Tony Fadell über zwei umstrittene/falsche Entscheidungen von Steve Jobs
Wenn ehemalige, damals einflussreiche Manager Bücher veröffentlichen und darin ihre Erinnerungen schildern, beinhaltet dies sehr oft interessante Hintergründe zu gut bekannten Situationen. Dies traf nicht nur auf die Jobs-Biografie zu, noch zu Lebzeiten hatte der Apple-Gründer viele Erinnerungen niederschreiben lassen, sondern auch auf verschiedene spätere Werke. Momentan sorgen gleich zwei Bücher für Diskussionen, denn neben "
After Steve" ist auch "
Build: An Unorthodox Guide to Making Things Worth Making" des oft als iPod-Vater bezeichneten Tony Fadell auf den Markt gekommen. Darin kommen viele interessante Themen zur Sprache, unter anderem sehr kontroverse Entscheidungen von Steve Jobs.
Kein iPod unter WindowsWer schon sehr lange auf den verschiedenen Apple-Plattformen unterwegs ist, erinnert sich vielleicht noch an die Anfangstage des iPod-Zeitalters. Damals gab es ein iPod-Modell für den Mac und eines für Windows – dabei hatte sich Jobs zunächst komplett gegen die Idee gestellt, überhaupt Windows-Kompatibilität zu schaffen. Tony Fadell kam 2001 ins Unternehmen, er sollte dort an der Musikstrategie mitwirken. MP3-Player waren sehr beliebt, allesamt aber schlecht zu bedienen. Der iPod revolutionierte die Branche, unter anderem auch aufgrund des schnellen FireWire-Anschlusses, denn per USB wäre das Betanken mit bis zu 1000 Songs eine quälende Geduldsprobe gewesen.
Den naheliegenden Vorschlag des Teams, zugunsten besserer Verkaufszahlen dringend Windows unterstützen zu müssen, entgegnete Jobs aber mit einem "nur über meine Leiche". Auf keinen Fall dürfe sich der Player mit Windows verwenden lassen, stattdessen sollte man als iPod-Interessent zum Mac greifen. Eine interessante Randnotiz: Es bedurfte des Tech-Journalisten Walt Mossberg, um Jobs die verzerrte Einschätzung reflektieren zu lassen, denn natürlich hatte fast niemand nur für einen MP3-Player gleich noch den passenden Mac erworben. Als endlich Windows-Nutzer iPods ganz normal verwenden konnten, gingen die Verkäufe hingegen durch die Decke – überholten die Mac-Umsätze und zogen ganz neue Mac-Kunden an. Zudem war dies die Grundlage, mit dem iTunes Music Store zu einem der wichtigsten Anbieter des Musikgeschäftes zu werden.
iPhone ohne Drittanbieter-AppsDie wohl einschneidendste Fehlentscheidung von Steve Jobs war, Apps auf dem iPhone verhindern zu wollen. Gut bekannt ist die Episode, als Jobs eine Besprechung unter vulgärer Beschimpfung aller Anwesenden verließ, als der Vorschlag aufkam, es müsse dringend weitere Apps geben. Jobs' Rettungsversuch lautete damals, Web-Apps anzupreisen, um "seine Plattform" nicht zu kontaminieren. Auch dies stellte sich als Rohrkrepierer heraus, denn die Anzahl brauchbarer Web-Apps war außerordentlich gering. Laut Fadell ließen die iPhone-Verkäufe zu wünschen übrig, man hätte sich zu diesem Zeitpunkt eigentlich mehr erwartet.
Für viele Kunden war das teure Smartphone weiterhin eine technisch beeindruckende Spielerei, aber ohne ausreichend Gegenwert – was sich erst dann rapide änderte, als Drittanbieter das wahre Potenzial der Plattform durch abertausende App-Ideen freisetzten. Interessanterweise gab es 2007 noch einen namhaften Branchenvertreter, der sich für Web-Apps und gegen native Anwendungen aussprach: Der damalige Google-CEO Eric Schmidt zeigte sich sehr begeistert davon – wenngleich Android von Anfang an einen App Store aufwies.