Eindrücken durchaus bemerkbar, ist für mich aber verschmerzbar. Bei den Vorgängerversionen in 12,9 bzw. 13" sah das noch anders aus. Die waren mir eindeutig zu schwer.
Das 2024er iPad Pro 13" (rechts) ist das flachste jemals gebaute iPad. Im direkten Vergleich mit den 2018er iPad Pro 11" sind es nur ein paar Millimeter-Bruchteile und kaum zu sehen – aber zu spüren.
Nach der Migration der Daten, was ich mittels Backup und Restore über den Mac gemacht habe, sowie den ersten Blicken auf meine Fotos, ist eines klar: Das neue Display ist wirklich eine Wucht. Nicht, dass ich am LC-Display des 18er ernsthafte Kritik gehabt hätte. Nicht einmal den prinzipbedingt nicht ganz perfekten Schwarzwert empfand ich je als störend. Doch das Bessere ist stets der Feind des Guten. Im direkten Vergleich sorgt der absolute Schwarzwert des OLED im neuen Pro auf jeden Fall für einen merklichen, sehr willkommenen Zugewinn an Kontrast. Bei absolut schwarzem Hintergrund ist der Übergang zu den schwarzen Rändern des iPad praktisch nicht mehr erkennbar. Auch wirken Farben durch den höheren Kontrast noch knackiger.
Die maximal mögliche Helligkeit von 1.000 Nits (flächig) bzw. 1.600 Nits (punktuell in den Highlights) sind ebenfalls überzeugend. Allerdings: die (Grund-) Helligkeit ist bei mir stets ein gutes Stück runter geregelt. Dennoch gut, hier Reserven zu haben. Vor allem für manche HDR-Inhalte. – Spielfilme und Serien gucke ich übrigens nicht auf dem iPad. Da bleibe ich doch lieber bei meinem „Big Screen“, der über 4.000 Nits schafft.
Nun merke ich aber auch, dass ich mich bei einigen Dingen wie der Bildschirmtastatur wegen der Größe etwas umgewöhnen muss. Womit ich aber gerechnet habe. Das passt schon. Schön ist, dass bei der 13"-Variante in der Bildschirmtastatur eine weitere Zeile mit Ziffern und Sonderzeichen wie bei einer normalen Schreibtisch-Tastatur vorhanden ist. Ein Bonus des etwas größeren Displays, aber auch das erfordert für Umsteiger vom 11" auf das 13" etwas Umgewöhnung.
Und die Performance? Bei Alltagsanwendungen wie Surfen, Fotos gucken, Mails etc. ist die Wahnsinns-Performance des M4 ggü. dem 2018er iPad Pro zwar spürbar, aber es ist kein Quantensprung. Bei der Installation bzw. Updates von Apps ist das neue iPad hingegen erheblich flotter. In der kurzen Zeit seit Mittwoch hatte ich noch nicht die Gelegenheit, wirklich anspruchsvolle Aufgaben zu testen. Da fehlen mir noch Erfahrungswerte.
Wirklich relevant dürfte die satte Leistung des M4 vermutlich erst mit anspruchsvollen KI-Anwendungen spürbar werden.
Der Rest ist im Grunde Business as usual. Das neue iPad Pro fühlt sich (abgesehen von der für mich geänderten Größe) im täglichen Umgang nicht viel anders an, als mein Vorgänger. Wer ein Vorgänger-iPad Pro ab 2018 besitzt und keine übermäßig rechenintensiven Aufgaben damit erledigt, profitiert nur in überschaubarem Maße vom M4-iPad. Eine Neuanschaffung sollte daher gut überlegt sein. Ich bereue den Neukauf dennoch nicht.
Fazit: Bestes Tablet ever – aber immer noch kein MacBook-ErsatzIch möchte nur ungern wie das Echo anderer klingen, aber ich komme nicht umhin, zumindest ein wenig ins gleiche Horn zu stoßen. Was die Hardware angeht, ist das neue iPad Pro ein Monster-Computer für tausend kreative Dinge in gepresster Tablet-Form. (Die Anspielung auf das „Skandal“-Video musste sein.) Es gibt real nur noch wenige Anwendungsbereiche, die noch mehr Performance benötigen. Auch das Ultra Retina XDR Display ist absolut referenzwürdig und ein Traum für sämtliche grafischen Anwendungen, einschließlich Fotografie und Video.
Einzig das Betriebssystem mit seinen zahlreichen Einschränkungen und Abgrenzungen zu macOS ist unwürdig. Ob gewollt oder nicht: auch dieses iPad ist ein anwendungstechnischer Spezialfall und wird die MacBook-Verkäufe kaum schwächen. Für sich genommen ist iPadOS ein absolut überzeugendes Betriebsysystem, solange es um iPad-spezifische Anwendung geht. Doch wenn sich die Welten mit dem Mac überschneiden und man „Cross-Plattform“ arbeiten muss, ist’s aus mit der Glorie.
Aus meiner persönlichen Anwendungsnische betrachtet ist das iPad dennoch die bessere Wahl als ein MacBook, weil die angeflanschte Tastatur und die fehlende Touch-Unterstützung für mich der größere Kompromiss wären. Mit den iOS-bedingten Limitierungen kann ich daher leben, doch es wäre wirklich an der Zeit, das Zusammenspiel zwischen macOS und iPadOS zu verbessern und funktional auf Augenhöhe zu bringen.
Das iPad an sich ist ein wahr gewordener Science-Fiction-Traum aus Kindheitstagen.