Uploadfilter & Urheberrecht – die Neuregelung des Internets, wie wir es kennen?
Der Einigung über eine Reform des EU-Urheberrechts gingen zähe Verhandlungen voraus. Doch am gestrigen Abend kam es zum Durchbruch. Das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Rat der Mitgliedsstaaten einigten sich auf den finalen Entwurf, der einige Veränderungen zur bisherigen Gesetzeslage vorsieht. Betroffen sind außer Internet-Riesen wie Google, Facebook und Instagram auch kleinere Plattformen, die etwa Nutzerforen zum gegenseitigen Austausch anbieten.
Moderne Mediennutzung fordert Reform des UrheberrechtsDie Verhandlungspartner orientieren sich eigenen Angaben zufolge an der heutigen Medienwelt, die geprägt sei durch Onlinedienste für Musik-Streaming, Video-on-Demand-Angebote und News-Feeds. Da sich die dahinterstehenden Plattformen zum wichtigsten Zugangspunkt für kreative Arbeiten und Presseartikel entwickelt haben, bedürfe es eines an moderner Mediennutzung orientierten Urheberrechts.
Zu den wichtigsten Neuerungen zählt der Umgang mit von Nutzern über Plattformen wie Facebook geteilten Medien, die urheberrechtlich geschützt sind. Anders als bislang sollen nicht mehr die Anwender selbst für Schadensersatzansprüche haftbar sein, die sich aus urheberrechtlich relevanten Videos oder Liedern ergeben – sondern die jeweilige Plattform selbst. Das bedeutet eine völlig neue Ausgangssituation für soziale Netzwerke und andere Online-Plattformen, da sie noch viel genauer als bisher darauf achten müssen, welche Inhalte die Anwender miteinander teilen.
Wegen der immensen Masse an Medien und Texten, die Nutzer jeden Tag via Facebook und Co. veröffentlichen, sind sogenannte Upload-Filter für alle Nutzer-Posts praktisch die einzige Möglichkeit, mit der sich Internet-Plattformen gegen Urheberrechtsverletzungen zumindest halbwegs absichern können. Zwar nutzen Anbieter wie Facebook und YouTube schon jetzt Content-Filter, die Nutzerinhalte automatisch auf Urheberrechtsverstöße hin kontrollieren – der EU-Entscheid führt aber voraussichtlich zu deutlich strengeren Filtern als bisher, die funktionsbedingt auch diverse legale Inhalte versehentlich aussperren können.
Kritik an Upload-FilternKritiker bemängeln insbesondere zwei Dinge an der Praxis der Upload-Filter: Erstens arbeiten Filterdienste nicht zu hundert Prozent zuverlässig, was die versehentliche Löschung legaler Inhalte zur Folge habe und das Potenzial für Zensur aufweise. Zweitens werde der Einsatz entsprechender Filter für jede infrage kommende Online-Plattform verpflichtend, da nur so eine einigermaßen zuverlässige Rechtssicherheit bestehe – das bedeute vor allem für kleinere Anbieter einen immensen Kostenfaktor. Wer sich das nicht leisten kann, muss Nutzerforen, Bildergalerien der Anwender etc. kurzerhand komplett vom jeweiligen Web-Angebot entfernen, um sich nicht auf rechtliches Glatteis zu begeben. Auch die Netzkultur könne wegen beanstandeter Memes oder (Video-)Remixes leiden.
Zwar sind Plattformen ausgenommen, die jünger als drei Jahre sind, weniger als 5 Millionen Nutzer pro Monat haben und weniger als 10 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften – doch diverse kleine Organisationen und Unternehmen liegen trotzdem über den angesprochenen Grenzwerten und müssen sich entsprechend um die aufwendige Implementierung von Filtern kümmern, oder die Möglichkeiten zur Nutzerinteraktion radikal zusammenstreichen.
Leistungsschutzrecht für TexteEine weitere Änderung betrifft Nachrichten-Feeds wie Google News, die Überschriften und kleine Textausschnitte von Meldungen der verschiedensten Nachrichtenportale inklusive des dazugehörigen Links veröffentlichen. Fortan sollen Google und andere Anbieter Gebühren an Verlage für die Anzeige von deren Textausschnitten zahlen.
Die Reform des Urheberrechts ist noch nicht endgültig beschlossen. Nachdem sich gestern das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Rat der Mitgliedsstaaten einigten, müssen jetzt noch das EU-Parlament und die EU-Staaten selbst zustimmen. Der Entscheid wird für Mitte April erwartet. Ein Scheitern der Reform kurz vor der Ziellinie gilt wegen der Mehrheit an Befürwortern im Parlament als unwahrscheinlich.