Apple TV 4th Generation: tvOS und Siri (ab 2015)Mehr und mehr HD-Inhalte, zunehmend schnellere Internetverbindungen und bezahlbare Großbildfernseher sorgen seit einigen Jahren für eine immer größere Popularität von Streamingdiensten. Konsequenterweise steigt die Nachfrage nach Streaming-Hardware kontinuierlich, da selbst Smart-TVs diesbezüglich oftmals unzureichend ausgerüstet sind.
Im Juli 2013 änderte sich die Marktsituation für Set-Top-Boxen schlagartig. Suchmaschinen-Riese Google präsentierte Chromecast, einen HDMI-Stick fürs TV. Das kompakte Produkt war kaum größer als ein USB-Stick und ganz auf Googles hauseigene Streamingangebote wie Play Movies zugeschnitten. Der größte Pluspunkt des TV-Sticks war der Preis. Mit 39 Euro unterbot Google Apple um mehr als die Hälfte. Nutzer steuerten das Gerät einfach via Smartphone.
Im Februar 2014 folgte ein weiterer Clou: Drittanbieter konnten ihre Dienste von nun an per SDK problemlos Chromecast-kompatibel machen, was für eine rasche Unterstützung und Verbreitung des HDMI-Sticks sorgte. In den ersten drei Jahren nach Erscheinen verkaufte sich der Chromecast über 30 Millionen Mal. Der Stick sei der bis dato kleinste, günstigste und einfachste Weg, den heimischen Fernseher mit dem Internet zu verbinden, so die
New York Times.
Amazon legte im April 2014 mit dem Fire TV nach, das den hauseigenen Streamingservice pushen sollte. Im Gegensatz zu Google integrierte der Versandgigant auch rudimentäre Gaming-Funktionen. Ein halbes Jahr später folgte mit dem Fire TV Stick eine abgespeckte Fire-TV-Variante, die preislich und von den Gehäusemaßen her an Googles Chromecast erinnerte. Auch der Streaming-Player Roku wurde vor allem in den USA immer beliebter.
Apple TV 4 als BefreiungsschlagNeben den Konkurrenzprodukten wirkte die dritte Generation des Apple TV zunehmend rückständig und überteuert. Tim Cook hatte auf Apples September-Event 2015 entsprechend einiges an Zeit für die Präsentation des Apple TV 4 eingeplant. Es sollte der größte Sprung seit der ersten Generation werden. Während Mobilgeräte Jahr für Jahr neue Innovationen bieten, stagniere die Entwicklung im TV-Bereich, so Cook. Dabei unterschlug der Apple-Chef freilich die bereits verfügbaren Smart-TV-Lösungen von Google, Amazon und Fernsehherstellern wie Samsung. Vollmundig kündigte der Apple-CEO an, etwas gegen das auf der Stelle tretende TV-Nutzungserlebnisses zu unternehmen: „Die Zukunft des Fernsehens sind Apps.“ Fünf Faktoren seien für die vierte Generation des Apple TV ausschlaggebend, um das TV-Erlebnis entscheidend voranzutreiben:
- Leistungsstarke Hardware
- Modernes Betriebssystem
- Neues Nutzungserlebnis
- Werkzeuge für Entwickler
- App Store
Für die nötige Leistung sorgte der bereits aus dem iPhone 6 bekannte, allerdings auch schon fast ein Jahr alte A8-Chip. Der Geschwindigkeitssprung war im Vergleich zur dritten Apple-TV-Generation, die einen A5-Prozessor mit nur einem aktiven Kern verwendete, nichtsdestotrotz gewaltig.
Da Apps einiges an Festplattenplatz erfordern, gibt es erstmals seit dem ersten Apple TV wieder Speicheroptionen. Nutzer können zwischen 32 und 64 Gigabyte wählen. Dafür erhielt Apple Applaus bei der Präsentation. Weniger gut kam die Kostensteigerung an. Der Einstiegspreis liegt mit 179 Euro fast 100 Euro über den Anschaffungskosten des Vormodells. Amazon Fire TV und vor allem Google Chromecast bekamen dadurch einen riesigen Preisvorteil.
Mit Apps und Siri gegen die KonkurrenzApple verdeutlichte im ersten Werbeclip des Apple TV 4 nicht nur die zu erwartende App-Vielfalt. Der Konzern legte den Fokus auch auf die neue Touch-Fernbedienung,
deren Bedienkonzept nicht bei allen Nutzern gut ankam.
Siri gehörte ebenfalls zum Funktionsumfang. Nutzer konnten fortan nicht nur per Knopfdruck und Touch-Gesten durch die abermals neugestaltete UI navigieren, sondern auch per Sprachkommando wie „Zeige mir lustige Serien“ die gewünschten Inhalte finden. Praktischerweise funktioniert die Siri-Integration App-übergreifend, wobei zu Beginn nur wenige Anwendungen für den Siri-Dienst zur Verfügung standen. Zusätzlich zum zuvor bereits verfügbaren Film- und Serienangebot brachte der Konzern erstmals den hauseigenen Musikstreaming-Dienst Apple Music auf den Fernseher.
Die größte Neuerung war das Betriebssystem tvOS, für das auch Drittentwickler Anwendungen und Spiele bereitstellen können. Apple habe die Software-Plattform explizit für das Wohnzimmer entwickelt, so Apples Internet-Software-Chef Eddy Cue. Bei Spielen lag der Fokus, ähnlich wie bei iDevices, größtenteils auf Casual Gaming. Somit mussten weder die PlayStation noch die Xbox das Apple TV als Konkurrenz fürchten, was angesichts des leistungsschwächeren A8-Chips auch nicht anders zu erwarten war.
Kritik an fehlender InnovationTrotz des Hardware-Upgrades und dem App Store gab es nach der Vorstellung nicht nur Applaus. Einige Tester und Nutzer störten sich vor allem an zwei Dingen:
- Kein 4K: Ungeachtet der zunehmenden Verbreitung von UHD-Inhalten verzichtete Apple auf eine 4K-Unterstützung. Kurze Zeit nach der Apple-TV-4-Präsentation veröffentlichte Amazon eine neue Fire-TV-Box mit 4K-Support. Google zog im Herbst 2016 mit dem Chromecast Ultra nach.
- Kein TV-Abo: Schon seit Jahren hielten sich Gerüchte, wonach Apple an einem Deal mit den großen amerikanischen TV-Sendern arbeite, um eine Streaming-Alternative zum Kabelfernsehen anzubieten. Etwa 25 Programme plus zusätzliche Medieninhalte für 30 bis 40 US-Dollar pro Monat waren im Gespräch. Doch die Verhandlungen platzten, und das Apple TV 4 kam ohne Sender-Abo. YouTube TV bietet seit Februar 2017 ein entsprechendes Senderpaket.
Einige Gamer wünschten sich zudem Spiele, die sich mehr von den Casual Games der iDevices unterscheiden. Spieleentwickler hatten es nach dem Marktstart des Apple TV 4 allerdings auch schwer, komplexere Titel zu realisieren, da Apple die maximale App-Größe auf 200 Megabyte beschränkte. Im Januar 2017 erhöhte der Konzern das Limit auf 4 Gigabyte.
Der Tenor der Testberichte lässt sich treffend mit dem Fazit zusammenfassen, das
Macworld schon über das zweite Apple TV im Jahr 2010 verfasste: „Es ist ein gutes Produkt, das das Potenzial dazu hat, den Status des Hobbys endgültig hinter sich zu lassen und zu einem Hit zu werden. Es fühlt sich aber so an, als fehle noch etwas zum endgültigen Durchbruch.“
Sinkender MarktanteilDie Konkurrenzsituation für Streaming-Hardware spitzte sich im Oktober 2015 zu, als Amazon das Apple TV und Googles Chromecast kurzerhand aus dem Sortiment nahm und damit den beiden Wettbewerbern einen wichtigen Vertriebsweg zusperrte.
Ob Amazons Maßnahme den Abwärtstrend des Apple TV befeuerte, ist nicht belegt. Laut eMarketer Fest steht aber fest, dass das Apple TV in den letzten Jahren in den USA kontinuierlich Marktanteile einbüßte. Während die Set-Top-Box 2014 noch 13,5 Prozent hielt, sank der Wert bis Ende 2016 auf 11,9 Prozent. Zum Vergleich: Google Chromecast brachte es zum gleichen Zeitpunkt in Amerika auf fast 20 Prozent Marktanteil. Zudem bot Amazon mit Prime den am stärksten wachsenden Streamingdienst.