"Windows Phone wird iOS überholen" – Wie Microsoft trotz bester Voraussetzungen scheiterte
Die vergangenen zehn Jahre zeigten deutlich, dass sich ein altes Marktgesetz der IT-Branche endgültig überholt hat. Einst konnte man sich fast sicher sein, wie die Marktanteile eines neuen Microsoft-Produkts entwickeln würden – denn im Laufe der 90er und auch in den frühen 2000er Jahren diktierte der Konzern beinahe beliebig das Geschehen. Der erste starke Dämpfer war der Zune-Fehlschlag, denn Apple wurde mit dem iPod Marktführer und Microsofts Konkurrenzlösung konnte daran nichts ändern. Gleichzeitig begannen die Marktanteile des Internet Explorers zu bröckeln, denn Nutzer entdeckten plötzlich Alternativen. Als Microsoft den Smartphone-Markt betrat, herrschte dennoch Aufregung. Angesichts der langjährigen Erfahrung mit Windows Mobile galt vielen als sicher, dass Apple keine Chancen habe – und auch Google vor Problemen stehe.
Eine IDC-Studie sorgt für UnruheVor genau zehn Jahren veröffentlichte die IDC eine vielbeachtete Studie, wonach Windows Phone auf dem Weg zum Marktführer, zumindest aber zur zweitgrößten Plattform sei. Auf Mac-Seiten wurde die Studie (auch aufgrund der Nachkommazahlen...) zwar
allgemein verspottet, insgesamt waren Marktbeobachter aber nicht ganz so ablehnend. Einerseits hatte Android gerade erst gezeigt, wie rasant dem Pionier Apple Marktanteile abhanden kamen, andererseits sprach die Verbreitung von Windows auf dem Desktop ganz klar für Windows Phone. Zwar war ungewiss, ob der Android-Vorsprung noch einzuholen sei (zu jenem Zeitpunkt: Knapp 50 Prozent), iOS galt hingegen als einfacher Gegner. Auch die gerade erst verkündete Partnerschaft mit Nokia, im Jahr 2011 noch immer eine große Marke, galt als große Chance.
Android wurde sehr viel erfolgreicherBekanntlich entwickelte sich der Markt aber ganz anders. Windows Phone galt zwar als gutes System, es mangelte allerdings an Drittanbieter-Software – zumal Microsoft ähnlich rigide Abschottung vor Fremdzugriff wie Apple verfolgte. Für Unternehmen war indes fatal, dass man zu iOS oder Android greifen musste, wollte man mobile Office-Lösungen einbinden. Microsoft bot beim eigenen OS ironischerweise nämlich wesentlich eingeschränktere Möglichkeiten. Im Jahr 2015 sah die Verteilung daher ganz anders als prognostiziert aus. Android lag nicht bei 40 bis 45 Prozent, sondern weltweit bei über 80. Windows Phone dümpelte im niedrigen einstelligen Prozentbereich umher – iOS kam je nach Methodik auf 15 bis 20 Prozent. Letzteres hatte die IDC übrigens richtig vorhergesehen, das Duell Android vs. Windows Phone indes komplett falsch eingeschätzt.
Schwer nachvollziehbar, wie erfolglos Microsoft warWie es Microsoft mit der immensen Marktmacht von Windows vermasseln konnte, Windows Phone bzw. Windows 10 Mobile für Smartphones zu etablieren, gilt noch immer als ziemlich verwunderliche Geschichte. Sicherlich war der späte Markteintritt ein wesentlicher Faktor, gleichermaßen gab es aber auch massive Fehleinschätzungen an anderen Fronten. Schon 2016 verkündete Microsoft das faktische Aus der Plattform, denn die Niedrigpreis-Strategie hatte ebenfalls nicht gefruchtet. Nur in wenigen Ländern kam Windows Phone auf nennenswerte Marktanteile, weltweit gesehen griffen aber zu diesem Zeitpunkt mehr als 98 Prozent aller Smartphone-Käufer zu Android oder iOS. Wenn es eines Beispiels bedarf, wie falsch der damalige Microsoft-CEO Steve Ballmer in der Beurteilung des Marktes lag, dann rangiert Windows Phone in jedem Fall weit vorne.