Apple TV 1st Generation: Apples neues Hobby (2007 bis 2010)Die Gewissheit kam am 12. September 2006 in Form eines „One last thing“. Apple-CEO Steve Jobs gewährte den beim Herbst-Event anwesenden Journalisten ganz Apple-untypisch einen ersten Blick auf eine neue Produktkategorie, deren Marktstart erst für das Frühjahr 2007 geplant war: iTV. Für allzu viel Überraschung sorgte die Ankündigung nicht, da es schon länger Gerüchte über eine Set-Top-Box von Apple gab.
Nachdem der Konzern
Fernsehserien bereits seit fast einem Jahr über iTunes anbot und auf dem Event im September 2006 zudem die Ausweitung des Videoangebots
auf Hollywoodfilme bekannt gab, erschien ein Apple-Gerät für den Fernseher als nächster logischer Schritt der Unternehmensstrategie. Apple-Nutzer sehnten sich ohnehin schon länger danach, ihre über iTunes gekauften Serien gemütlich auf dem Fernseher zu schauen, ohne den Mac oder PC erst umständlich mit dem TV-Gerät verkabeln zu müssen.
Wie auch bei den späteren Modellen gab es weder einen TV-Tuner noch eine Videorekorder-Funktion. Apple überließ damit den DVR-Markt dem vor allem in den USA immer populäreren TiVo-Receiver.
Macworld 2007Die Macworld im Januar 2007 stand zwar ganz im Zeichen des iPhone-Debüts, doch es ging auch um die erste Generation des Apple TV. Der Konzern änderte den Gerätenamen, da durch die ursprüngliche Produktbezeichnung Rechtsstreitigkeiten mit dem britischen Sendernetzwerk ITV drohten.
Jobs betonte erneut, wie simpel die Übertragung von iTunes-Inhalten auf den Fernseher des Nutzers funktionierte. Das erste Apple TV bot mehr Schnittstellen als die neueren Generationen. Da viele Anwender noch Analogfernseher nutzten, musste eine Set-Top-Box entsprechend analoge Anschlüsse wie Component Video und RCA-Audio bieten, um keine größere Zielgruppe auszuschließen. Zudem gab es HDMI und Toslink-Audio. Die maximale Auflösung von Videoinhalten betrug 720p (1280 x 720 Pixel). Für die Internetverbindung konnte der Nutzer zwischen WLAN und Ethernet wählen.
Die 40- oder 160-Gigabyte-große Festplatte war für die automatische Synchronisation zwischen Mac und Apple TV gedacht. Die enge Verzahnung mit dem Mac oder PC entwickelte sich zu einem der größten Kritikpunkte am ersten Apple TV. Der Konzern befreite das Gerät im Oktober 2008 schließlich vom Zwang, mit einem Computer verbunden zu sein, um Inhalte zu streamen oder synchronisieren. Ab der Softwareversion 2.0 konnten Apple-TV-Nutzer zudem Filme über den iTunes Store kaufen.
PC-Komponenten treiben Preis nach oben Der im Vergleich zu neueren Modellen hohe Einstiegspreis von 299 Euro für die 40-Gigabyte-Variante war nicht nur mit der berüchtigten Apple-Tax zu erklären, sondern auch durch den verwendeten Intel-Prozessor und die Nvidia-Grafikkarte. Während Apple ab der zweiten Generation der TV-Box auf eine kostengünstigere, selbstentwickelte ARM-Lösung setzte, integrierte der Konzern im ersten Modell einen vergleichsweise teuren Pentium M mit einer dedizierten Grafikeinheit, um die für damalige Verhältnisse aufwendige Benutzeroberfläche zu ermöglichen.
Außer dem Preis ergaben sich durch die Hardware weitere Nachteile. Der integrierte Lüfter und die HDD-Festplatte machten zwar vergleichsweise leise, aber dennoch hörbare Geräusche, die für empfindliche Ohren im Wohnzimmer-Setup störend sein konnten. Durch die hohe Hitzentwicklung der Box mussten Nutzer das Produkt zudem möglichst so platzieren, dass es genug Freiraum zur Luftzirkulation gab, was in einem vollgepackten TV-Schrank schwierig zu bewerkstelligen war.
Diverse Testberichte verglichen das Apple TV wegen der verwendeten PC-Komponenten und den Gehäusemaßen mit dem Mac mini. Trotz eines ziemlich übersichtlichen Funktionsumfangs sei die TV-Box aufgrund der vereinfachten Benutzeroberfläche besser für den Fernseheinsatz geeignet als Apples kleinster Rechner, so eines der Testfazits.
Aufgrund der GeForce-Grafik und der Tatsache, dass das Betriebssystem auf Mac OS X Tiger (10.4) basierte, gab es Spekulationen über eine bald folgende Spieleunterstützung. Doch auf Gaming-Funktionen mussten Apple-TV-Interessenten noch achteinhalb Jahre warten.
Markt für Set-Top-Boxen noch nicht lebensfähigSteve Jobs bezeichnete das erste Apple TV wegen der geringen Verkäufe als „Hobby“. Ohnehin hatte nicht nur Apple Probleme, Set-Top-Boxen zu etablieren. Auch Konkurrenzangebote strauchelten seinerzeit.
Jobs nannte mehrere Faktoren, die einem Erfolg des Apple TV im Weg standen. Da die amerikanischen Kabelanbieter ihren Kunden oft kostenlos TV-Empfangsboxen mit Zusatzfunktion wie DVR zur Verfügung stellen, gebe es für Drittanbieter-Geräte kaum eine Chance. Kunden seien selten bereit, Geld für eine zusätzliche Set-Top-Box wie das Apple TV auszugeben, so Jobs. Das zerstöre jede Chance auf Innovation.
Zudem konnte Apple – anders als im Mobilfunksektor – nicht einfach mit einem TV-Provider kooperieren, da es in den USA nur regional tätige Kabelkonzerne gibt und niemand sein TV-Angebot im ganzen Land bereitstellt. Die Fragmentierungung des amerikanischen Kabelmarktes und internationaler Kabelstandards erreiche ein schier babylonisches Ausmaß, wie Jobs gegenüber Walt Mossberg frustriert resümierte.
Im Schatten des ersten iPhoneAber auch konzernintern hatte das Apple TV zu Beginn einen schweren Stand. Die erste iPhone-Generation kam 2007 nur wenige Monate nach dem Verkaufsstart des Apple TV auf den Markt und bündelte einen Großteil der Konzernressourcen.
Vor dem Marktdebüt des zweiten Apple TV im Herbst 2010 war die Situation ähnlich: Die iPad-Präsentation war gerade mal etwas mehr als ein halbes Jahr her und Apple nach wie vor intensiv mit dem damit zusammenhängenden Marketing, der Softwareoptimierung und auch schon mit der Arbeit am Nachfolger beschäftigt. Die ersten beiden Apple-TV-Modelle mussten somit hinter zwei wichtigeren Produkten zurückstehen.
Nichtsdestotrotz hielt Apple an der TV-Box fest, obwohl sie zunächst kaum Erträge einbrachte.