"Online Safety Bill"-Irrsinn: Nicht nur Verschlüsselung, sondern auch Sicherheitsupdates in Gefahr
In den Bestrebungen, Verschlüsselung von Messengern zu verbieten, ist Großbritannien ziemlich weit. Was in anderen Ländern zwar immer mal wieder von einzelnen Politikern gefordert, dann aber nie ernsthaft verfolgt wird, könnte dort in absehbarer Zeit Gesetzesstatus erlangen. Im Rahmen der "Online Safety Bill", welche als Ergänzung des "Investigatory Powers Act" gilt, sollen Hersteller dazu verpflichtet sein, Ermittlungsbehörden Datenzugriff zu garantieren. Im Juli hatten Apple und weitere Hersteller mit der Drohung reagiert, sich dann mit den jeweiligen Apps aus England zurückziehen – Apple gab konkret an, iMessage und FaceTime abschalten zu wollen. Signal und WhatsApp waren zu selbiger Aussage bereit, Meta kündigte gerade erst Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für den Facebook Messenger an.
Messenger-Verschlüsselung ein Problem...Wem aber bei derlei technischem Unverständnis die Haare zu Berge stehen – denn nur Behörden Schwachstellen zu bieten, nicht jedoch Hackern, ist ein Ding der Unmöglichkeiten – dem dürften die verschärften
Gesetzesvorhaben erst recht wie ein schlechter Witz erscheinen. Noch ein weiterer Aspekt ist nämlich Ziel der Neuregelungen. So heißt es, dass nicht nur vollverschlüsselte Messenger, sondern auch einbruchssichere Betriebssysteme ein großes Problem darstellen. Um Ermittlern jedoch gute Bedingungen zu schaffen, um gegen Kriminelle vorzugehen, dürfe es nicht beim Verbot von Vollverschlüsselung bleiben.
...doch sichere Betriebssysteme sind noch schlimmer!Stattdessen heißt es im Gesetzesvorschlag, dass Hersteller keine Sicherheitslücken mehr schließen dürfen, die nicht zuvor von einer Behörde geprüft wurden. Auf diese Weise möchte man Anbieter daran hindern, Angriffsvektoren stillzulegen, die Ermittlern zuvor Entschlüsselung ermöglichte. Geräte möglichst sicher zu halten und Daten aller Nutzer zu schützen, ist in dieser Denkweise ein untergeordnetes Ziel – wenn Sicherheit Kriminellen ermöglichen würde, ebenfalls von äußerem Zugriff geschützt zu agieren. Die Auswirkungen dürften den Vordenkern besagter Vorschriften gar nicht bewusst sein, ein Fall von "digitalem Analphabetismus", wie es oft in Diskussionen heißt.
Dringender Appell an die VerantwortlichenWie es
Just Security in einer Analyse betont, bewegen sich die Vorhaben in Dimensionen, bei denen Verstöße gegen allgemeine Menschenrechte auszumachen sind. Eine derartige Abschwächung grundlegender Sicherheitsverfahren stelle eine Bedrohung aller Nutzer dar – vor allem aber solcher, die aufgrund ihrer Aktivität besonderen Schutzes bedürfen (z.B. Journalisten, Regimegegner). Großbritannien müsse dringend eine gesunde Balance aus nationaler Sicherheit und individuellen Rechten finden und sich an internationale Verpflichtungen halten.