nuraphone – Einrichtung und TechnikDer nuraphone muss bei der ersten Benutzung auf die Ohren seines Trägers eingemessen werden. Dazu ist die zugehörige nura-App für iOS oder Android erforderlich. Ich habe mir die App aufs iPad Pro 11“ geladen.
Gesprochene Kommandos über den Kopfhörer und der Installationsassistent der App führen durch den Prozess der Einrichtung und Einmessung. Leider ist dafür eine Online-Registrierung unumgänglich, weil u.a. für die Einmessung eine individuelle Verbindung zum nura-Server erforderlich ist. Für den normalen Betrieb ist eine Online-Verbindung aber nicht nötig. Anstatt den Vorgang hier ausführlich zu erklären, lasse ich die Screenshots für sich sprechen (klicken Sie am besten auf das erste Bild und nutzen sie die Galeriefunktion):
Wie Sie den Bildern entnehmen können, hatte ich Anfangs leichte Schwierigkeiten, den richtigen Sitz der Hörer einzustellen. Das System misst und erkennt, ob die In-Ear-Stücke optimal sitzen und zeigt mit zwei Häkchen an, wenn alles passt. Das hat bei mir drei, vier Versuche gebraucht. Erst wenn alles richtig sitzt erfolgt die automatische Einmessung.
Das funktioniert – etwas vereinfacht ausgedrückt – folgendermaßen:
Über die beiden Hörer werden ein paar seltsame, aber genau für den Zweck abgestimmte Kling-Klang-Töne ins Ohr geschickt. Hoch-empfindliche Mikrofone im nuraphone (Knowles Mikrofone, die auch von der NASA für die Mars2020 Mission ausgewählt wurden) ermitteln dann aus der Rückkopplung, die in der Flüssigkeit der Hörschnecke entsteht und zurück auf das Trommelfell übertragen wird, also quasi aus dem Echo, die Empfindlichkeit des Gehörs. Diese Rückkopplungen nennen sich Otoakustische Emissionen (OAE). Das Phänomen wurde bereits 1948 vermutet und 1978 erstmals messtechnisch nachgewiesen. Heute werden OAE beispielsweise beim Screening von Neugeborenen angewendet, um festzustellen, ob ihr Gehör funktioniert. Diese noch relativ oberflächliche Messung hat nura weiterentwickelt, um daraus eine genaue Hörkurve erstellen zu können.
Damit funktioniert die Einmessung bei nura gänzlich ohne Nutzereingriff, und somit anders, als beispielsweise die Einmessfunktion des beyerdynamic Aventho Wireless (
Testbericht) mit „Mimi Hearing Technology“. Wichtig ist nur, während der Einmessung in einer absolut ruhigen Umgebung zu sein und nicht zu sprechen, sonst wird das Messergebnis verfälscht.
Für unterschiedliche Träger lassen sich bis zu drei Profile anlegen, die es auch ermöglichen, Vergleiche unterschiedlicher Einmessungen anzustellen. Diese Profile werden im nuraphone gespeichert. Im USB-Betrieb, bei dem kein Zugriff über die App besteht, wird das zuletzt genutzte Profil verwendet. Wie gut die Einmessung funktioniert, lässt sich auch an der Wiederholbarkeit der Messergebnisse bei ein und dem selben Probanden erkennen. nura sagt, dass die von ihnen entwickelte und patentierte Methode deutlich konsistenter, auditiv wirksamer und präziser sein soll, als andere Einmessfunktionen, bei denen der Nutzer aktiv mitwirken muss, wie etwa bei Mimi Hearing.
Nach der Einmessung folgt in der App noch eine Erklärung zu den Funktionen bzw. zur Bedienung. Anschließend ist der nuraphone wie jeder andere BT-Kopfhörer nutzbar. Das Aufsetzen und den richtigen Sitz zu finden erfordert in der Anfangszeit etwas Gewöhnung, aber nach und nach geht das immer besser. Nur wenn sich die Bügeleinstellung versehentlich verschoben hat, muss wieder etwas sorgfältiger nachjustiert werden.
Menü und Untermenü der nura-App.
Etwas verwundert hat mich, dass nura die Funktion für die aktive Geräuschunterdrückung in den Untermenüs der App versteckt hat. Auf Nachfrage erklärte mir der Hersteller, dass das System für dauerhaft aktiviertes ANC ausgelegt ist. Der nura hat in Sachen ANC gegenüber anderen Kopfhörern mit aktiver Geräuschunterdrückung auch einen ganz entscheidenden Vorteil. Dazu muss ich Ihnen erst mal kurz das Treiberprinzip erläutern.
Auf dem Bild zuvor sehen Sie, dass im nura
scheinbar ein Zwei-Wege-Konzept genutzt wird. Ganz so ist es aber nicht. Über den In-Ear-Teil wird der volle Frequenzumfang wiedergegeben, wie bei jedem normalen In-Ear. Der in der ohrumschließenden Kammer sitzende Zusatztreiber überträgt nur tiefe Frequenzen und soll vor allem ein fühlbares Erlebnis bieten, indem die Schwingungen auf die Haut übertragen werden. Über den Immersion-Regler in der App lässt sich die Intensität dieser „Außenohrmassage“ einstellen.
ANC, also die Auslöschung unerwünschter Außengeräusche durch invertierten Gegenschall, wird im nura nur über den äußeren Treiber wirksam. Da dieser nicht direkt mit dem Ohrkanal interagiert, ist das bei ANC sonst unvermeidliche und eher mittel- bis hochfrequente Gundrauschen nicht hörbar. Der nura ist damit der einzige mir bekannte rauschfreie ANC-Kopfhörer. Allerdings wirkt das ANC dadurch nicht so weit in den Mitteltonbereich, wie andere Lösungen.
Die ANC-Wirkung ist beim nuraphone nicht vom Nutzer regelbar. Es gibt nur an oder aus. Tatsächlich stört es nicht, das ANC dauerhaft eingeschaltet zu lassen. Nicht so schön ist, dass es jedes mal beim Einschalten von ANC ein ziemlich lautes und erschreckenden Ploppen gibt. Aber das ist natürlich kein Problem, wenn es permanent eingeschaltet bleibt.