Versionen verschwinden: iCloud Drive in Sonoma 14.4 hat ein ernstes Problem
Apple-Anwender sind Komfort gewöhnt: Das Macintosh-Betriebssystem sichert seit Version 10.7 (Lion) jeden Speicherstand einer Datei im Hintergrund. Über den Menübefehl "Ablage > Zurücksetzen auf > Alle Versionen durchsuchen …" blättert man durch die Speicherstände und kann eine frühere Version wiederherstellen. Die bildschirmfüllende Ansicht erinnert an die der Datensicherung "Time Machine", ist jedoch eigenständig: Während Time Machine auf ein externes Laufwerk sichert, verbleiben Versionen auf dem jeweiligen Gerät. Diese Einschränkung nimmt macOS Sonoma anscheinend sehr wörtlich: Liegt eine Datei mit bestehenden Versionen auf iCloud Drive und wird aus Platzgründen der lokale Download entfernt, verschwinden die lokalen Versionen ebenfalls – und zwar unwiederbringlich.
Dies betrifft Macs, bei deren iCloud-Einstellungen die Funktion "Mac-Speicher optimieren" aktiviert ist. Zudem muss das jeweilige Programm die macOS-Versionsverwaltung unterstützen, da sonst keine Chronik der Bearbeitungsstände entsteht. Keynote, Numbers und Pages etwa unterstützen Versionen. In diesem Fall entfernt der Mac eigenständig große Dateien, sobald der Platz auf dem Volume mit den Benutzerdaten knapp wird. Bei der "Eviction", wie Apple das Entfernen einer iCloud-Datei nennt, bleibt die leere Hülle des Dokuments (Stub) nebst Metadaten erhalten. Besonders wichtig ist "inode", das ist der interne Identifikator einer Datei. Dieser bleibt gleich, wenn eine Datei zwischen Ordnern bewegt wird, und Programme können darüber Bezüge aufrechterhalten.
Keine lokale Kopie – keine VersionenIn vorigen Versionen, also etwa macOS Ventura (macOS 13) bis hoch zu Sonoma Version 14.3, hielt das lokale macOS Versionen vor, solange der Datei-Stub mit lokaler inode vorhanden blieb. Nach dem Update auf 14.4 ändert sich der Umgang mit Versionen: Verschwindet die lokale Kopie, löscht macOS die bestehenden Versionen. Schaut man sich die Dateirevisionen an, erscheint nur noch die aktuelle Version. Dies fiel Apple-Veteran Howard Oakley auf; er
geht davon aus, dass es sich um einen Programmierfehler handelt. Dramatisiert wird diese Situation dadurch, dass macOS selbstständig entscheiden kann, wann ein auf iCloud Drive abgelegtes Dokument vom lokalen Laufwerk verschwindet. So bemerken Anwender zu spät, dass Versionen gelöscht wurden, und können den Grund nicht erahnen.
Revisionist offenbart: Sonoma 14.4 löscht bestehende Versionen, nachdem man sie über das Kontextmenü per "Download entfernen" auf iCloud ausgelagert hat.
Abhilfe: Speicheroptimierung ausschalten oder in lokalen Ordner verschiebenDa macOS die Versionen nur löscht, wenn iCloud-Speicheroptimierung aktiv ist, hilft ein simples Deaktivieren dieser Funktion in den Einstellungen unter "Apple-ID > iCloud". Anschließend lagert der Mac keine Dateien mehr auf iCloud Drive aus, sondern hält stets eine lokale Kopie vor, inklusive Versionen. Oakley empfiehlt zudem sein kostenloses Tool
Revisionist. Es kann sowohl einzelne Bearbeitungsstände (in spartanischer Optik) wiederherstellen als auch den gesamten Versionsbestand eines Dokuments als Archivordner sichern.
Bug – oder schlechte Kommunikation?Eventuell ist das spontane Löschen von Versionen gar kein Bug, sondern eine undokumentierte, aber geplante Änderung seitens Apple. Die einzelnen Versionen können nämlich, etwa bei umfangreichen Präsentationen oder Multimediaprojekten, viel Platz auf dem lokalen Volume einnehmen. Schauen Anwender nach, was das Laufwerk füllt, sehen sie in diesem Fall einen undurchschaubaren grauen Balken an Systemdateien. Apple hat in den letzten Jahren die Sicherung von Versionen kaum noch erwähnt. Der Versuch, die
Versionierung auf iCloud zu übertragen und somit geräteübergreifend verfügbar zu machen, führte zu unkontrollierter Netzwerkaktivität und wurde wortlos beendet.